Freitag, 31. März 2017

The Englishman war in Zürich - danke Sting

Ach Sting, da spielt die Vorband und plötzlich tauchst Du auf und singst ein bisschen mit. Nicht alle im Publikum haben das wohl bemerkt. Solche Dinge machen halt nur die ganz Grossen. Du bist natürlich einer davon.
Als Du in den späten 80ern Deinen Riesenhit "Englishman in New York" hattest, war ich ein paar Monate darauf selber im Big Apple. Wie in Deinem Videoclip waren auch bei mir die Strassen tief verschneit und wie Du, bin ich mit einem langen Mantel durch Manhatten gestapft. Für einen kleinen Moment fühlte ich mich wie der Swissman in New York. 

Ich fühle mich geehrt - die Ehre ist ganz Unsere

Jetzt warst Du wieder in Zürich. In "meiner" Stadt also und "Englishman" stand schon an dritter Konzertstelle. Und dann die vielen Police-Hits; "Roxanne" oder "Every breath you take". Du hattest das Publikum schnell im Griff. Ganz im Gegensatz zur schnuckligen Amy MacDonald, die an gleicher Konzertstätte nur zwei Wochen vorher um die Zuneigung der Leute fast schon betteln musste, hast Du Deine Fans im Griff. Wir singen mit und dann hast Du die Geschichte aus London erzählt, wie die Leute dort die Texte nicht so gut kannten, wie die Schweizer. Und wie Dich das ehrt. Das ehrt natürlich wiederum uns. 
Ach Sting, Du guter, alter Rocker. Junge, komm bald wieder. Der Englishman war in Zürich. So long. 



Donnerstag, 30. März 2017

SKANDAL!!! Tattoo-Reporterin interviewt Innenminister

Man stelle sich folgendes Szenario vor: dem deutschen Innenminister Thomas de Maizière würde an einer Veranstaltung ein Fernsehmikrofon von einer tätowierten Reporterin unter die Nase gehalten. Wie hoch würde die deutsche Empörungswelle wohl schwappen? Ich wage mal die Prognose; gar nicht.
Ganz anders in der beschaulichen Schweiz. Da erdreistet sich doch eine Dame namens Bettina Bestgen dem Schweizer Innenminister Alain Berset einen tätowierten Arm entgegen zu strecken. Und die Folge ist ein medialer Pro- und Kontra-Storm. Besonders kräftig haute der Boulevard-Journalist René Hildbrand drauf. "Eine so überladen «bemalte» Moderatorin lässt man nicht an einen Bundesrat (=Mitglied der Schweizer Regierung) ran."
Damit war die Entrüstungswelle losgetreten. In den Online-Foren gings hoch her:
-      "Herr Hildbrand soll die Öffentlichkeit nicht mit seinem spiessigen Tattoo-Geschmack langweilen."
-      "In welcher Zeit leben Sie denn Herr Hildbrand?"
-      "Offensichtlich schauen Sie TV mit einem 67er Telefunken-Gerät."
-      "Sie schreiben menschenverachtend."
-      "So etwas Despektierliches habe ich schon lange nicht mehr gelesen."
-      "Die Kritik von Hildebrand ist ebenso lächerlich wie das Bestreben mancher Leute, sich mittels Tattoos besonders interessant zu machen..."

Das Paradies der Glücksseeligen

Aus dem Tattoo-Skandal wurde ein medialer Flächenbrand. Der kritisierte Hildbrand musste nun selber Interviews geben: "In keinem einzigen deutschen Sender, nicht einmal bei RTL II, findet man Moderatorinnen, deren Tattoos so offen zur Schau stehen."

Punktlandung für diesen Online-Kommentar: "Beneidenswert das Land, das keine ernsthafte Probleme hat – wenn hier Diskussionen um ein solches Null-Problem wie diese Tätowierungen stattfinden leben wir wirklich in einem Paradies der Glücksseeligen."

Und die Moral der Geschicht? Der helvetische Innenminister ist nun Twitter-Follower der Tattoo-Reporterin. Tja, die Schweizer.....




Mittwoch, 29. März 2017

Genial oder banal? Die 3-Wochen-Reise in den gleichen Klamotten

Sie bezeichnet sich als "schiefmäulig", ich finde ihren Reise-Stil "schräg". Aber nicht unoriginell. Ohne Sack und Pack reiste Clara mit dem eben auf einer Online-Plattform kennen gelernten Jeff durch Europa. "Mein Zuhause erwartet mich mit einem Kleiderschrank voller Kleider, einer Dusche voll Shampoo und stapelweise frischer Unterwäsche. Dennoch hatte mich die neu entdeckte Sehnsucht überkommen, heimzukommen und mein Apartment von jedem Gegenstand zu säubern, der nicht in die Kategorien "beglückend" oder "praktisch" fiel." Wir sind fast auf der letzten Seite von "No Baggage" der Amerikanerin Clara Bensen angekommen. 

