Dienstag, 25. Juni 2019

Grüne Spuren


"Der Morgen danach ist immer der quälendste Moment. Wenn sie weg ist. Diese gute Zuversicht, diese Freude, wenn die Neugierde weicht und der Tageszorn übernimmt. Dabei sind das die magischen Momente des Monats. Wenn ich sie sehe. Wenn ich sie erkenne. Wie sie ihre Arbeit verrichten und ich mich frage; sind sie fröhlich? Empfinden sie stolz? Oder tun sie einfach ihr Werk, getrieben von der Evolution, im immer wieder kehrenden Rhythmus der Jahreszeiten? Sie kommen, sie bauen Nester, sie vermehren sich, sie ziehen auf, füttern und ziehen wieder weg. Nur um das Ritual zu wiederholen. Je nach Art schon bald, andere nur einmal jährlich.


„Die Mönchsgrasmücke ist ein unscheinbarer schlanker Vogel, sein Gesang aber ist Weltklasse.“ Wie Christian das sagt, beginnen seine Augen zu leuchten. Nicht nur ein Vogel-Fan wie ich, sondern ein Ornithologe, ein Kenner, einer, der auszog, sich Wissen anzueignen, um nachhaltig zu wirken. Und der sein Wissen nun liebevoll und sachkundig weitergibt. An Leute wie mich, die höchstens die Amsel vom Spatzen unterscheiden können, die die Taube auf dem Dach sehen und sich fragen, warum die alle gleich doof aussehen - und sich dabei formidabel irrt. Türkentaube, Ringeltaube, Strassentaube, Hohltaube, Turteltaube. Das sind nur fünf der insgesamt über 300 Taubenarten, die es gibt auf der ganzen Welt. Und doof – wie die Brieftauben beweisen – sind sie auch nicht.
Bei der grössten übrigens, der Neu-Guinea-Fächertaube, würden wir Europäer zusammenzucken, erreicht die doch das stolze Gewicht von 2 Kilo. Die können also schwerer werden, als so mancher Pudel.
Aber weg von den Hunden und den Tauben, zurück zum Zaunkönig, dem Turmfalken, der Mönchsgrasmücke, der Schnatterente oder der Kohlmeise.
Das Artensterben beunruhigt mich. Also besuche ich einen Ornithologie-Kurs, lerne in der Theorie und gehe dann unter fachkundiger Führung in die Natur, an den See, in das Sumpfgebiet und lasse mir von Christian, Larissa oder Michel erklären, wie die Vögel leben, was sie benötigen. Und was ich tun kann, um meinen Beitrag zu leisten, damit deren Habitate geschützt bleiben.
Ich geniesse das. Als Stadt-Indianer bewege ich mich ansonsten eher auf Festivals, gehe an Lesungen, Konzerte, treffe Freunde auf ein Bier oder zwei, bin beim Fussball oder Eishockey, mache Reisen. Aber ich weiss kaum, was um mich herum singt und ruft, dabei geht mein Schlafzimmer ins Grüne, ich höre die Vögel jeden Morgen und kann sie doch nicht unterscheiden.

Auf diesen Exkursionen hat sich mir ein Ort eingeprägt. Es ist eine Wand hinter dem mächtigen Prime Tower an der Hardbrücke. An dieser Mauer haben die Architekten eine Art Efeu hochgezogen. Darin nisten zwei Stieglitz-Paare. Das ist übrigens ein unglaublich hübscher Vogel, mit seinem rot-schwarz-weiss gestreiften Kopf und seinen gelben Flügelfedern. An der Wand hinter dem Hochhaus sitzen sie also, ich stehe da mit meinem Gucker, schaue hoch und plötzlich fällt mir auf, dass einer der Stieglitze wütend zu schimpfen beginnt. Schimpfen? Wütend? In der Tat. Denn, er will offensichtlich da durchfliegen, wo ich stehe. Aber weil das nur ein schmaler Durchgang ist, traut er sich nicht. Also schimpft er mich weg. Es gelingt. Als ich drei Schritte zur Seite mache, saust der Vogel an mir vorbei und verschwindet in einem Gebüsch.
Obwohl ich gerade von einem 16 Gramm leichten Wesen verdrängt worden bin, macht sich ein gutes Gefühl breit.
Vielleicht sollten wir alle mehr auf die Vögel hören? Selbst wenn sie schimpfen. Denn; sie berechnen nicht was sie tun. Aber sie wissen, was sie tun. Vielleicht ganz im Gegensatz zu uns Menschen.

