Mittwoch, 25. Januar 2017

OSCAR

Ein Manuskript von Stefan Del Fabro


Wie das Leben so spielt, steht der junge Schweizer Schauspieler Oscar Winston im Jahre 1999 plötzlich als dritte Hauptrolle auf dem Set des neuen Jack Nicholson-Filmes „The Moony“. Der Film wird ein Erfolg und für mehrere Oscars nominiert. Völlig überraschend gewinnt ausgerechnet der No Name aus der Schweiz bei der Verleihung 2000 die Auszeichnung als bester männlicher Nebendarsteller.

Mit dem plötzlichen Erfolg kommen die Angebote. Doch Oscar beweist ein selten schlechtes Händchen und entscheidet sich für merkwürdige Projekte wie „Robin Hood & Zorro“ oder „Who killed Don Quichote“. Filme, die entweder gar nicht realisiert oder gigantische Flops werden. Ein unaufhaltsamer Abstieg beginnt. Oscars Agentin schafft es immerhin noch, ihren Klienten in deutschen Fernsehfilmen unterzubringen. Aber auch hier; die Erfolglosigkeit hält an, der Sturz geht weiter. Niemand will sich mehr Oscar Winston-Filme anschauen. Aus dem ehemaligen Oscargewinner wird schliesslich ein Moderator bei einem heruntergekommenen, esoterischen Fernsehsender. Dort wird er vom exzentrischen Regisseur Travis Acapulco quasi „wieder entdeckt“ und für ein neues Filmprojekt in den USA engagiert. Und erneut wird Oscar für den Oscar nominiert.


Hier findest Du die ganze Geschichte: OSCAR

Dienstag, 24. Januar 2017

Hier schlägt das Herz für Afrika

Wohin steuert die traditionsreiche Afro-Pfingsten Winterthur im Jahr zwei nach dem Besitzerwechsel? Wir machen uns auf Spurensuche. Und stossen auf überraschende Erkenntnisse und kuriose Parallelen. 

Am Südhang des Brühlberges in Winterthur entstehen Terrassenhaus-Wohnungen die man sonst nur von hässlich überbauten Ferienküsten kennt. Wie übereinander gestapelte, überdimensionierte Zigarettenschachteln hängen die Terrassenhäuser abgestuft über der Schlosstalstrasse, die sich parallel zur eingezwängten und gut versteckten Töss von der Zürichstrasse nach Wülflingen schlängelt. An anderen Stellen drehen sich Kräne, wuseln Arbeiter, rattern die Maschinen, weitere Häuser entstehen, der Bus fährt hier nur im Viertelstundentakt. Das wird sich ändern müssen. Denn hierher drängen nicht nur neue Mieter, neue Menschen, sondern hier, im Schatten der Schachtelhäuser, sitzen die Kreativen, die neu den Kurs der grössten Schweizer Ethno-Party bestimmen. In dieser Ecke der Stadt hat die Marketing Manufaktur, kurz DMMAG, ihren Sitz. Die Überraschung war nicht klein, wie vor der Afro-Pfingsten 2013 mitgeteilt wurde: «Als Reaktion auf die gestiegenen Anforderungen an die Organisation ist der Verein Afro-Pfingsten eine Partnerschaft mit der Winterthurer Marketing-Manufaktur AG eingegangen.» Partnerschaft tönt gut und ist gut, denn es bedeutete, dass Gründer und Erfinder Daniel Bühler an Bord bleiben konnte – er ist zuständig für die Programmierung. Aber die Federführung ging von ihm zu einer kommerziellen Agentur. DMMAG-Chef Tom Mörker ist im Gespräch entwaffnend ehrlich. «Natürlich hatten wir vor einem Jahr die Sorge, dass uns die Liebe entzogen wird.» Das sei aber nicht geschehen.
Vielen Unkenrufen zum Trotz verkam das bunte Pfingst-Fest nach dem Einstieg der Agentur auch nicht zur gruseligen Kommerz-Party. Bestimmt rührt das daher, dass sich auch die DMMAG-Leute mit Herzblut für das Festival einsetzen. «Da kommen einem die Tränen», gesteht der Agenturchef, wenn er davon erzählt, wie er vor einem Jahr an einem Stand von einer Afrikanerin umarmt und gedrückt wurde und sie sich für sein Engagement bedankt habe. Leidenschaft, Freude oder Herzenssache sind Wörter, die Tom Mörker zu oft, zu spontan fallen lässt, als dass sie noch PR-Versatzstücke sein können. Der Mann meint es ernst. «Wir wollen keinen Bruch, wir wollen eine Weiterentwicklung» versichert er und seine Assistentin nickt. Trotzdem bleibt Mörker Geschäftsmann. «Es muss natürlich ein tragbares Businessmodell sein», sagt er, die Zukunft scheint gesichert, es gibt Pläne für eine Expansion, andere Schweizer Städte sollen für ähnliche Festivals ins Visier genommen werden, Basel oder Lausanne zum Beispiel.
Zudem zeigt ein Blick in die Geschichte, dass auch die frühere Festival-Führung mit der grossen Kehle angerichtet und immer wieder namhafte Stars verpflichtet hatte. Vor ein paar Jahren wäre Gründer Daniel Bühler sogar fast der Mega-Coup gelungen. «Wir wollten einmal Nelson Mandela einladen. Die Verhandlungen waren auf gutem Wege. Mit 100’000 Dollar wären wir dabei gewesen. Es hat sich aber niemand gefunden, der das unterstützen wollte», verriet er in einem Interview.
Eine verpasste Chance. Der ehemalige südafrikanische Präsident ist am 5. Dezember verstorben. Die Werbung für die Stadt wäre auf alle Zeit unbezahlbar gewesen, man stelle sich nur mal vor, Mandela hätte auf dem Neumarktplatz vor Tausenden gesprochen und gesagt: «Ick bin äin Winterthurer.»
Grosse Namen gehörten also auch in der Vergangenheit zum Angebot, doch die Ausgabe 2014 glänzt mit einer noch nie gesehenen Starpower. Kool and the Gang, Earth, Wind & Fire, Shaggy, Mory Kanté, Morcheeba, Steff la Cheffe. Mit diesen Musikern und ihren Songs könnte man ganze Hitparadenstunden füllen. Trotzdem runzelt Tom Mörker erstmals im Gespräch die Stirne. «Wir sind auf Kurs, jaja, aber der Ticketverkauf», er unterbricht, schaut seine Assistentin an, diese nickt erneut und er spricht weiter, «das braucht echt Nerven».

