Dienstag, 28. März 2017

Beten für Lawinenopfer - Verachtung für Kriegsopfer

In dieser Geschichte spielt Schnee die entscheidende Rolle. Zunächst in der gepressten und gefährlichen Form einer Lawine. Mitte März starben in in den österreichischen Alpen vier Männer aus dem Schweizer Kanton Aargau. Zur Abdankungsfeier kamen 1200 Menschen im 3900 Seelen-Nest Brittnau zusammen. Drei der vier Opfer stammen aus diesem Aargauer Dorf, der vierte aus einem Nachbarort. Eine schöne Geste. In der Not stehen sie zusammen, die wackeren Brittnauer. Aber - und hier kommt jetzt Schnee Teil 2 - ins Spiel, die Not vereint nur in der Gemeinsamkeit. 
Auf der Flucht vor den Schlittelkindern. 
Rückblende: Im Herbst 2015 sollte das Dorf Flüchtlinge aufnehmen. Wo Brittnau sich nun überhaupt nicht von anderen Kommunen unterschied, war im Widerstand. Es würde zu laut, zu gefährlich, es kämen zu viele Fremde. Die normalen Angst-Parolen halt. Als der Gemeinderat sich dann für einen Standort der Unterkunft entschieden hatte, hiess es an einer Info-Veranstaltung tatsächlich: «Die Kinder verlieren ihren Schlittelhügel», warnte eine Anwohnerin. In Brittnau sei jeder kleinste Hügel verbaut. Nur bei der Schulanlage könnten die Kinder noch schlitteln und die geplante Container-Siedlung verkürze den Auslauf deutlich. 

Was für ein Hohn

Natürlich ist die Schweiz ein Alpenland. Und natürlich sollen sich die Kinder austoben dürfen. Aber selbst im Alpenland ist der Klimawandel angekommen, werden die schneereichen Winter kürzer, wird das Ski- und Schlittelvergnügen immer seltener, zumal das vermeintliche Schlittelparadies Brittnau überhaupt nicht alpin gelegen, sondern gerade mal 50 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt ist. Aber in der Abwehrhaltung gegenüber Menschen in Not greift der Widerstand zu immer absurderen Argumenten. 
"Mis Dorf" gilt nicht für alle.
Der Kanton als übergeordnete Instanz blieb hart und wies dem Örtchen Asylsuchende zu. Damit diese nicht in unterirdischen Anlagen leben mussten, sammelten wackere Bürger zwar noch mutig Unterschriften für Wohncontainer und es kam zur Volksabstimmung. Doch die Mehrheit reagierte stur, lehnte das Ansinnen ab. 
Wir stellen fest: für vier Lawinenopfer - so tragisch das Unglück ist - kommen 1200 Betroffene zu einer Abschiedsfeier zusammen und zeigen viel Herz. 
Für Menschen auf der Flucht verschliessen die Brittnauer ihr Herz. Schlittelkinder sind wichtiger.
Und die Moral der Geschicht? Der Dorfslogan heisst "Brittnau - Mis Dorf". So lange man ein aufrechter Steuerzahler ist, ist Brittnau "Mein Dorf". Ansonsten.....



Gemäss aktueller Statistik leben 3878 Menschen in Brittnau. Knapp 10% haben keinen Schweizer Pass. Damit liegt der Ort weit unter dem Landesschnitt. Fast ein Viertel aller in der Schweiz lebenden Menschen sind Ausländer. Und je weniger Ausländer wo leben, umso grösser die Aversionen. Müssig zu erwähnen, dass das Kaff einen der höchsten Steuersätze im Kanton hat und entsprechend üppig mit Ausgleichsgeldern gefüttert wird?

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