Wie nackt auf der Party

Etwa 270 Seiten zuvor fühlte sie sich noch unsicher:  "Ohne Gepäck auf einem Flughafen herumzustehen hat viel von dem Traum, im den man auf einer Party auftaucht und feststellt, dass man als Einzige vergessen hat, sich anzuziehen." Egal ob Athen, Edinburgh oder Budapest; Clara trägt stets ihr grünes Kleidchen und Riemensandalen, Jeff rote Chinos, Streifenshirt und Hut.  
Ja, diese Idee ist seltsam und das Buch ist auch nicht rasend interessant geschrieben. Aber lustig zu lesen war es schon. Denn das Duo reiste nicht nur ohne Gepäck, sondern auch ohne Plan. Definiert waren bloss Startpunkt Istanbul und Heimflughafen London. Dazwischen lag das Abenteuer. 
Egal ob Dubrovnik, London oder Istanbul; sie in grün, er als Streifenhörnchenwww.clarabensen.com

Clara und Jeff könnten auch mich inspirieren. Denn wenn ich reise, ist mein Gepäck viel zu prall gefüllt und ich nehme Dinge mit, die ich nie brauche. Wäre doch mal was, zu reisen bloss mit Schirme, Charme und Melone. 

Dienstag, 28. März 2017

Schabernackstadt Winterthur

Der König der Tiere ist ein Winterthurer. 
Die Stadt ist alt. Schon zur Bronzezeit - also vor mehr als 4'000 Jahren - gab es eine Siedlung. Dann kamen die Römer. Dann die Industrie. Dann die Menschen. Heute hat Winterthur am fünftmeisten Zugpassagiere, am sechstmeisten Einwohner, das bekannteste Comedyhaus der Schweiz, die grösste Museensammlung, 1 Nobelpreisträger und mit Albert Einstein einen weltberühmten Ex-Bewohner. 
Eine stolze Stadt also mit einem nicht minder stolzen Wappentier. Aber der rote Winterthurer Löwe kann sich nicht mehr setzen. Aus Spargründen hat die Stadt nämlich begonnen, 40 Parkbänke abzumontieren. Das zuständige Amt heisst "Stadtgrün" und entfernt "verzichtbare Einrichtungen auf öffentlichen Plätzen". 

40 Parkbänke weniger = Einsparungen in der Höhe 10'000 Franken

Winterthur - das Armenhaus der Schweiz? Für 2017 rechnet die Stadt mit Einnahmen in der Höhe von 1,294 Milliarden Franken. Arm ist anders. Denn die zu erwartenden Ausgaben seien tiefer, ergo wird die Löwenstadt einen Gewinn machen.
Aber damit? Mit Parkbänken entfernen? 
"Wir haben eine ausgesprochen hohe Lebensqualität" jubelt sich die Stadt auf ihrer eigenen Website fröhlich zu. 



Der Winterthurer Lion sleeps tonight und schleicht in die "Schäm-Dich-Ecke". Hinsetzen kann er sich nicht mehr. Höchstens auf seinen eigenen Popo, aber seine einstige Lieblingsbank? Aus Spargründen weg gemacht. Rooar.
Da bekommt die Wahlwerbung eines Kandidaten für den Winterthurer Stadtrat ja mal ne ganz neue Bedeutung....

Als gebürtiger Winterthur bleibt mir leider nur das traurige Fazit: Schabernackstadt Winterthur. 

Beten für Lawinenopfer - Verachtung für Kriegsopfer

In dieser Geschichte spielt Schnee die entscheidende Rolle. Zunächst in der gepressten und gefährlichen Form einer Lawine. Mitte März starben in in den österreichischen Alpen vier Männer aus dem Schweizer Kanton Aargau. Zur Abdankungsfeier kamen 1200 Menschen im 3900 Seelen-Nest Brittnau zusammen. Drei der vier Opfer stammen aus diesem Aargauer Dorf, der vierte aus einem Nachbarort. Eine schöne Geste. In der Not stehen sie zusammen, die wackeren Brittnauer. Aber - und hier kommt jetzt Schnee Teil 2 - ins Spiel, die Not vereint nur in der Gemeinsamkeit. 
Auf der Flucht vor den Schlittelkindern. 
Rückblende: Im Herbst 2015 sollte das Dorf Flüchtlinge aufnehmen. Wo Brittnau sich nun überhaupt nicht von anderen Kommunen unterschied, war im Widerstand. Es würde zu laut, zu gefährlich, es kämen zu viele Fremde. Die normalen Angst-Parolen halt. Als der Gemeinderat sich dann für einen Standort der Unterkunft entschieden hatte, hiess es an einer Info-Veranstaltung tatsächlich: «Die Kinder verlieren ihren Schlittelhügel», warnte eine Anwohnerin. In Brittnau sei jeder kleinste Hügel verbaut. Nur bei der Schulanlage könnten die Kinder noch schlitteln und die geplante Container-Siedlung verkürze den Auslauf deutlich. 

