Sonntag, 5. März 2017

Welcher Bus fährt zur Fähre? Hier gibt es keine Fähre!

Was ist die Steigerungsform von "am verzweifeltsten"? Denn das bin ich gerade. Eigentlich ist meine Frage sehr simpel:
"Wie komme ich von hier zur Fähre?"
"Hier gibt es keine Fähre."
"Das weiss ich. Aber wie komme ich von hier zur Fähre."
"Hier gibt es keine Fähre."
Äh??
Ich befinde mich auf Lantau Island, das ist die grösste der 263 Inseln, die den Stadtstaat Hongkong bilden. Ich habe mir die 36 Meter hohe Tian Tan Buddha-Statue angeschaut. Spektakulär. Bin mit der Ngong Ping-Seilbahn hoch- und wieder runtergegondelt. Spektakulär. In der Mitte der Insel befindet sich ein Busterminal und an der Front jedes dieser Busse steht in schön leuchtender Schrift, wohin die Fahrt geht. Könnte ich die Schriftzeichen lesen, es wäre kein Problem den Bus zur Fähre zu nehmen. Aber ich kann die Schriftzeichen nicht lesen, also frage ich am Info-Stand. Mit obigem Ping-Pong-Dialog. Mega-Spektakulär. Also nochmals, ganz langsam und in möglichst fehlerfreiem Englisch:
"Ich verstehe, dass es HIER keine Fähre gibt. Aber welcher Bus fährt den von hier ZUR Fähre?"
Die Dame am Info-Stand strahlt unverwandt. Das können die Leute hier gut. Einen freundlich anstrahlen. 
"Hier gibt es keine Fähre."
Verdammt, das kann nur die Hongkong-Version der versteckten Kamera sein. Gleich kommt Ku Lt Fe Lix hinter einer Säule hervor, dreht mir die lange Nase und wir kringeln uns vor Lachen.
Leider nein. Mir bleibt nur die gute, alte Kapitulation. 
Es wird nichts mit der Fahrt übers Meer nach Hongkong Island, ich nehme die U-Bahn. Als ich zurück auf der Hauptinsel bin, peile ich die Filiale einer amerikanischen Kaffeekette an.
"I have a hot Chocolate", bestelle ich und die nette Dame mit der grünen Schürze hinter dem Tresen strahlt mich an. Wie gesagt; anstrahlen, das können sie hier.
"At-aka?"
Ataka?
Ich nicke bloss. Die junge Frau strahlt unverwandt weiter.
"At-aka?"
Das muss eine Verschwörung sein. Der nächste mega-spektakuläre Ping Pong-Dialog bahnt sich an. Dort "here no ferry" und hier "Ataka". Es kann keine Ja-oder-Nein-Frage sein. Also kneife ich mein Gesicht so fragend wie nur irgendwie möglich zusammen und hoffe, die Strahlefrau versteht, dass ich nicht verstehe.
"I'm sorry?"
"At-aka?"
Ich glaube, die Hongkonger mögen mich nicht. 
Die Schlange hinter mir wird länger. 
"I don't unterstand..."
"At-aka?"
Wie vorhin am Busterminal. Der gleiche Begriff wird immer und immer wieder wiederholt. Vielleicht geht's mal etwas deutlicher? Ich will doch nur eine heisse Schokolade, also eine Hot.... Ah, da geht mir endlich das Licht auf. Könnte "Ataka" vielleicht "Hot or Cold" heissen? Was zwar angesichts der georderten "Hot Chocolate" eine unsinnige Frage sein mag, aber vielleicht gibt es hier "Hot Hot Chocolate" und "Cold Hot Chocolate"?
Also sage ich:
"Hot, please."
Worauf sich das Strahlen der Dame in ein Leuchten verwandelt.
Yes! 
So muss sich Bill Murray in "Lost in Translation" gefühlt haben. 
Welcher Bus fährt zur Fähre? Hier gibt es keine Fähre.

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Ich liebe die Comedy-Show „Willkommen Österreich“, den kanadischen Sänger Bryan Adams, den besten Eishockeyclub der Welt ZSC, den genialen Schreiber James Lee Burke, die TV-Serie „The Newsroom“, die wunderbaren Städte München, New York und Zürich, Grapefruitsaft, Buddha, Bill Clinton, Enten und saftige Wiesen. Das bin ich. Stefan Del Fabro

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