Der Spagat im neuen Polit-Klima
Eine andere Herausforderung für einen Anlass dieser Art könnte auch das sich verändernde politische Klima darstellen. Seit dem 9. Februar haben absurde SVP-Fürze Hochkonjunktur. Selbst die Idee, Firmen, die keine Ausländer beschäftigen, Steuererleichterungen zu gewähren, führen nicht zu einem Aufschrei, sondern werden relativ gleichgültig zur Kenntnis genommen. Kaum vorstellbar, was so ein Vorschlag zum Beispiel in Deutschland auslösen würde. Interessant in diesem Zusammenhang nochmals die Erinnerung an diesen SVP-Nationalrat aus Eglisau, der eine Serbin bei sich putzen liess, keine Sozialbeiträge abrechnete und hinterher sagte, er und seine Frau (ebenfalls eine SVP-Politikerin) seien der Serbin „freundschaftlich verbunden“, sie hätten der Frau „kleine Geschenke“ für deren Dienste gemacht. Dieser Mann hat nicht nur falsch gehandelt, er hätte, als Ausländer-Beschäftiger, nicht mal Anrecht auf die von seiner eigenen Partei vorgeschlagenen Steuererleichterungen.
In diesem Kontext mit den Afro-Pfingsten eine Völker- und Menschenverbindende Viertages-Party zu veranstalten, scheint einem besonderen Spagat gleich zu kommen. Doch das treibt Tom Mörker erst recht an. «Ich kann das natürlich nicht beweisen», sagt er, «aber ich glaube, wir in Winterthur haben einen viel positiveren Zugang zu Afrika als die meisten anderen Städte der Schweiz». Passend dazu auch die Anfänge der Afro-Pfingsten. Erstmals durchgeführt wurde das Festival 1990 nämlich gar nicht in Winterthur – sondern in Zürich. Doch nach nur einer Ausgabe zog die Afro-Pfingsten von der Limmat an die Eulach. Und blieb in der Stadt „mit dem positiven Zugang zu Afrika“. 

Winterthur ist Finnland:  Er hat John Malkovich nach Winterthur geholt, Joschka Fischer fast und die Applaus-Messung eingeführt. Nun verlässt Direktor Marc Baumann das Stadttheater Winterthur nach fünf Jahren.
Es ist schon erstaunlich, was eine einzige Idee alles auslösen kann. «Das deutsche Magazin „Der Spiegel“ nannte mich einen Theaterdepp», sagt Marc Baumann und kann rückblickend darüber schmunzeln. Mit der Einführung der sogenannten Applaus-Messung hat das Stadttheater im Herbst 2011 weit herum für Furore gesorgt. «Wir wollen keinen Wettbewerb unter den Stücken» hiess es zum Beispiel von der Oper Zürich, ähnlich tönte es vom Schauspielhaus Zürich. «Das war gar nicht die Absicht, denn wir wollen mit dem Publikum kommunizieren», begründet der Noch-Direktor «und wir nehmen via diesem Applausometer auch nicht Einfluss aufs Programm. Wozu auch?» Aber es gab auch prominentes, positives Feedback. «Der Intendant von Dresden war kurz darauf hier und fand die Idee toll.» Der Applaus-Koeffizient ist nach wie vor auf der Website des Stadttheaters aufgeschaltet und wird nach jeder Vorstellung ergänzt. Vielleicht ist so mittlerweile die grösste Theaterapplaus-Sammlung der Welt entstanden und aus dem Spiegel-Depp von damals ein Visionär geworden.
So nahe liegen also Freud und Leid für einen, der im Sommer 2009 aus der Selbständigkeit in die scheinbare Behäbigkeit eines staatlichen getragenen Theaters gewechselt hatte. Behäbig war es in Winterthur dann überhaupt nicht, das beweist nicht nur die Applaus-Geschichte.
Die Bretter, die die Welt bedeuten, waren dem neuen Direktor nie fremd gewesen. In seinen beruflichen Anfängen hat Baumann als externer Berater am Aufbau des renommierten Teatro Dimitri im Tessiner Dorf Verscio mitgearbeitet, später war er Stabschef des Zürcher Stadtpräsidenten (und damit des Kulturministers) Elmar Ledergerber und danach zwei Jahre kaufmännischer Leiter des Schauspielhauses Zürich.
Nun tritt er in Winterthur ab und kann nicht viel damit anfangen als eine Zeitung schrieb, er verlasse das Stadttheater bereits nach fünf Jahren. «Vielleicht habe ich einen etwas abenteuerlichen Lebenslauf», gesteht der Theaterdirektor im Gespräch. Freud, Leid und Höhepunkte gab es viele in diesen fünf Baumann-Jahren. Und auf die Frage nach dem grösseren Ereignis reagiert Marc Baumann lachend. «John Malkovich oder Peter Sloterdjik? – beide waren grossartig, auch wenn der deutsche Philosoph viel nachhaltiger gewirkt hat.» Dafür sei die Begegnung mit dem berühmten Schauspieler Malkovich (dieser hat fast 90 Filme gemacht und wurde zweimal für den Oscar nominiert) vor zwei Jahren für sein Haus natürlich etwas ganz Besonderes gewesen. «Er hatte weder Starallüren noch Berührungsängste. Nach seinem Auftritt als Casanova kam Malkovich in das Foyer, plauderte mit den Leuten und liess sich fotografieren.»
Joschka Fischer sagt ab
Nur ein paar Wochen vor Malkovich war in Winterthur ein weiteres Schwergewicht angekündigt. Der ehemalige deutsche Aussenminister Joschka Fischer war geladen und wollte reden über globale Herausforderungen, Nachhaltigkeit und die Grenzen des Wachstums. Aber dann gab es Drohungen. Stadt- und Kantonspolizei waren in Alarmbereitschaft, achtzig Aufpasser wurden bereitgestellt, man kam nur noch mit Spezialausweis hinein. Da zog Fischer die Reissleine. Am Abend zuvor sagte er dem Theater per Mail ab.
Malkovich, Sloterdjik, fast Fischer, namhafte Autoren wie Mankell oder Lewinsky die aus ihren Büchern lasen, berühmte Schauspieler, bekannt aus Film und Fernsehen, sie alle sind in der Baumann-Zeit in Winterthur gewesen. Stars sind für ein Haus dieser Grösse wichtig, aber sind sie nicht auch so was wie die Schoggisträusel auf dem Capuccinoschaum? Es ginge irgendwie auch ohne?
Sehr stark beschäftigt sich Baumann mit der allgemeinen Bedeutung des Theaters. «Gesellschaftlich relevante Fragen müssen auf allen Ebenen diskutiert werden. Und so sehen wir unsere Aufgabe, nebst der kulturellen und unterhaltenden auch darin, bedeutende Zeitthemen aufzunehmen und die Diskussion zu fördern». 2012 fand ein vielbeachteter Nachhaltigkeits-Event im Haus statt.
Baumann war es von Anfang an wichtig, mit den Menschen in der Stadt auf Tuchfühlung zu sein und eine Offenheit zu allen Institutionen zu pflegen. Als anderes Beispiel für diese lokale Zusammenarbeit spricht er von einem Tanzstück in finnischer Sprache. Finnisch im Stadttheater? Das Theater suchte daraufhin Unterstützung in der Stadt und fand dreissig ganz unterschiedliche Partner, plötzlich sei das nördliche Land inhaltlich und optisch präsent gewesen. Winterthur ist Finnland. Das finnische Tanztheater passte nun wunderbar in den Kontext.
Überhaupt, die Relevanz. «Die Theater müssen in der Gesellschaft eine viel wichtigere Rolle erhalten», findet Marc Baumann. «Ich habe das Gefühl, wir haben das hier nicht geschafft», sagt er nachdenklich. Theater-intern, und das meint er ganz allgemein und nicht Winterthur-spezifisch, beschäftige man sich eher mit dramaturgischen Abläufen, denn mit Inhalten. «Doch wie könnten sich die Theater pointierter äussern?», fragt er sich zum Ende seiner Amtszeit. «Diesen Diskurs werde ich vermissen.»

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Ich liebe die Comedy-Show „Willkommen Österreich“, den kanadischen Sänger Bryan Adams, den besten Eishockeyclub der Welt ZSC, den genialen Schreiber James Lee Burke, die TV-Serie „The Newsroom“, die wunderbaren Städte München, New York und Zürich, Grapefruitsaft, Buddha, Bill Clinton, Enten und saftige Wiesen. Das bin ich. Stefan Del Fabro

Wetten dass und die unglaubliche WOW!!!!-Michelle

Er ist wieder da . Im schwarz-roten Blingbling-Anzug tritt Thomas Gottschalk auf und erhält sofort eine Standing Ovation. «Ich bin’s doch nu...

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