Was für ein Hohn

Natürlich ist die Schweiz ein Alpenland. Und natürlich sollen sich die Kinder austoben dürfen. Aber selbst im Alpenland ist der Klimawandel angekommen, werden die schneereichen Winter kürzer, wird das Ski- und Schlittelvergnügen immer seltener, zumal das vermeintliche Schlittelparadies Brittnau überhaupt nicht alpin gelegen, sondern gerade mal 50 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt ist. Aber in der Abwehrhaltung gegenüber Menschen in Not greift der Widerstand zu immer absurderen Argumenten. 
"Mis Dorf" gilt nicht für alle.
Der Kanton als übergeordnete Instanz blieb hart und wies dem Örtchen Asylsuchende zu. Damit diese nicht in unterirdischen Anlagen leben mussten, sammelten wackere Bürger zwar noch mutig Unterschriften für Wohncontainer und es kam zur Volksabstimmung. Doch die Mehrheit reagierte stur, lehnte das Ansinnen ab. 
Wir stellen fest: für vier Lawinenopfer - so tragisch das Unglück ist - kommen 1200 Betroffene zu einer Abschiedsfeier zusammen und zeigen viel Herz. 
Für Menschen auf der Flucht verschliessen die Brittnauer ihr Herz. Schlittelkinder sind wichtiger.
Und die Moral der Geschicht? Der Dorfslogan heisst "Brittnau - Mis Dorf". So lange man ein aufrechter Steuerzahler ist, ist Brittnau "Mein Dorf". Ansonsten.....



Gemäss aktueller Statistik leben 3878 Menschen in Brittnau. Knapp 10% haben keinen Schweizer Pass. Damit liegt der Ort weit unter dem Landesschnitt. Fast ein Viertel aller in der Schweiz lebenden Menschen sind Ausländer. Und je weniger Ausländer wo leben, umso grösser die Aversionen. Müssig zu erwähnen, dass das Kaff einen der höchsten Steuersätze im Kanton hat und entsprechend üppig mit Ausgleichsgeldern gefüttert wird?

Sonntag, 26. März 2017

Yes, we can! Was erlauben Francis Underwood?

Geschafft. Auch die 4. Staffel "House of Cards" angeguckt. Und weiterhin total fasziniert von den brutal geschliffenen Dialogen, Macbeth-artigen Intrigen, tiefgründigen Einblicken. Selbst Ex-Präsidenten wie Bill Clinton oder Barack Obama attestieren der Serie eine hohe Plausibilität, auch wenn Obama gesagt haben soll, so spannend sei Washington dann auch wieder nicht.
Die fünfte Staffel ist in Vorbereitung und wir Fans dürfen uns freuen. Was Frank und Claire Underwood bisher für ein Netz gesponnen haben, ist einzigartig. Da schrumpft sogar der einstige TV-Oberbösewicht J.R. Ewing auf seiner popligen Southfork-Ranch bei Dallas auf die Grösse eines Hobbits. Aber die Underwoods haben mit dem Weissen Haus und der Weltpolitik natürlich auch die grösstmögliche Bühne gekriegt. 
Nur ganz wenige Figuren trauen sich überhaupt, dem narzisstischen Präsidenten die Stirne zu bieten. Freddy, der Gärtner ist so einer:

Immer dann, wenn man den nimmersatten Intriganten Frank Underwood am Boden wähnt, rappelt er sich wieder auf. Im Finale der 4. Staffel scheint sein Ende besiegelt. Aber seine Ehefrau Claire - gegen die ein Kühlschrank ein Hochsommer ist - schafft es, ihn mit ein paar ganz wenigen Sätzen wieder aufzupumpen. Und mitten in dieser Fast-Schluss-Szene begeht Francis Underwood einen der grössten Freveleien überhaupt in der Geschichte von Fernseh-Serien. Er missbraucht den legendären Obama-Slogan:
Yes we can aus dem Mund des Psychopathen im Weissen Haus? Schlimmer geht nimmer. Oder doch? Staffel 5 ist in Vorbereitung. Was erlauben sich Francis Underwood noch? 

Donnerstag, 23. März 2017

Die Schweiz ist auch Fussball-Weltmeister; unsere Reporter sind einfach die Besten

Wuuuäää; schon wieder keine gelbe Karte in der Post.
Ach Fussball-Deutschland, wie beneide ich Dich. Nicht nur um Deine Weltmeister. Sondern auch um Deine Béla Réthys, Tom Bartels, Marcel Reifs, Oliver Schmidts. Wie sich die Herren elegant um jede Phrase dribbeln. Ein Hochgenuss. Denn; gäbe es für die "meisten Floskeln pro 90 Minuten" einen Pokal, dann wären wir Schweizer Dauer-Weltmeister. Deutschland hat den Dribbler-König Mesut Özil, wir den Phrasen-Master Sascha Ruefer, Sportreporter und Kommentator der Schweizer Fussballnationalmannschaft. Müsterchen?
Die Dauerbrenner:
Spiel wird angepfiffen: "Los gehts." 
Gastgeber am Ball: "Das Heimteam......"
Trainer im Bild: "Der Trainer ist nachdenklich/zufrieden/nervös....."
Bei Wiederholung: "Hier noch einmal."
Stürmer Haris Seferovic: "Der Mann aus Sursee."
Gastgeber am Ball: "Das Heimteam....." Habe ich schon erwähnt? 

Das ist Fernsehen für Blinde!

Aber was aus unserem National-Reporter den Weltmeister-Reporter macht, ist seine Lieblingsfloskel. Sie kommt immer dann, wenn der Schiedsrichter eine Karte zückt. "Gelbe Karte an die Adresse von...." Kruxifix; welcher Fussballer rennt mit dem Briefkasten über den Platz? Das muss der Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde sein. Es ist kaum möglich, dass ein anderer Reporter im Universum diese "...Karte an die Adresse von..." öfter sagt.
Weltmeister Ruefer hat in einem Interview betont: „Zu behaupten, Kritik würde mich nicht interessieren, wäre gelogen. Wenn sich Leute bei mir melden und ihre Kritik anständig und sachlich kundtun, hör ich sehr gern hin.“ In der Fussballsprache ist das eine Steilpass. Den habe ich angenommen und dem Master via Facebook geschrieben. „Grüezi Herr Ruefer, mir gefällt Ihre Art zu kommentiere und ich finde es toll, wie Sie mitjubeln. Die beiden späten Tore damals in der WM-Quali gegen Griechenland und Ihr Ausflippen – Hühnerhaut. Anderseits, lieber Herr Ruefer, in Ihrem Repertoire finden sich Standard-Floskeln, wären Sie Gast im Doppelpass auf Sport 1, das Phrasenschwein würde explodieren.“ 
Welches Schweinderl hätten's denn gern? 
Obwohl ich keine Antwort erhalten habe (was Wunder), habe ich es nach einem Champions League-Abend nochmals probiert: „Nur mal schnell reinzappen. Und schon rennen der Streller und der Freuler wieder mit dem Briefkasten umgeschnallt übers Feld. Gelbe Karte und rote Karte an die Adresse von.... Ja gut, so sei es halt. Zum Glück kommen dann wenigstens die Schweizer WM-Spiele auch in ARD/ZDF oder zur Not im ORF. Guet Nacht Briefchaschte. Stefan Del Fabro“.Reaktion? Natürlich wiederum keine. Ich greife jetzt ganz, ganz tief in die inhaltliche Trickkiste und zücke die gelbe Karte an die Adresse von Sascha Ruefer. 






Adress-Änderung bei der Versicherung - das gibt Schnapp-Atmung


"Guten Tag, ich möchte Ihnen eine Adress-Änderung bekannt geben."
"Gerne. Wo wohnen Sie nun?"
"Die neue Adresse lautet......."
"Ist notiert. Danke für den Anruf. Dürfen wir bei der Gelegenheit unseren Berater bei Ihnen vorbeischicken?"
¨"Ah. Wozu?"
"Optimieren der Versicherungs-Police. Das ist bei uns Standard."
"Nein danke. Ich wollte Ihnen nur meine neue Adresse bekannt geben."
"Sind Sie sicher?"
"Wobei?"
"Unser Berater wäre nämlich morgen ganz in Ihrer Nähe. Ein Beratung dauert auch nur 20 Minuten."
"Hören Sie. Meine Antwort lautet: NEIN. Okay?"

Drei Wochen später.

"Guten Tag, ich habe Ihnen vor drei Wochen eine Adress-Änderung durch gegeben. Da ist wohl etwas Durcheinander geraten."
"Das tut mir sehr leid. Was stimmt denn nicht?"
"Der Name meiner Frau fehlt nun auf der Versicherungs-Police. Und die Adresse ist teilweise falsch. Kann ich Ihnen die korrekten Angaben jetzt mitteilen?"
"Selbstverständlich. Wie lautet die neue Adresse? Und Ihre Frau heisst.... Moment mal...."
"Sie heisst..."
"Ah ja, jetzt seh ich's. Entschuldigen Sie nochmals. Der Fehler liegt natürlich bei uns. Wir korrigieren das und senden Ihnen die Unterlagen nochmals zu."
"Das ist freundlich. Vielen Dank."
"Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie fragen, ob Sie Interesse an einer Beratung hätten?"
¨"Äh. Was?"
"Wir könnten Ihre Police optimieren und dazu...."
"Nein danke, da habe ich kein Interesse."
"Unser Berater ist nämlich morgen ganz in Ihrer Nähe."
"Wie gesagt. Besten Dank, aber nein."
"Wir haben inzwischen unser Portfolio angepasst und ich bin sicher, für Sie findet sich...."
"Sie bringen mich da auf eine gute Idee."
"Gerne."
"Ich kündige hiermit meine Versicherung bei Ihnen auf."
"Das geht leider nicht."
"Und warum?"
"Ihr Vertrag läuft bis 2020."









Mittwoch, 22. März 2017

Tut gut, macht Mut - Meike Winnemuth

Ich ziehe den Hut, Meike Winnemuth, was für ein geniale Wörter-Flut, da kriegen alle Pessimisten die Tollwut, die Optimisten den Wagemut und darauf trinke ich nun einen Wermut. Tut gut.

Frech - simpel - kitschig - ehrlich

Bei Günther Jauch gewinnt sie eine halbe Million Euro. Damit reist sie um die Welt und lebt jeden Monat in einer anderen Stadt; Addis Abeba, Buenos Aires, Barcelona, Havanna, Honolulu, Kopenhagen, London, Mumbai, San Francisco, Shanghai, Sydney, Tel Aviv. Sie schreibt „Das grosse Los“. Dann legt sie nach mit „Um es kurz zu machen“ und darin ist sie einmal mehr ehrlich, kitschig, rührselig, frech oder simpel.

Schwein schlachten - reich werden

Dank diesem Buch bin ich reich geworden. Naja, zumindest halbreich. Die Autorin schreibt nämlich: „Zu meinen liebsten Jahresendritualen gehört das Leeren meines Sparschweins. Ganz recht: Sparschwein. Das mit Abstand hässlichste Ding in meiner Wohnung. In das Schwein wandert seit Jahren konsequent jede 2-€-Münze. Auf diese Weise kommt ganz hübsch was zusammen.“
Ich habe gestutzt; was Blödsinn? So was bringt doch nix. Und habe es selber ausprobiert mit 2 Franken-Stücken. In nur einem Jahr sind aus meinem Schwein 330 Franken gepurzelt. 
Mein Schweinderl heisst übrigens Bartosch und ist auch gar nicht hässlich. Meike Winnemuth tut also sogar saugut. 

Dienstag, 21. März 2017

Ich war noch einmal in New York - und rannte im Kreis

In der Stadt die nie schläft, bin ich auf der Suche nach meiner Unterkunft. "New York ist leicht, da findest Du Dich gut zurecht." Ja, Freunde in Manhattan. Ich aber tappe durch Queens. Im Stadtteil Astoria habe ich dank Airbnb eine nette Unterkunft gefunden. Meine Vermieterin Kerry hat mich noch gewarnt. "Es wird nicht einfach". Worauf ich gelacht habe. "New York ist leicht....". 
Mit der U-Bahn bin ich aus Manhattan gekommen, auf dem Handy-Display leuchtet mir Kerrys Strasse entgegen. 30th Drive. Das muss gleich da vorne sein. Ich schleppe mein Rollköfferchen über den unebenen Gehsteig der 21st Street, dann rechts - und bleibe abrupt stehen. Shit. Das ist gar nicht der 30th Drive. Sondern die 30th Avenue. 
Nochmals der Blick auf den winzigen Smartphone-Monitor. Grossgescrollt. Okay, dann halt die Nächste. Das Rumpelköfferchen und ich schleppen uns weiter die 21st Street hoch, dann wieder nach recht - und bin prompt schon wieder falsch. Hier ist die 30th Road. Ich verliere den Überblick. Aber nicht die Nerven. Macht ja irgendwie auch Spass. 

Was für ein absurde Strassen-Beschilderung

Kerry aber wohnt im 30th Drive. Das ist ein weiterer Häuserblock entfernt. Wer hat sich bloss diesen Strassen-Unfug ausgedacht? Die Ghostbusters? 
Als ich endlich bei Kerry eintreffe, lacht sie bloss. "Du hast geschrieben, New York ist leicht. Woher kommst Du schon wieder?". 1:0 für Kerry. 


Sonntag, 19. März 2017

Wer "nichts wird, wird Wirt" - und so wurde ich mit Nichts-Tun quasi Wirt

Die kleine Kneipe lag nicht mal im gleichen Stadtteil. Dennoch hatten wir etwas gemeinsam. Eine fast ähnliche Telefonnummer nämlich und so bekam ich viele Anrufe, die aber eigentlich an das Restaurant gehen sollten. 
Das hätte ganz lustig sein können. War es zu Beginn auch. Aber schnell fiel mir auf; entweder musste das eine total verruchte Spelunke sein oder sie hatte das Pech, die unhöflichsten Leute der Stadt als Gäste zu haben. Im scharfen Kommandoton, wurde reserviert, bestellt, geordert.

Ja klar, Tisch ist reserviert

Das ging dann so: Mein Telefon klingelt, ich geh ran, sag laut und deutlich meinen Namen, der nun rein gar nichts mit einem Restaurant zu tun hat. Und aus dem Hörer kommt ein heftiges Bellen.
"Ich bestelle für das Mittagessen einen Tisch für vier Personen."
Kein Zögern, kein Stutzen, kein "Äh, ist hier nicht Restaurant Sowieso?".
Anfangs war ich noch freundlich, erklärte das Missverständnis. Aber meine Freundlichkeit wurde auf die immer härtere Probe gestellt. Und so begann ich zu sagen: "Ja klar, Tisch ist reserviert."

Ich köpfte das Ei - und nahm weitere Reservierungen an

Am lustigsten fand ich diejenigen Anrufer, die auf meinem Anrufbeantworter eine Nachricht hinterliessen. Kasernenton inklusive. 
Es dauerte eine ganze Weile, bis ich verstand, was da passierte. Ein Restaurant hatte fast die gleiche Telefonnummer wie ich. Ausser, dass zwei Zahlen andersrum waren. Also 43 anstatt 34 oder so. Und so landeten die hungrigen Flegel bei mir. 
Als ich das Lokal informierte, luden Sie mich als Entschädigung zum Brunchen ein. Was ich gerne annahm. Ich bekam dann allerdings nur "das kleine Frühstück. Wenn das okay ist?" Natürlich war es nicht okay. Aber was sollte ich schon tun? Hmmm....ich köpfte mein Ei, ging nach Hause und nahm weiterhin Tisch-Reservierungen entgegen. "Ja klar, der Tisch ist reserviert."

Samstag, 18. März 2017

Ich bin dann mal hin und weg; thanks Amy MacDonald

Ihr Sing-Englisch ist knuffig, ihr Sprech-Schottisch überraschend leicht verständlich und das macht ein Konzert erst zu einem Amy MacDonald-Konzert. Ich habe die herzige und noch nicht 30jährige Schottin eben zum zweiten Mal gesehen und bin zum zweiten Mal hin und weg. Ihre grossen, staunenden Augen schauen ins Publikum, als ob es ihr ein Rätsel wäre, dass die Masse alleine wegen ihr gekommen ist. Yes Amy, it's because of you. 

Amy wie sie singt und lacht

Sie redet über House of Cards, Andy Murray, Fussball und singt dann immer wieder ihre kleinen und grossen Hits. Das Publikum braucht etwas Zeit um mit dem Tempo des Energiebündels mitzugehen, was der Sängerin auch auffällt. "Was ist los mit Euch", bellt sie ins Publikum und als gegen Ende des Konzerts die ersten Zuschauer den Saal verlassen, ruft sie denen zu "Hey, wo geht Ihr hin, ist noch nicht fertig". 
Wie so viele andere Pop-Ladys vor ihr, ist auch sie kometenhaft aufgestiegen. Vor 10 Jahren eroberte sie die Charts und Herzen mit Mr. Rock'n'Roll. Aber im Gegensatz zu anderen One Hit-Pop-Sternchen hält sich die Sängerin on the top. Mein Lieblingssong ist und bleibt "This Pretty Face". Ein schönes Gesicht nützt Dir gar nichts, es geht darum, was von Innen, von Herzen kommt. Würden sich Taylor Swift, Lily Allen, Selena Gomez oder Kate Perry trauen, sowas zu singen? Leider leider hatte Amy ausgerechnet diesen Song nicht auf ihrer Zürich-Setlist. 
Jetzt ist Amy MacDonald wieder in Zürich aufgetreten. Ausgerechnet in der Stadt, in der sie 2012 einen Zusammenbruch erlitten hat. Ihre weiteren Tourneedaten damals mussten ausgesetzt werden. 
Amy hat die Schweiz bereits wieder verlassen. Thanks a lot, Lady Rock'n'Roll. Aber sie kommt wieder. Im Juli spielt sie in Murten, dann in Locarno. 
http://www.amymacdonald.co.uk/live/

Donnerstag, 16. März 2017

War das eben der teuerste O-Saft der Welt?

Genau. Man gönnt sich ja sonst nix. Ein feines Glas O-Saft, schön frisch gepresst. Die Kneipe sieht nett aus, klein, gemütlich. Passt. 
Der erste Schluck. Köstlich. 
Der zweite. Fantastisch. 
Die Rechnung. Der Schock. 
12 Franken 20. Oder 11 Euro 40. 
Nun die 11€40-Frage, wo war das?
a) Champs-Elysée Paris
b) Fifth Avenue New York
c) Königsallee Düsseldorf
d) Wiedikon Zürich

Na?

Prag ist keine Reise wert. Nicht mal ein 5-min-Reislein

Prag nicht sehen und dafür länger leben. 
48 Stunden war ich in Prag und in dieser kurzen Zeit wurde ich beklaut, belogen, beschissen. Nein Freunde, die tschechische Hauptstadt ist nicht mal einen 5-Minuten-Trip wert. Don't go there. 
Prag, die goldene Stadt? Auf den Fotos mag ja alles pittoresk aussehen und von den Marketing-Fuzzis auch entsprechend bezeichnet werden. In Realität ist die Stadt heruntergekommen, die Trams rattern nicht charmant über die Kopfsteinpflaster-Strassen, sondern scheppern, das berühmte Bier ist nicht lecker, sondern dünn und die legendäre Prager Burg mag ja eindrucksvoll aussehen. Aber solche Steinhaufen haben auch weniger bekannte Städte zu bieten.
Apropos Burg; die Fahrt mit dem Taxi kostete umgerechnet 20 Euro. Als ich die Rückfahrt antreten wollte, fragte ich den Taxifahrer, ob 20 Euro okay seien? Nö! Er wollte 40. Also stieg ich wieder aus und wandte mich dem nächsten Taxi in der Reihe zu. Mein Fahrer stieg ebenfalls aus, rief dem anderen Fahrer etwas in tschechisch zu, und - bevor ich mich auch nur in die Verhandlung einschalten konnte - kostete es auch bei Fahrer zwei TATATA!!! 40€. Haha, echt lustig.
Wieder in der ätzend-pittoresken Altstadt angekommen steuerte ich ein Restaurant an und fragte den Kellner, ob ich als Vegetarier auch etwas ohne Fleisch bekomme. Seine Antwort: No.
Am Abend wurde ich von einem aufdringlichen Roma-Mädchen beklaut und dann war mein Bedarf gedeckt. 
Wie heisst es so schön? Rom sehen und sterben. Ich sage: Prag nicht sehen und dafür länger leben. 
Das Beste an Prag war dann der Flughafen. Bloss wieder weg hier. Dobrý riddance Praha.

Mittwoch, 15. März 2017

Besserwisser Horst trifft auf den schlagfertigen Urs oder ein (wahrer) Dialog zwischen Germanen und Helvetier

Viele Zürcher hätten's gerne, manche Deutsche glauben es... 
Heidi, eine Österreicherin? 
Zürich, die Hauptstadt?
Tilsiter, der perfekte Fondue-Käse?
Winterthur, eine Versicherung? (*)
Alles Quatsch natürlich.
Deutsche sind oft erschreckend schlecht informiert über die Schweiz. Immerhin sind wir eines der Nachbarländer. Allerdings hat Deutschland neun Nachbarn, während wir nur vier (und wenn wir den Zwergstaat Liechtenstein dazu zählen fünf) Nachbarstaaten haben.
Schweizer wissen in der Regel mehr über Deutschland als umgekehrt. Das ist einfach zu erklären. Während wir in der Helvetier auch deutsche TV-Sender empfangen, ist das umgekehrt kaum der Fall. Also kennt ein Schweizer eher Orte wie Wuppertal, Chemnitz oder Hoffenheim, als dass ein Deutscher nur schon mal von Biel oder Wil gehört haben könnte. Wir kennen Alexander Bommes, während Deutsche rätseln zu welcher Religionsgruppe Roman Kilchsperger gehören könnte. 

Manchmal allerdings geht das deutsche Wissen verblüffend, oder wie ich einmal selber erleben durfte, ärgerlich weit. Folgende Situation im Land der Alemannen; eine nette Runde sitzt zusammen, Kuchen bei Freunden, da schaut mich einer an:
„Aha, Du bist also Schweizer?“
Ich nicke, lächle freundlich, esse Kuchen.
„Die Schweizer sind doch immer so schrecklich langsam“, mischt sich eine Frau ein.
Ich nicke, lächle nicht mehr ganz so freundlich, esse Kuchen.„Ist die Schweiz nicht das Land, wo das Frauenstimmrecht zuletzt eingeführt worden ist?“, wirft ein weiterer Schlaumeier ein.
Die Runde lacht.
Mein Mitlachen ist gequält, denn ich finde es ja selber doof. In der Schweiz dürfen die Frauen erst seit 1971 politisch mitbestimmen. Die ersten europäischen Länder die das Frauenstimmrecht einführten waren zu Beginn des 20. Jahrhundert die Skandinavier. 1906 Finnland, 1913 Norwegen, 1915 Dänemark. In Deutschland war es dann 1919 soweit. Noch vor den Schweizern 1971 wurde das Wahlrecht auch in Ländern wie der Türkei, den Philippinen oder dem Iran eingeführt.
Ha. Ha. 

Die Runde amüsiert sich köstlich über die laaaaangsamen Schweizer, die ach so lange brauchten, bis auch sie den holden Damen politische Mündigkeit zutrauten. Zur eidgenössischen (leider erbärmlichen) Ehrenrettung sei gesagt; unser Nachbar Liechtenstein brauchte sogar bis 1984, ehe die Frauen wählen und abstimmen durften. Aber das Land ist bis heute als Monarchie geführt. Für Gott, Fürst und Vaterland. Salum aleikum. 

Volltreffer - wie beim Schiffeversenken

Der Kuchen wird gereicht, die Tassen mit frischem Kaffee gefüllt.
„Ist die Schweiz nicht das letzte Land in Europa, dass noch Hexen verbrannt hat?“, fragt nun der nächste Schlaumeier in die Runde.
Teilweise richtig. Die Frau hiess Anna Göldi und wurde 1782 in der Schweiz geköpft. Was damals übrigens europaweit zu heftigen Protesten geführt hat. Nicht um jetzt diese grauenhafte Hinrichtung zu rechtfertigen, aber es soll danach durchaus noch in anderen Ländern staatlich angeordnete Tötungen wegen Hexerei gegeben haben. Aber da es über Anna Göldi einen Film gibt, gilt die Frau nicht nur als letzte exekutierte, sondern auch als Europa's prominenteste Hexe.
Mir aber wird dieses ach so lustige Schweiz-bashing nun doch zu viel und ich reagiere impulsiv und rede schneller als ich denke.
„Es gab seither noch ein anderes Land in Europa, das Menschen hingerichtet hat. MASSENHAFT! Und es war nicht die Schweiz.“

Es ist wie beim Schiffeversenken. Volltreffer.
Hüstel, hüstel.
Betretenes Schweigen.
„Der Kuchen von Tante Marie ist heute wirklich vorzüglich“, murmelt jemand und durchbricht die Stille.
Die Messer schaben wieder über die Teller, der Geräuschpegel kehrt zurück – und die kruden Schweizer Witze verstummen. 

Aber Heidi, eine Österreicherin? Tilsiter ins Fondue? Verdammt. Ich habe noch viel zu tun. 

(*) Winterthur übrigens ist durchaus eine Versicherung: AXA Winterthur. Aber auch eine Stadt. Sogar meine Kindheits-Stadt. Also hört mir mit diesem Versicherungs-Quatsch auf. 

Mein Deutschland und ich
Deutschland Deutschland, spürst du mich? Heut' Nacht komm ich über dich - das macht Spaß! Quelle: „Ichwill Spass, Markus, 1982“
München ist doof. Das war in den 80ern mein erster Eindruck und daher reihte sich die bayrische Hauptstadt in die Liste meiner M-Orte ein, denn auch Malta, Miami, Mannheim und Marliese fand ich zu der Zeit doof. Ich war am Oktoberfest in München. Doof. Im Konzentrationslager Dachau ausserhalb Münchens. Schwere Kost. Beim Fussball im Olympiastadion. Wieder doof. Ich mochte die Weisswürste nicht, das Bier nicht, die omnipräsenten Trachten, die versalzenen Bretzen, mich regte auf, dass ein U-Bahnlinie gleich hiess wie meine Lieblingsband U2. Sakrileg.
Mein Verhältnis zu München und zu Deutschland hat sich längst entspannt. Unterdessen habe ich mehrere Reisen durchs Land gemacht, viele Städte und Gegenden (Liste unten) gesehen. Meine Partnerin ist Deutsche, meine Grossmutter war Deutsche und ich habe Freunde in Deutschland. Nein, doof ist längstens woanders.
Ich war schon einmal in Aschaffenburg, Baden-Baden, Bad Hersfeld, Bad Waldsee, Berlin, Bingen, Bonn, Bremen, Buchholz, Cochem, Dachau, Darmstadt, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Eisenach, Frankfurt aM, Freiburg, Friedrichshafen, Fulda, Göttingen, Hamburg, