Sonntag, 20. November 2022

Wetten dass und die unglaubliche WOW!!!!-Michelle

Er ist wieder da. Im schwarz-roten Blingbling-Anzug tritt Thomas Gottschalk auf und erhält sofort eine Standing Ovation. «Ich bin’s doch nur», grinst er und geniesst doch.

Über «Wetten, dass» ist alles geschrieben und alles gesagt. Alles? Eigentlich ist die Show wie ein Zeitfenster in die Vergangenheit. Da sitzen Bully Herbig und Veronica Ferres auf dem legendären Sofa, dazwischen quetschen sich Weltstars wie Robbie Williams und John Malkovich und am Schluss gesellt sich auch noch Herbert Grönemeyer hinzu.


Und ebenfalls wie früher kaspert sich der Moderator durch seine Fragen, lässt auch mal seine Zettel liegen und weiss doch immer was zu plaudern. Tiefsinn ist es nie. Aber wozu auch. Wetten dass ist eine Show, keine philosophische Party, auch wenn Gottschalk den Schalk nie verloren hat. Als es zur herzigen Stoffbärchen-Wette geht, haut der Moderator die Line raus «die habe ich früher alle gefressen». Er kann es einfach. Auch wenn er schon mal die Übersicht verliert. Bei der Spiele-Wette tapst er in seiner eigenen Show herum, wie der Opa, der seine Brille sucht.

Damit die Sendung nicht nur pure Nostalgie ist, dafür sorgen Auftritte einer Sängerin, die Trillionen Streams vorweisen kann und zwei Influencerinnen, die für einen ausgefallen Corona-Gast einspringen.

Und da ist noch die ewige Quietschnudel Michelle Hunziker. Jede Wette ist «unglaublich» und wenn ihr gar nichts mehr einfällt – und das ist oft – kräht sie ein fröhliches «Wow!!!!» in die Runde, hebt die Arme, zeigt ihr tadelloses Gebiss und wedelt auch gerne mal mit dem Zeigefinger.

Die unglaubliche Hunziker hält das Schweizer Fähnchen hoch. Denn wie der Blick im Vorfeld bedauerte, gibt es ansonsten in der Wetten, dass-Ausgabe 2022 keine weitere Swissness.

The show must go on. Gerne wieder 2023. Ob mit oder ohne Swissness ist egal. Es ging auch ohne Wow-Hunziker. Unglaublich, nicht?

Freitag, 30. September 2022

Film "Sachertorte" - Liebt sie mich? Liebt sie mich nicht?

"An meinem Geburtstag gehe ich immer um 15 Uhr mit meinem Papa ins Café Sacher in Wien und esse Sachertorte.»

Dieser Satz wird Karl im Film «Sachertorte» zum Verhängnis. Er trifft in Berlin auf die attraktive Nini, die nur noch wenige Stunden hat, ehe sie mit dem Bus zurück nach Wien fährt. Karl und Nini schlendern und plaudern, essen Wiener Würste und sind schon halb verliebt, als sie in den Bus hüpft. Nini tippt ihre Nummer in Karls Handy – aber das Unheil nimmt jetzt seinen Lauf. Kaum fährt der Bus weg, kriegt er einen Anruf und als er danach aufs Display schaut, ist die – zuvor leider, leider nicht gespeicherte – Nummer weg.

Aber Karl hat ja einen Anhaltspunkt und macht sich auf nach Wien, wo er von nun an stets um 15 Uhr im berühmten Café Sacher auf die Angebetete wartet.

Eine RomCom von Hollywoodschem Ausmass nimmt ihren Anfang und was als kleine Liebesgeschichte beginnt, entwickelt sich zu einer Art Love Actually der 2020er Jahre. Nicht nur Karl, sondern weiteres Personal wird von Amor getroffen und ringt mit sich. So zupft irgendwann ein halbes Dutzend Menschen an der Blume und fragt sich «Liebt er mich? Lieb ich sie?». Bei allem Kitsch bleibt der Film glaubwürdig, denn die Figuren verhalten sich immer logisch.

Der Schweizer Max HubacherVerdingbueb» oder «Mario») überzeugt als liebestoller Karl. An seiner Seite Maeve Metelka als Miriam in ihrer ersten Hauptrolle. Die Chemie stimmt, das Match scheint zum Greifen nah. Aber die Unabwägbarkeiten des Lebens schieben sich noch und nöcher zwischen Karl und Miriam. Wie Miriam? Hiess die nicht Nini? Tja, und schon nimmt "Sachertorte" seine erste, wenn auch absehbare Abzweigung. 

«Sachertorte» ist Christine Rogolls Debüt als Kinoregisseurin, aber mitnichten ihr Debüt in der Filmwelt. Allein die IMDB listet gegen 40 Filme, wo sie hinter der Kamera mitgewirkt hat. Die Frau versteht also ihr Handwerk und erfüllt mit der zuckersüssen Sachertorte damit auch die Vorgabe des produzierenden Studios: «Es ist ein modernes Märchen», sagt der Amazon-Leiter Deutschland. «Es ist der perfekte Film für graue Herbsttage.» Dem kann ich nichts hinzufügen. Ausser; geht’s hin, geniesst und lasst’s Euch nicht nur von der Geschichte das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Samstag, 2. Juli 2022

Der lustigste Mann der Welt kann auch ganz leise

«A Fish called Wanda» war mein Erweckungserlebnis bezüglich John Cleese. Daraufhin schaute ich mir einige Monty Python-Filme an und wunderte mich nicht mehr länger, dass Cleese den inoffiziellen Titel «Lustigster Mensch der Welt» trägt.

Unterdessen ist John Cleese 83 und überhaupt nicht Humor-müde. Er tourt mit seinem Programm «Last time to see me before I die» seit Jahren durch die Welt. Cleese feuert eine Witz-Reihe ab, ist spontan, geht auf Publikumsfragen ein, erzählt aus seinem Leben und zeigt Ausschnitte aus seinen Sketches und Filmen. Fans von «Fawlty Tower» kommen genauso auf ihre Rechnung wie Wanda- und Python-Freunde. Nur die James Bond-Community bleibt aussen vor.

In «The World is not enough» und «Die another Day» spielte Cleese mit. Dann stieg er wieder aus. Ihm missfiel die Richtung, die die 007-Serie mit Daniel Craig nahm: «Die asiatischen Zuschauer verstehen den subtilen britischen Humor nicht», sagte Cleese. Good Bye Bond.

Unter den 179 (!) Credits für Filmauftritte sind auf der Moviedatabank sechs Filme angezeigt, die in Vorbereitung sind.

Wird der Mann nie müde? Doch – nach frischen und frohen zwei Stunden war Schluss. Sein Abgang war genauso bitterböse wie die allermeisten seiner Witze. Tot und im Rollstuhl winkte die Leiche Cleese nochmals in Publikum. Gute Reise – du lustigster Mensch der Welt.

Sonntag, 26. Juni 2022

Das Albanifest ist wieder da

Klar, es wird gegrölt und gepöbelt, gesoffen und gefeiert. Wie an jedem Fest. Dass aber das Winterthurer Albanifest nach zweijähriger Corona-Zwangspause sein Comeback feiern darf, ist eine gute Nachricht.

Seit 1971 gibt es das Albanifest in seiner heutigen Form. Und ich war dabei. Na gut, meine Beinchen waren noch arg kurz und zu mehr als einem Ritt auf dem Kinderkarussell reichte es nicht. Seither war ich oft da, aber nicht immer. Wie so viele Stadtfeste wuchs auch das Albanifest und so strömen an den drei Tagen am jeweils letzten Juni-Wochenende so viele Leute durch die historische Altstadt, wie in ganz Winterthur wohnen. Über 100'000 also.

Als Kind erkundete ich einst zu Fuss die Geisterbahn. Als mich jemand entdeckte, stolperte und hüpfte ich über Kabel und Schienen, an Monstern und Hexen vorbei ins Freie. Mein bester Freund legte sich im Stadtpark mit einer Horde Betrunkener an, ich ging dazwischen, das Ende ist klar. Wir lagen dann beide am Boden, schnappten nach Luft und niemand kümmerte sich um uns.

Wie ich heute als Erwachsener wieder ans Albanifest komme, staune ich über diese Gigabahnen, die in die Höhe katapultiert werden, sich drehen und viele physikalische Gesetze aushebeln. Ich wundere mich aber auch: Wo ist die ratternde Achterbahn geblieben? Und vor allem: was ist aus «meiner» guten alten Geisterbahn geworden? Nein, früher war nicht alles besser. Aber heute auch nicht.


Freitag, 24. Juni 2022

Wer ist Désirée Nosbusch?

Seit ich Fernsehen gucke, ist Désirée da. Kein Wunder, sie ist nur ein Jahr älter und hat mich immer wieder angelächelt. Schon mit 15 war sie in der ARD Reporterin. Vermutlich war ich, wie viele Jungs meiner Generation, eine Weile verknallt in die Désirée.

Sie war nackt – aber sie blieb erfolgreich

Sie spielte als Teenager im kuriosen Kinofilm «Der Fan» und weil sie die meiste Zeit nackt war, wurde sie dadurch zur Projektionsfläche. Danach verliert sich - in meiner Erinnerung - ihre Spur. Auch wenn sie mir immer wieder mal von der Mattscheibe zuzwinkerte.

Erst als Désirée Nosbusch in der genialen TV-Serie «Bad Banks» auftrat, wurde sie mir wieder bewusst. Und so griff ich unlängst zu ihrer Biographie mit dem sperrigen Titel «Endlich noch nicht angekommen». Zum Glück ist nur der Titel holprig formuliert, das Buch ist es nicht. Flüssig und schwungvoll führt uns Désirée durch ihr Leben, nimmt uns mit auf die Gipfel ihrer Erfolge und Täler ihrer Niederlagen. Es ist ein ehrliches Buch und es zeigt eine Frau mit vielen Facetten.

Das legendäre Interview mit Klaus Kinski

Mit 16 wurde sie als «hübsches Nichts» bezeichnet. Was für eine Kränkung. Man stelle sich das heute vor. Ein Aufschrei ginge durch die Medien. Damals musste die junge Désirée das aushalten – und erstarkte offensichtlich daran. Mit 17 ging sie nach New York, schlug sich durch und kehrte erst Jahre später zurück.

Sie interviewte – oder probierte es – den Derwisch Klaus Kinski und zwar im jungen Alter und auf eigene Kosten. Ein Regisseur zwang sie für ein Projekt, tagelang mit einem merkwürdigen Handschuh mit der Pariser Metro kreuz und quer durch die Stadt zu fahren.

Désirée Nosbusch hat viel probiert, einiges erreicht und sich mit ihrer Biographie bei mir viel Respekt erschafft. Mit Jahrgang 1965 ist sie immer noch jung genug, um noch viele weitere Dinge zu tun und das Leben in seiner Köstlichkeit auszunutzen.

Montag, 23. Mai 2022

Zwischen Genf und Davos liegen nur ein paar Berggipfel

Deutschland ist von der Fläche etwa 8,7 mal grösser als die Schweiz. Die längste Ausdehnung von Nord nach Süd beträgt 876 Kilometer. Da könnte man die Schweiz auch gut zweieinhalb mal reinpappen. 

Aber manchmal kippt der deutsche Grössenwahn. Wenn ich in der WELT lese, dass zwischen Davos und Genf gerade mal ein paar Berggipfel liegen. 

Für diese Strecke - zwischen den "paar Berggipfeln" - brauchst du mit dem Zug fast 6 Stunden. Mit dem Auto schaffst du es in 4,5 Stunden. 

Das ist ungefähr die Autofahrt von Nürnberg nach Düsseldorf. 

Donnerstag, 19. Mai 2022

In der Schweiz wird eigentlich nur gejodelt

Ich lese gerne die ZEIT oder den SPIEGEL. Diese deutschen Qualitätsmedien analysieren oft klug, kommentieren schlau, gehen dahin, wo es weh tut. 

Aber nicht immer. Denn auch deutsche Journalisten kochen nur mit Wasser. Wenn es um die Schweiz geht, wird kein Klischee ausgelassen, bleibt kein stereotypes Auge trocken. 

Dass Deutsche am liebsten in die Schweiz auswandern, bebildern sowohl Zeit wie auch Spiegel mit fröhlichen Bergbildern und lustigen Fahnenschwingern. 

Darum habe ich mich an die beiden Redaktion gewandt: "Das ist etwa so, wie wenn eine Schweizer Redaktion einen Artikel über Deutschland mit Schäferhunden bebildern würde. Prompt schreibt einer Ihrer Kommentare: «Viele Deutsche möchten sich gern in eine Schweizer Berghöhle verkriechen.» Ich bin ein 56jähriger Schweizer, der in einer Stadt und nicht in einer Berghöhle lebt und ich habe vielleicht 3x in meinem Leben Fahnenschwinger gesehen. Deutsche Schäferhunde begegnen mir weitaus öfter."

Ich habe sogar Antwort gekriegt. Die Zeit schreibt: "Ihr Anliegen wird umgehend an die entsprechende Abteilung weitergeleitet. 

Deutschland 2022?
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass Sie wegen der hohen Anzahl von Zuschriften möglicherweise keine persönliche Antwort bekommen."

Und der Spiegel reagiert so: "Wir haben Ihre Nachricht an das zuständige Fachressort weitergeleitet. Bitte haben Sie Verständnis, falls Sie wegen der hohen Zahl an Zuschriften möglicherweise keine persönliche Antwort bekommen werden. Ihr Anliegen wird aber in jedem Fall zur Kenntnis genommen."

Nein, eigentlich habe ich dafür kein Verständnis. Darum bebildere ich meine Meinung:





Montag, 16. Mai 2022

Tschüss Kirche, ich bin dann mal weg

Nein, diese Kirche kann ich nicht mehr im Dorf lassen. Das halbherzige Handeln im Ukraine-Krieg hat mich veranlasst, aus der evangelisch-reformierten Kirche auszutreten. Seit meiner Geburt war ich dort Mitglied, wenn auch nie Fan. Ich wurde noch getauft (da konnte ich wenig ausrichten). Auf die Konfirmation habe ich als Teenager dann bereits verzichtet.

Über die Jahre war (und bleibe) ich ein treuer Besucher der Kirchhäuser. Die Kirchen faszinieren mich architektonisch. Egal von welcher Glaubensrichtung, die Gebäude wirken auf mich. Egal ob im irischen Dorf, im mexikanischen Morelia oder ob ich mich in New York auf der 5th Avenue in die St. Patricks Cathedral «verirre» - die Faszination für diese imposanten Gotteshäuser ist da.

Dann brach dieser fürchterliche, idiotische Ukraine-Krieg aus. Und ich setzte meine Hoffnungen auch auf die Kirche. Zunächst auf die mächtige Katholische. Der Papst wurde nach Kiew eingeladen. Ich schrieb sechs Schweizer Bischöfe an und bat sie, den Papst zu dieser Reise zu ermuntern. Die Hälfte gab nichtssagende, Bla-Bla-Antworten. Die anderen Bistümer müssen derart beschäftigt sein mit Reichtümern zählen, dass es nicht mal für eine Reaktion reichte.

Mit Schrecken erinnerte ich mich an das Stück «Der Stellvertreter». Die Verfilmung von 2002 fuhr mir in die Knochen. Den Papst kümmern die Nazi-Schrecken nicht, der Vatikan hilft den Schergen später sogar bei der Flucht nach Südamerika.

Daran erinnere ich mich, wenn ich jetzt die offizielle, banale Haltung der Kirchen sehe. Sie beten, sie spenden und sie beten. Das hilft den Menschen in Mariupol bestimmt ungemein.

Daher bin ich aus der Kirche ausgetreten. Es fehlt mir an nichts.

Samstag, 14. Mai 2022

Deutschland, du überschätzt dich

Ganz Europa blickt gebannt nach Berlin. Was geht im Ukraine-Krieg? Liefert Deutschland Helme und Wärmesocken? Was ist mit den endlich angekündigten «schweren Waffen»? Wie viele Bürokratiestufen müssen durchlaufen werden, bis irgendein Beämtchen den Okay-Stempel auf die Dokumente knallt?

Sie reden und reden und verzetteln und verheddern sich. Schade. Deutschland, du überschätzt dich. Das Land Adenauers, Ludwig van Beethovens oder Loddar Mätthaus. Überall Weltklasse. Auch im Kleinkarierten.

Da fuhr ich kürzlich mit der Bahn nach Deutschland. Bis zur Grenze ohne Maske, danach mit. Auf dem Nachhauseweg das gleiche in umgekehrter Reihenfolge. Im öffentlichen Verkehr gilt in Deutschland noch immer Maskenpflicht. Wenn ich also in München 1 Stunde durch ein Einkaufszentrum schlendere, ohne, wenn ich 7 Minuten Bus fahre mit Maske. Das ist medizinisch-wissenschaftlich nicht mehr erklärbar, sondern nur noch politische Sturheit. Der Gesundheitsminister Karl Lauterbach wird nicht umsonst auch in gemässigten Kreis Panik-Kalle genannt.

Deutschland nimmt sich zu wichtig. In Europa zwar noch immer ein Riese, aber global gesehen weniger Einwohner als Vietnam, die Philippen oder Äthiopien. Auch flächenmässig hinter Paraguay oder Papua-Neuguinea. Deutschland, du überschätzt dich gewaltig.

Okay, in den Weltcharts des Bruttoinlandprodukts belegt Deutschland Platz 4. Daher auch dieses übersteigerte Selbstbewusstsein, das längst in Arroganz gekippt ist.

Ich bin kein Deutschland-Hasser, im Gegenteil. Es ist das Land meiner Grossmutter, ich habe viele Reisen unternommen und war nicht nur in Berlin oder Köln, sondern auch in Saarbrücken, Duisburg oder Göttingen. An der Nordsee, der Ostsee, am Chiemsee, auf dem Watzmann und am Tears for Fears-Konzert in München. Deutschland, ich mochte dich und habe dich fussballerisch oft verteidigt. Aber derzeit gehst du mir nur noch auf den Wecker. Ich habe fertig.

Donnerstag, 12. Mai 2022

"Es gilt das gesprochene Wort" von Sönke Wortmann

Sönke Wortmanns Filme mag ich. Sein Frühwerk wie «KleineHaie» oder «Mr. Bluesman» sogar sehr. Dann folgten «Der bewegte Mann» oder «Das Superweib», später «DasWunder von Bern» oder zuletzt «DerVorname» und «Contra». Applaus, Applaus.

Nun legt der beste deutsche Filmregisseur mit «Es gilt das gesprochene Wort» sein Romandebüt vor. Applaus, Applaus.

Wo Sönke Wortmann drauf steht, ist Sönke Wortmann drin. Der Mann kann es einfach. Das Buch handelt einerseits von einem politischen Ghostwriter. Der Redenschreiber des deutschen Aussenministers schreibt superbe Texte und Reden – und hat mit Maria ausgerechnet eine Partnerin, die nahezu stumm durchs Leben geht.

Anderseits ist da der mittelmässige Diplomat Cornelius von Schröder, dessen Ehe in Trümmern liegt und dessen Karriere ins Stocken geraten ist.

Auf einer Reise des Aussenministers nach Marokko kreuzen sich die Wege des Redenschreibers und des verbitterten Diplomaten auf dramatische Weise.

Was Regisseur Wortmann bereits in seinen Filmen famos verknüpft, gelingt ihm auch in seinem Debütroman perfekt: das Personal harmoniert – oder disharmoniert – geradezu genial. Da sind die Leute um den Aussenminister, eine gut eingespielte Truppe, die sich flachsend foppen und professionell ihren Job tun. Dort die Botschaftsleute in Marokko, welche ihre Strippen ziehen, dabei aber übersehen, dass sich aus ihrer Mitte mit Kollege von Schröder ein Spinner entwickelt.

Gekonnt steuert Autor Wortmann auf den Showdown zu, legt Fährten, gibt Hinweise und eskaliert schliesslich ganz Hollywood-reif. «Komisch, tragisch, berührend, klug» nennt das Jan Weiler im Klappentext «Es gilt das gesprochene Wort». Und der Rest ist nicht Schweigen. Sondern genial.

 


Dienstag, 8. März 2022

In der Schweiz dröhnen die Kirchglocken - in der Ukraine die russischen Raketen

Der Schachzug der Klitschko-Brüder war smart. Sie riefen die Geistlichen Oberhäupter der Welt auf, in die Ukraine zu kommen. Mit so viel Unterstützung von ganz oben, würde sich der irre Putin kaum trauen, die ukrainische Hauptstadt anzugreifen. 

Die Idee war gut. Dem Aufruf gefolgt ist natürlich keiner der Heiligen. Dafür kamen die Schweizer Kirchen auf eine Super-Idee. Machen wir am 9. März doch ein Nationales Glockengeläut. Prima. Da freuen sich die Ukrainer bestimmt. In der Schweiz dröhnen die Kirchglocken. In der Ukraine die russischen Raketen. 

Ich habe daher die Schweizer Bischöfe angeschrieben. Ich zitiere mein Schreiben ans Bistum St. Gallen. Denn von dort kam die einzige Antwort:

Sehr geehrter Bischof Markus Büchel

Das Nationale Glockengeläut vom 9. März ist eine feine Sache.

Aber die Kirche kann mehr machen. Sie muss mehr machen.

Der Bürgermeister von Kiew hat den Papst aufgerufen, in die ukrainische Hauptstadt zu kommen.

Im Zweiten Weltkrieg hat der Papst weggeschaut. Machen auch Sie Ihr menschenmöglichstes, dass Papst Francisco nicht zu einem zweiten Pius XII wird.

Bitte leiten Sie den untenstehenden Text an den Heiligen Stuhl nach Rom weiter:
Padre Santo. El alcalde de Kiev te invitó. Por favor, vaya a Ucrania y haga todo lo posible para poner fin a esta guerra. La oración ya no ayuda. Una vez antes, un Papa miró hacia otro lado durante una guerra en Europa. Sé misericordioso.

Sechs Bischöfe gibt es in der Schweiz. Und noch einige Unter-Geordnete, wie zum Beispiel das Kloster Einsiedeln im Stand einer Abtei. 

Sechs Mails verschickt. Eine Antwort erhalten. 

Sehr geehrter Herr Del Fabro

Danke für Ihre Mitteilung. Die Kirchen sind bereits aktiv. So hat Papst Franziskus gestern Sonntag anlässlich des Angelus-Gebets den Konflikt in der Ukraine klar als Krieg und nicht als Militäroperation deklariert. Zudem hat er zwei Kardinäle in die Ukraine geschickt:

https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2022-03/papst-franziskus-appell-krieg-ukraine-russland-frieden-angelus.html

Papst Franziskus setzt sich ausserdem sehr intensiv beim russischen Patriarchen für dessen Einfluss auf Wladimir Putin ein. Auch hat der Papst, was in der Geschichte praktisch noch nie vorgekommen ist, persönlich bei der Russischen Botschaft am Heiligen Stuhl vorgesprochen: https://www.kath.ch/newsd/im-fiat-zur-russischen-botschaft-franziskus-bringt-seine-sorge-ueber-den-krieg-zum-ausdruck/. Der Krieg in der Ukraine wird an der Ordentlichen Versammlung der SBK diese Woche ein Thema sein.

Ein Beispiel der Direkthilfe aus unserem Bistum ist die Pfarrei Teufen, welche heute Montagabend zwei Busse nach Polen an die Grenze entsendet, um Flüchtlinge direkt in die Ostschweiz zu holen: https://kath-teufen.ch/aktuelles/news/gesucht-spontane-bereitschaft-ukrainische-familien-aufzunehmen

Zudem ist unser Bistum via der örtlichen Caritas St. Gallen-Appenzell mit Caritas Schweiz und weiteren Hilfswerken (wie die Schweizerische Flüchtlingshilfe) im ständigen Austausch. Hier ein FAQ zu den Unterstützungsmöglichkeiten über den Caritas-Kanal: https://www.caritas.ch/de/spenden/spenden/ukraine-wie-kann-ich-helfen-faq.html

Mit freundlichen Grüssen

Es ist besser als Nichts. Es ist trotzdem eine Schande. 

PS: Das Bistum Basel hat übrigens auch reagiert: 

Guten Tag Herr Del Fabro

Ihre Nachricht leite ich an Bischof Felix Gmür weiter.

Dienstag, 1. März 2022

Wenn Du fragst und niemand antwortet

Kommunikation mit Russland funktioniert selbst im Kleinen nicht mehr. Ich habe es probiert. Klar bin ich nur ein kleines Licht. Aber wenn man sich an die offiziellen russischen Niederlassungen in der Schweiz wendet, wäre doch eine Antwort das Mindeste.

Ich habe das Konsulat und die Botschaft in Bern angeschrieben:

«Russisches Botschafts- und Konsulatspersonal bittet die Schweiz um verstärkten Schutz. Das schreiben die Tamedia-Zeitungen. Es sei zu Bedrohungen gegenüber Botschaftsmitarbeitenden gekommen.

Ich habe einen Vorschlag Russian Ambassador: Stoppen Sie den Krieg in der Ukraine. Dann muss die Schweiz auch nicht Steuergeld verschleudern, um diplomatisches Personal eines Unrechtstaates zu schützen."

Reaktion? Keine.

Das geht nicht nur mir so. Das Online-Portal 20 Minuten hat über 30 russische Unternehmen in der Schweiz angefragt, doch die meisten gaben keine Antwort. Ein Statement gabs dafür von der schweizerisch-russischen Beratungsfirma Quorus. Man sei «zutiefst erschüttert und schockiert», so Isabelle Ganz von Quorus. «Wohin die Reise auch geht. «Wir schaffen Sicherheit» schreibt Quorus auf seiner Website.

Ich habe mich auch an Politiker gewendet:

"Liebe Mitglieder der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates. Ich bin Wähler und Bürger der Schweiz und ich erwarte, dass Sie als Politiker, als Politikerin ALLES was Sie haben, in die Waagschale werfen, um diesen Krieg zu stoppen. Warme Worte reichen nicht mehr.

Die Ukraine braucht Massnahmen. Handeln Sie."

Reaktion? Keine.

 

 

 

 

Freitag, 25. Februar 2022

Die Schweiz empört mich

Liebe Schweiz

Wir haben einen Deal. Du sorgst für meine Sicherheit. Ich sorge für Deine Liquidität. Als Steuerzahler unterstütze ich Dich jährlich mit meinem Obolus. Dafür erhalte ich viel zurück. Strassen. Schulen. Infrastruktur. Ich bin dankbar. 

Im Gegenzug beschützt Du mich. Egal ob ein Virus kommt. Oder ein feindlicher Aggressor. Das ist Dein Job.

Liebe Schweiz. Du hast mich einigermassen sicher durch die Pandemie gebracht. Du warst nicht immer sicher. Du warst wackelig. Aber Deine Massnahmen haben gewirkt. Auch wenn 13'073 Todesopfer zu beklagen sind. 

Bei der russischen Invasion auf die Ukraine versagst Du aber kläglich. "Schweiz will russische Konten nicht einfrieren" titelt der Spiegel.

Muss ich mich schämen, Schweizer zu sein? Dass Du in den 1930er und 1940er Jahren Angst vor Nazideutschland gehabt und Dich feige weggeduckt hast, kann ich noch verstehen. Im Norden die Nazis, im Süden das alliierte Italien.  

Aber jetzt? Der russische Aggressor ist weit weg. Dennoch duckst Du Dich weg. Pfui Schweiz. Du handelst nicht in meinem Sinn. Du handelst nicht im Sinn von Schweizerinnen und Schweizern mit einem Herz. Offizielle Schweiz, schäm Dich!

Freitag, 11. Februar 2022

Jack Reacher wie er stampft und schnaubt - nun auch als Serienfigur

Hulk ohne grün? Superman ohne Cape? Schauspieler Alan Ritchson wirkt auf den ersten Blick eher wie die viereckige Version eines Mannes. Und obwohl seine Filmografie schon 46 Credits aufweist, ist er mir noch nicht aufgefallen. Bis jetzt. 
Alan Ritchson (rechts) als Reacher. Eine Wucht. 

In der Amazon Prime-Serie "Reacher" tritt Ritchson als namensgebende Titelfigur auf. Wer nur die zwei Verfilmungen mit Superstar Tom Cruise kennt, wird enttäuscht sein. Wer aber - wie ich - alle Bücher von Lee Child kennt, klatscht begeistert wie ein Seehund. 
Yes Leute, GENAUSO wird der Ex-Militärpolizist Reacher in den Romanen beschrieben. Gross, breit, kantig. Ein untypischer Held ganz und gar. Zumal für unsere Zeit, wo jeder Ermittler auch noch einen psychischen Knacks hat. Jede Kommissarin mit Burnout oder Bulimie kämpft, jeder Bulle trinkt oder ständig flucht. 
Nicht so Reacher. Er löst seine Fälle natürlich mit Muckis, aber auch mit Köpfchen, dafür gänzlich ohne Dachschaden. 
Amazon Prime hat das auf deutsch genannte Buch "Grössenwahn" nun als 8teilige Serie inszeniert. Reacher wie er stampft und schnaubt. Er landet in Georgia im Städtchen Margrave und gerät alsbald in eine hübsche Verschwörung. 
Mich hats gepackt. Amazon kündigte indes eine zweite Staffel an. Good News. 

Freitag, 28. Januar 2022

Der Preis ist heiss

Mir fiel es erstmals in meinem Stammcafé auf. Nach dem Lockdown war der Cappuccino teurer geworden. Dafür hatte ich sogar noch irgendwie Verständnis. Die Gastronomen wollen wieder aufholen. 

Nun aber auch im Supermarkt. «In der Migros kosten 500 Gramm Espresso gemahlen 5.40 Franken statt wie früher 4.90 Franken. Auch Coop schlägt bei Bohnenkaffee um 10 bis 14 Prozent auf», schreibt der Tagesanzeiger.

Preiserhöhungen nur, wenn…

Warum? Schuld sind natürlich mal wieder «die anderen». Grund für die Preissteigerungen seien nämlich teurere Verpackungsmaterialien, sagt der Migros-Food-Chef im «Migros-Magazin». Und beteuert: «Preiserhöhungen gibt es nur, wenn es sich absolut nicht vermeiden lässt.»

Wir Konsumenten spüren das. Aber auch Promarca, der Verband der Schweizer Markenartikelhersteller. Da sind Anbieter gebündelt wie Nestlé, Hero oder Ricola. «Die Lieferanten stehen in der Schweiz noch mehr unter Druck als in anderen Ländern Europas», sagt Anastasia Li-Treyer von Promarca.

Plastik? Plastik!

Zu den oben genannt «teureren Verpackungsmaterialien» zählen die Grossverteiler auch Plastik. Was für ein Hohn. Anstatt dem Plastik endlich den Verpackungs-Garaus zu machen, wird der Preisanstieg ausgerechnet mit diesem ökologischen Unsinn gerechtfertigt.

Ich bin fassungslos. Aber immerhin führt mich mein nächster Einkaufstrip dann doch lieber zum Bioladen, dem Wochenmarkt oder zur Tante Emma.


Samstag, 15. Januar 2022

Die Will Smith-Biographie: dickes Buch, fades Süppchen

Kennst Du Will Smith? Vermutlich nicht persönlich. Aber seine Filme (und/oder seine Musik) wirst Du kennen. 
Seine Filme gehören zur "gehobenen Unterhaltung". Mehr nicht. Sie - und damit Will Smith - hinterlassen kaum Spuren. Natürlich sind "Men in Black" oder "Bad Boys" ulkige Meisterwerke. 
Leider haben Hollywood und ihr einstiger Kassenmagnet Smith den Fehler gemacht, diesen Filmen Fortsetzungen folgen zu lassen. Blieb sich die Men in Black-Reihe noch einigermassen treu, verpuffte die Bad Boys-Energie in Teil 3 "Bad Boys for Life" endgültig. 
Ich mag unterhaltende Action-Komödien. Aber Bad Boys for Life mochte ich nicht mal mehr zu Ende schauen. Derart öde und fantasielos.
Und das passt in Will Smith's Karriere. War er in den 2000er-Jahren noch DER Hollywood-Hotshot, scheint sein Stern bereits wieder zu verglühen. Er floppte in "After Earth" oder "Gemini Man". Viele aktuellere Filme erreichen kaum mehr mittlere Flughöhe, abgesehen von "Aladdin", der mehr als 1 Milliarde einspielte. 
Passend zu seinem Sinkflug legt Will Smith eine Autobiographie vor. Auf mehr als 500 Seiten breitet uns Willard Carroll Smith sein an sich spektakuläres Leben aus. Vom einfachen Kid aus Philadelphie zum Hip Hop-Star zum Fernsehhelden zum Hollywood-Überflieger. Was für eine Helden-Story. Was für ein Flop-Buch. Es ist ein einziger Ego-Trip. "Ich, der grösste Schauspieler" oder "Ich, der beste Ehemann" oder "Ich, der genialste Daddy". Ich! Ich! Ich! 
Und so ging es mir mit dem Buch, wie einst mit den Bad Boys. Nicht zu Ende konsumiert. Lohnt sich nicht. Schade drum. 

Montag, 10. Januar 2022

Es war einmal ein Popstar namens Falco

«Vor der Kamera kann ich alles. Im Leben nichts.» Dieses Zitat wird Romy Schneider zugeschrieben. Ein Satz, den auch Falco gesagt haben könnte. Als Popsänger erfolgreich, verehrt bis heute, als Mensch jedoch ein Getriebener.

Dem Musiker und der Schauspielerin ausserdem gemein ist der frühe und merkwürdige Tod. Sie starb mit 43, er mit 41. Sie offiziell an einem «Herzinfarkt», er offiziell bei einem Autounfall.

Dass aus Falco aber noch viel mehr hätte werden können, als der grösste deutschsprachige Popstar der 1980er wird klar, wenn du das Buch "Falco - Die Wahrheit" liest. Geschrieben hat es der langjährige Falco-Manager Horst Bork. Er schont sich und den grossen Star nicht. 

Der Sänger mit bürgerlichem Namen Johann Hölzel starb 13 Tage vor seinem 41. Geburtstag. Und so könnte man sagen, es geziemt sich nicht, schlecht über einen Verstorbenen zu reden oder zu schreiben. 

Das tut der Autor mitnichten. Horst Bork unterlässt es nicht, die vielen guten Momente und der kreativen Energie des Sängers ausführlich Raum zu geben. Nur verschenkte Falco alias Hans sein Talent an seine - leider - besten Freunde Whiskey oder Aufputschtabletten. Und so liess er viele grosse Chancen verstreichen. Sogar ein Duett mit Madonna kam nicht zustande. 

Die grössten Erfolge Falcos wurden vom holländischen Brüderpaar Bolland&Bolland produziert. Bis den geduldigen Niederländern der Faden riss und sie Sänger mitsamt Manager regelrecht auf die Strasse warfen.

Ein beschämender Moment für Bork, der die Szene dramatisch und empathisch beschreibt. Und sich davon nicht mehr erholte. Denn sie war der Anfang vom Ende der Zusammenarbeit mit Falco. Fünf Jahre später starb der Sänger.

Seine grossen Hits bleiben unvergesslich: "Rock me Amadeus" oder "Der Kommissar" und "Vienna Calling" und natürlich auch das heute etwas anrüchig tönende "Jeanny".

 

 


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