Diesen Text habe ich geschrieben für die Lesung "Wilder Wuchs von Wörtern". Durchgeführt wurde die Veranstaltung am Samstag, 22. Juni, Nachmittags. Ich habe mich sehr gefreut, wurde mein Text ausgewählt. 

Montag, 24. Juni 2019

Medienhaus Schamlos


Um ein erfolgreicher Medienmanager zu sein, braucht es vor allem eine Fähigkeit; die der Skrupellosigkeit. Mitte April 2019 jubelte die ZT Medien AG in einer Mitteilung und freute sich über gestiegene Leserzahlen: "Dies hat im hart umkämpften Lesermarkt besondere Bedeutung" frohlockte das Medienhaus und liess den Leiter Verlage die Mitteilung unterschreiben. "Diese positiven Entwicklungen zeigen dass wir mit unseren Produkten auf dem richtigen Weg sind und dass die Redaktionen hervorragende Arbeit leisten." (PS: Dass einem Medienhaus ein derart peinlicher Kommafehler unterläuft, sprich auch für sich).
April 19: "Positive Entwicklung..."
Juni 19: "Schlechte Entwicklung...."
Diese Arbeit muss derart hervorragend gewesen sein, dass nur zwei Monate später jeder Zehnte seine Stelle verliert. "Die ZT Medien AG sieht sich aufgrund der strukturellen Veränderungen in der gesamten Medienbranche (massiv sinkende Umsätze im Leser-, Werbe- und Printmarkt) und der damit einhergehenden schlechten Entwicklung der ZT Medien AG gezwungen, ein Sparprogramm einzuleiten."
Ich habe mal in diesem Haus gearbeitet. Im Promofilm, der auf der Website aufgeschaltet ist (Link HIER) bin ich noch immer mit Stimme zu hören und Gesicht zu sehen. Wie übrigens auch andere KollegInnen, die längst nicht mehr dort arbeiten. 
So etwas schamlos zu nennen, ist eine Untertreibung. Aber was die Führung nun veranstaltet, ist jämmerlich. Noch im April wurde den ZT-Leuten übers Köpfchen gestreichelt. Und nun? "Ziel ist es, während den nächsten Monaten rund 24 Vollzeitstellen einzusparen." Das ist jeder Zehnte. Ein Kahlschlag. Und die Hiobsbotschaft wird zwar publiziert, aber nicht signiert. Kein hochtrabendes Titelchen also. Niemand steht zu seinen Fehlern. Wie gesagt; schamlos und jämmerlich. 

Stella von Takis Würger

Stella heisst Stern. Und das Gesicht, das mich vom Cover dieses Buches anstrahlt, ist von einem Stern-ähnlichen Haarkranz umgeben. Sterne leuchten. Sterne können eine grausame Kraft entwickeln. 
Spiegel-Autor Takis Würger erzählt in knapp 200 Seiten die schreckliche Geschichte einer Jüdin, die mitten im 2. Weltkrieg mitten in Berlin andere Juden verrät und so ihr eigenes Leben rettet. Die Sprache, die der Schreiber wählt, ist intensiv, beklemmend, die kurzen Sätze entwickeln schnell einen Sog. 
Er drehte sich um.
"Alter Junge?"
"Was machst Du für die SS?"
"Obersturmbannführer."
"Aber was machst Du?"
In dieser Knappheit treibt der Autor die bitter-böse Geschichte voran, mittendrin ein junger Schweizer, die Ich-Figur, der nichts Gescheiteres weiss, als aus der Unbekümmertheit und dem Luxus seines Elternhauses am Genfersee ausgerechnet ins Nazi-beschmuddelte Berlin reisen muss und dort auf eine Sängerin namens Kristin trifft, die ein Doppelleben führt. 
Die Geschichte entfaltet sich wie ein Schattenspiel, die wenigen Figuren die auftreten, sind, selbst wenn sie widerlich gezeichnet sind, doch nie nur Scheusale, der naive Schweizer mittendrin, der nicht wahrhaben kann oder will, dass ein Todesengel ihn umflattert. 
"Stella" ist grossartig und konterkariert die Frage; schon wieder ein Roman über den 2. Weltkrieg? Ja, schon wieder. Zum Glück. 


Was ist ein Milchkaffee?

Was ist ein Milchkaffee? Ist das Alkohol? Trotz dem Koffeingehalt; Nein! Ist es Limonade? Nö! Ein Milchkaffee ist – ohne jetzt allzu pingelig zu werden – ein Kaffeegetränk. So sehe ich das. Und Du bestimmt auch. Die Gastrokette Autogrill, die übers ganze Land verteilt Autobahnraststätten und Flughafenrestaurants betreibt, hat eine andere Haltung. 
Er will ja nur einen Milchkaffee....
Eine Kunden-Bindungs-Massnahme ist meist nur so gut, wie die Leute sind, die sich das ausdenken. Oft sind solche Konzepte aber blosser Quatsch und die Leute an der Basis dürfen das dann ausbaden. Beispiel?
Seit vielen Monaten besuche ich regelmässig das gleiche Restaurant. Warum? Das Angebot ist gut, die Lage auch und das Lokal liegt an meinem Weg. Eines Tages drückt mir eine Angestellte einen Chip in die Hand. "1 Kaffeegetränk" steht drauf. Toll, denke ich und stecke den Jeton ein. Als ich kurz darauf wieder im gleichen Restaurant bin, kommt mir bei der Bestellung dieser Chip in den Sinn. Fröhlich zücke ich ihn und strecke ihn dem Barista hin.
Barista: "Geht leider nicht."
Ich: "Warum?"
Barista: "Dieser Chip gilt nur für Kaffee oder Espresso."
Ich staune: "Das ist Milchkaffee. Also ein Kaffeegetränk, wie es auf Ihrem Jeton steht."
Barista: "Wie gesagt, gilt nur für Kaffee oder Espresso."
Ich: "Aber...."
Barista aufgebracht: "Gehe zu Chef, da hinten, können sagen selber..."
Wir sind in der Befehlskette ganz unten. Dieser arme Barista ist zwar unfreundlich und daher in seinem Job am ziemlich falschen Ort, aber er badet nur aus, was sich äusserst kluge Bachelor-Köpfe in einer Marketing-Abteilung ohne Bezug zur Basis oder der Kundschaft ausgedacht haben.
Auf die bestmögliche Art.
Ich eile zum Chef - die eine Chefin ist - spare  mir an dieser Stelle den Dialog mit ihr, den er ist wörtlich fast derselbe wie zuvor beim Barista. Auch sie eine arme Sau, die stupide Von-oben-herab-Ideen ausbaden muss.
Ich bin regelmässig am Flughafen Zürich-Kloten, vielleicht zweimal die Woche und habe das Restaurant AIR als mein Lieblingsairport-Lokal erkoren. Wie oben beschrieben; Angebot gut, Lage gut. 
Aber diese "Kunden-Bindungs-Massnahme" mit Bullshit-Faktor hoch 1000 vertreibt mich. Und ich muss laut lachen, wie ich auf der Website der AIR-Betreiberin lese: "Für Reisende ist Zeit kostbar. Deswegen arbeiten wir hart, um effizient zu sein und unseren Kunden einen hervorragenden Service anzubieten. Jeden Tag auf die bestmögliche Art.» ..😅😅
Wenigstens beherrschen die Marketingleute ihre Sprache. Dass die Mitarbeitenden an der Basis Schabernack wie «1 Kaffeegetränk-Bon aber Milchkaffee ist nicht inbegriffen" ausbaden müssen, ist tragisch. Aber ich mache von nun an einen Bogen um das AIR. Denn, there is no love in the air….


Donnerstag, 20. Juni 2019

In der Sonnen-Apotheke geht auch Dir die Sonne auf

Was der Times Square in New York und der Marienplatz in München, ist das Bellevue in Zürich; ein belebter Platz, wo sich täglich tausende Menschen kreuzen, lachen, streiten und einkaufen. Und wie bei den berühmten Vorbildern hat auch der Zürcher Hotspot seine Geheimnisse, die sich in den Gässchen und Strassen hinter dem berühmten Platz abspielen. 
In der Sonnen-Apotheke Zürich (nur 150 Meter östlich vom berühmten Café Odeon gelegen) hatte ich ein tolles Erlebnis. Etwas, was man an dieser exklusiven Lage nicht erwartet, etwas, was Freude macht und mich darin bestärkt, dass selbst in einer reichen Stadt wie Zürich das Menschliche noch lange lange nicht abhanden gekommen ist.
Und nein, obwohl es eine Apotheke ist, hat es nichts mit einer medizinischen Unterstützung, sondern schlicht mit einer menschlichen Geste zu tun. Ich verrate hier nicht was es war (sonst gibt es eventuell Nachahmer), aber es war grosszügig und hat mir sehr aus der Patsche geholfen.
Also, wenn Du das nächste Mal in der Region Bellevue bist und ein Pflaster brauchst, einen Spray, eine Salbe. Es gibt die berühmten Apotheken vorne am Platz. Und es gibt diesen freundlichen Ort, dessen Nomen Omen ist. Wer in die Sonnen-Apotheke geht, kommt mit einem sonnigen Lächeln wieder heraus. 
Auf der Website der Apotheke steht übrigens: "Wir versuchen, die Bedürfnisse der Kunde rechtzeitig zu erkennen und umzusetzen. Wir sind eine serviceorientierte Apotheke...." Fürwahr kein Blabla.


Montag, 17. Juni 2019

Der Rorschachtest


Merkwürdig. Ist das ein Rorschachtest? Ein Bild vom Mars? Oder aus Kanada? Alles falsch. Das ist der Caumasee in der Schweizer Tourismusregion Flims/Laax und aufgefallen ist mir dieses stylisch schöne Sujet als Werbung im Tram. Was mich sofort neugierig gemacht hat. Damit haben die Werber natürlich ein Ziel erreicht. Aber wer sich traut, für ein im Prinzip "stinknormales" Tourismusgebiet derart hochglanzig zu werben, hat Aufmerksamkeit verdient. 
Also beginne ich auf den Online-Angeboten rumzuscrollen und entdecke weitere Bilder, die traumhaft schön bis genial sind, in diesem Augenschmaus (siehe Bild unten) könnte ich mich drin verlieren, tief versinken. Das sind keine Fotos, das ist Kunst, Hochkultur, ein Genuss.
Ich bin verliebt. Doch wie bei jeder Verliebtheit kommt irgendwann der Alltag und ich sehe die Mängel an diesem farbenknallfrohen Auftritt. So originell das alles ist, so bunt und frech - so überquellend ist es auch. Wenn ich auf der Website flims.com rumsurfe, finde ich nicht ein paar Angebote, einige Möglichkeiten, nein, es sind Dutzende, ich kann scrollen und scrollen und mich in dieser Endlosigkeit verlieren. 
Das ist, wie wenn ich beim Italiener sitze und seine Menükarte umfasst 200 Salate, 300 Pastagerichte, 400 Pizzasorten und 500 Weine. Da würde auch nur noch das Adler-System helfen, einmal drüber kreisen und dann zuschlagen. Also lasse ich den Cursor ein paar Runden drehen und lande dank einem Mausklick auf einer zufällig angeklickten Unterseite. Es hat mich zu Urban Surfwave verschlagen. Was mich nicht interessiert. 
Wie immer im Leben, verbleiben mindestens zwei Möglichkeiten; runter von der Webiste, rauf nach Flims/Laax. Oder umgekehrt.
Have a good trip: www.flims.com oder www.laax.com



Sonntag, 16. Juni 2019

Ich darf live einen Text lesen

Lesen unter den Bäumen. 
"Wir waren von Ihrem Text sehr angetan und hätten Sie deshalb gerne bei der Lesung dabei." Wenn Du eine solche Nachricht in Deiner Inbox hast, dann hüpft das Herz. Die Lesung findet statt am 22. Juni im Seefeld-Quartier in Zürich und scheint eine sehr charmante Angelegenheit zu sein. Wie ich mir nämlich die Location etwas genauer anschaue, fällt mir auf, wie schön es da ist. Der Stadtteil Seefeld gehört eh zu den schönsten in Zürich und die Lesung findet im Freien statt, unter schattenspendenden Bäumen, fast mitten im Jahr, die Sonnen-Wahrscheinlichkeit ist enorm hoch, das Publikum bestimmt wohlgesonnen.

Durch Zufall (wie immer im Leben) bin ich überhaupt auf die Ausschreibung gestossen. Allerdings hatte ich die Einreiche-Frist verpasst. Shit. Und entsprechend war auch die erste Reaktion: «Ich bin da jeweilen streng», reagierte der Organisator deutlich, «aber ich frage meine mitorganisierenden KollegInnen…» Offenbar wurde Herr Streng überstimmt, denn ich bin ja dabei.
Bist Du nervös? werde ich gefragt. Auf eine solche Frage habe ich seit Jahren die gleiche Antwort parat: Nein. Ich bin nie nervös, wenn ich öffentlich auftrete, was ich oft genug als Moderator gemacht habe. Im Gegensatz zu vielen anderen, kenne ich kein Lampenfieber. Warum das so ist, weiss ich nicht, aber ich bin froh darum. Das muss schlimm sein.

Am Samstag, 22. Juni von 14 bis 18 Uhr
Im Gemeinschaftszentrum Riesbach an der Seefeldstrasse 93 in Zürich
Lesung von selber geschriebenen Texten zum Thema "Auf Grünen Spuren"


Donnerstag, 13. Juni 2019

Jeannine leuchtet

Kann ein Mensch leuchten? Von tief drin? Ja! Ich bin Jeannine begegnet, an der Bus-Station, 28 Jahre, wache Augen, Ponyfrisur, herziges Lächeln ... und sie strahlt. Obwohl wir zwei uns nicht kennen und wohl auch nie wieder begegnen.
Jeannine hat eine Behinderung, erklärt mir ihre Begleitung, mit der ich an der Bus-Station ins Gespräch komme. Die handicapierte Frau zupft mich am Arm, will in Kontakt treten und kann sich dann doch nicht artikulieren. Zumindest nicht sprachlich. Dafür leuchten ihre Augen. So offen und ehrlich. Mich berührt das und macht mich traurig und nachdenklich. Ist das eine geplagte Seele? Ist die Frau glücklich? Ihre Begleitung ist eine Sozialpädagogin, sie kümmert sich um die Jeannines der Welt, während wir Nicht-Behinderten wegschauen. Vermutlich peinlich berührt. Es war übrigens auch meine erste Reaktion, als mich die junge Frau am Arm zu zupfen begann. Aber sich auf den kurzen Schwatz einzulassen, hat mich bereichert. Und ich hoffe, Jeannine auch. 

Mittwoch, 12. Juni 2019

Er ist wieder da

Zwei Männer unterhalten sich, einer 45, der andere 53. Der Jüngere fragt:
"Warum gehst Du schon wieder auf ein Bryan Adams-Konzert?"
Der Ältere fragt zurück: "Warum kehrst Du am Feierabend zu Deiner Frau zurück?"
Der Jüngere zuckt mit den Augenbrauen und der Ältere kann das nicht deuten. Der Ältere, das bin ich und der Dialog hat so tatsächlich stattgefunden. Ja, meine Freunde "müssen damit umgehen", dass ich schon wieder zu einem Bryan Adams-Konzert fahre. Diesmal nach München, danach weiter nach Brüssel. Da war ich noch nie, da kann ich also wunderbar meine Reise-Neugierde mit meinem - okay, vielleicht tatsächlich etwas absonderlichen Bryan Adams-Tick - kombinieren. 2016 habe ich mal vier hintereinander gemacht; Wien, München, Zürich, Frankfurt. Oder nach Dublin fuhr ich noch hoch nach Belfast. Ich bin auch schon extra für ein paar Tage an die US-Ostküste geflogen, weil Bryan Adams da in einem Vorort von Washington aufgetreten ist. 
Andere waschen jeden Samstag ihr Auto. Ich checke das Web, wann und wo ist der nächste Gig des Kanadiers. Crazy? Ja. Verrückt? Ich doch nicht. 
"Back to you" heisst einer seiner Songs. Höchste Zeit also, dass Bryan Adams mit seiner Shine a Light-Tour weitermacht. Verdammt, er hat grad vier Wochen Pause gemacht...



Montag, 10. Juni 2019

Restaurant Gartenhof Züri: Aussen schön, Innen reich

Was für ein Kontrast; draussen hetzen sie vorbei, die gestressten Mütter mit Kinderwagen, die klingelnden Trams, die schlängelnden Velokuriere, die hastigen Zahlenmenschen vom nahen Steueramt. Alle busy, alle hastig, alle gehetzt - und gleichzeitig scheint hier drinnen die Zeit irgendwie stiller zu stehen, obwohl vom Personal niemand still steht. Die eilen genauso rum, wie die Menschen draussen. Aber mit mehr Gelassenheit, mehr Contenance. Und das wirkt sich unmittelbar auf mich, den Gast, aus. Als hätte mir beim Eintreten jemand Oooohmm ins Hauch gehaucht, verwandle ich mich im Nu vom Gestresst- zum Genuss-Mann. Kein Wunder, ich bin angekommen im Restaurant Gartenhof.


Die Karte? Übersichtlich lecker. 
Die Einrichtung? Überraschend einfach.
Das Angebot? Übergangslos toll.
Das Personal? Überlegt kompetent.
Der Preis? Überzeugend. 

Im Gartenhof treffe ich eine Bekannte, wir haben uns lange nicht gesehen, haben uns viel zu erzählen, schnattern beide sofort los, verstehen und freuen uns. Plötzlich steht ein Salat vor mir, frisches Brot, eine Karaffe mit Wasser. Wann habe ich das wie bestellt? Das Personal macht das klug, unaufdringlich, belässt uns in unserer Matrix, ist aber da, wenn wir was nachbestellen oder fragen. Und wie es ans Bezahlen geht, lässt sich der Geschäftsführer auf einen kurzen Schwatz mit uns ein, öffnet dezent den Vorhang, erzählt, wann es sich für ihn wie lohnt, das Lokal offen zu haben. 
Fazit; Essen fein, Lage toll - und erst noch etwas gelernt über Gastronomie. Toll. Wenn Du den Switch vom Alltagsstress in den Modus des gern gesehenen Gastes machen willst, dann musst Du den Gartenhof anpeilen. Aussen schön und Innen reich.
www.gartenhof.net

Samstag, 8. Juni 2019

Wo Gott hockt

Einer der grossen Vorzüge der Schweiz ist die Kompaktheit des Landes. Von jeder Stadt bin ich in weniger als einer Stunde im alpinen Gebiet. Und wenn ich mediterranes Feeling will, brauche ich bloss in die Südschweiz zu fahren, wo Palmen wachsen und der Vino im Boccalino serviert wird. 
Will ich Erholung pur, komme ich auch rasch in abgelegenere Gegenden wie zum Beispiel das Schächental in der Urschweiz, dort, wo einst Wilhelm Tell gelebt haben soll. Von Zürich sind es gerade mal 85 Kilometer - aber es tut sich eine komplett andere Welt auf. Selbst als Schweizer verstehe ich nicht mehr alles, wenn ein Einheimischer redet, mir sind auch Gebräuche und Gepflogenheiten zwar fremd, aber es stört mich nicht. Herrlich, ein paar Wochen auf der Alp Aesch (Link HIER) zu entspannen. Ganz stressfrei ist das natürlich auch nicht. Überall weiden Kühe und die kommen manchmal ganz schön nah ans Küchenfenster, neugierig wie sie sind. 
Verstreut liegen andere Häuschen auf dem Hochplateau, in einem gibt es täglich frische Milch, ein anderes ist eine alte Kirche, die aber stets in Betrieb ist. Tja, Gott hockt hier überall. 
Während die Wochentage vor sich hin plätschern, werden die Sam- und vorallem die Sonntage zu halben Ballermännern. Dann kommen die Ausflügler, einige davon sogenannte Kampfwanderer, die kein Pardon kennen, lachen, grölen und sich die ansonsten ruhige Alp Untertan machen. Aber der Spuk geht schnell vorbei, das Unterland und die neue Woche rufen, die roten Wandersocken werden wieder durch elegante schwarze Strümpfe ersetzt. Und ich fläze mich wieder gemütlich auf die Holzbank vor dem Haus, hole frische Milch, rede mit Kühen und freue mich, dass Gott auch solche Orte eingerichtet hat.

Das Zapote hält, was es verspricht. Muy bien.

Wann warst Du zuletzt in Mexiko? Ich war einmal dort, 1988, und mir hat es fantastisch gefallen, obwohl ich von Montezumas Rache befallen wurde. Was ganz lästiges. In den 90ern war ich zweimal in Kalifornien, habe den Highway Number One gemacht, bin über die Golden Gate gefahren, war in Mendocino, Monterrey, Carmel, natürlich in Los Angeles, kam begeistert zurück – und bin dennoch nie wieder hin.
Drei in Zürich. Damit ist das Zapote eine Kette.
Ist das schlecht? Nein. 
Wozu auch? Kulinarisch liegen Mexiko und Kalifornien längst um die Ecke. Zum Beispiel im «Zapote». Yummy, würde der Amerikaner sagen. Wobei das natürlich keine ernsthafte Referenz ist, wir alle wissen, was die Amis für Gastro-Banausen sind.
Aber Yummy sage auch ich. Das Zapote bietet die richtige Mischung zwischen gesundem Take Away, leckeren Burritos in allen Variationen, freundlichem Personal und dem richtigen Touch "Mexico meets USA" und das erst noch ohne den Querschläger Trump.
Praktischerweise gibt es schon drei Zapote’s in und um Zürich. Ist es damit eine Kette? Ja. Ist das schlecht? Nein.
«Wir setzen auf frischen hausgemachten Slow Food ohne Zusatzstoffe, mit regionalen Produkten und Fleisch vom Schwiizer Buurehof» schreiben die Zapote-Macher Mario und Timea Keller auf ihrer Website und hängen noch ein «Versprochen» an. Nehmen sie den Mund damit voll? Ja. Ist das schlecht? Nein. Am besten Du probierst es selber. Dreimal in und um Zürich.
México y California están muy cerca.
www.zapote.ch

Mittwoch, 5. Juni 2019

Vom Soldaten zum Multi-Billionär

Wer im angelsächsischen sehr, sehr viel Geld hat, ist Billionär. Im Deutschen ist das die nächste höhere Einheit nach der Milliarde. Aber seien wir nicht kleinlich. Diese Dagobert Duck's schwimmen im Geld. Die Showtime-Serie "Billions" bringt uns diese protzige, manchmal faszinierende, manchmal abscheuliche Welt näher. Damit die Superkohle nicht allzu strahlend glänzen kann, sorgt der dramaturgische Kniff, indem man den Billionären einen verbissenen Staatsanwalt gegenüberstellt, der hinter so mancher Transaktion (oft zu Recht) Betrug wittert. Es den Superreichen zu beweisen, dass ist die Challenge. 
Was "Billions" in den Stand einer "Musst Du gesehn haben"-Serie macht ist Hauptdarsteller Damian Lewis und seine Interpretation des Hedge Fonds-Mannes Bobby Axelrod. What the fuck.... Was für ein Kerl. Was für ein Egomane, Narzisst, Geldscheffler - und gleichzeitig Ehemann, Vater. 
Same, same but different. Damian Lewis als Billionär Bobby Axelrod und als
dubioser US-Soldat Nicholas Brody. 
Damian Lewis spielt furios, aber nicht blindwütig, wie er mit einem Augenzwinkern Zustimmung signalisieren kann, mit dem Heben einer Augenbraue Widerwillen zum Ausdruck bringt, das ist eine wahre Freude und stellt selbst Kevin Spacey in seinen besten House of Cards-Tagen in den Schatten. 
Die Serie "Homeland" hingegen war bei mir nie auf dem Radar. Wie ich mich aber kundig mache und entdecke, dass Lewis auch dort seine Spuren hinterlässt, zappe ich rein. Und bin erneut geflasht. Vom Soldaten zum Multi-Billionär. Wer das kann, gehört zu den ganz Grossen. 
Kein Wunder also, wurde (oder wird?) Damian Lewis als neuer James Bond gehandelt. Nichts gegen 007. Aber ich wäre not amused. 

Montag, 3. Juni 2019

TV-Serie "Looming Tower": Hätte 9/11 verhindert werden können?

Die 10teilige TV-Serie "The Looming Tower" beleuchtet die 9/11-Attentate von einer ganz neuen Seite: Die beiden amerikanischen Superpolizeibehörden FBI und CIA arbeiteten in den 90er Jahren nicht nur nicht zusammen, nein, sie agierten richtiggehend gegeneinander. Beide sind der Terrorgruppe Al-Kaida zwar auf der Spur, aber da sie ihre Informationen nicht teilen, kann die Katastrophe vom 11. September 2001 nicht mehr abgewendet werden.
Das ist die Grundlage der super-spannenden, nur aus 10 Teilen bestehenden Serie "The Looming Tower". Die bittere Ironie der Geschichte: der New Yorker FBI-Chef, der sich Al Kaida am hartnäckigsten auf die Fersen geheftet hatte, quittiert im 2001 den Dienst und heuert als Sicherheits-Chef im World Trade Center. Sein erster Arbeitstag wird auch sein letzter sein. Denn als er am 11.9.01 sein Büro betritt, kann er nicht ahnen, dass er den Turm nicht lebend verlassen wird.
Jeff Daniels (links) als tragischer New Yorker FBI-Chef und
Entdeckung Tahar Rahim als Agent Ali Soufan. 

"The Looming Tower" ist wie "Homeland" - nur besser, echter, realistischer und viel näher an der Wahrheit und basiert auf einem gleichnamigen Sachbuch, welches 2006 den Pulitzerpreis erhielt und stellt in der TV-Fassung nicht nur rivalisierende CIA- und FBI-Egomanen in den Vordergrund, sondern den ebenfalls real existierenden FBI-Agenten Ali Soufan. Zur Zeit der Attentate war Soufan einer von gerade mal acht (8!) arabisch sprechenden Agenten innerhalb eines Apparates mit 10'000 Agenten. 
Auf der Kinoleinwand erlebt Charakterdarsteller Liam Neeson in den letzten Jahren ein beachtliches Comeback als Actionstar. Etwas ähnliches lässt sich von Schauspielkollege Jeff Daniels sagen. Er allerdings taucht nach vielen läppischen Filmchen ("Dumm&Dümmer") plötzlich vermehrt in relevanten TV-Serien auf. Nach "The Newsroom" nun als New Yorker FBI-Chef John O'Neill in "Looming Room". Daniels gibt der Figur Tiefe und Stärke, aber auch die nötige Verletzlichkeit. Eine richtige Entdeckung ist zudem der französisch-stämmige Schauspieler Tahar Rahim, der als FBI-Mann Soufan auftritt. 


Hätte 9/11 verhindert werden können? Diese Gretchen-Frage bleibt im Raum und darauf kann die Serie gar keine Antwort geben. Als Zuschauer denkt man allerdings bange; ja, hätte. 


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Ich liebe die Comedy-Show „Willkommen Österreich“, den kanadischen Sänger Bryan Adams, den besten Eishockeyclub der Welt ZSC, den genialen Schreiber James Lee Burke, die TV-Serie „The Newsroom“, die wunderbaren Städte München, New York und Zürich, Grapefruitsaft, Buddha, Bill Clinton, Enten und saftige Wiesen. Das bin ich. Stefan Del Fabro

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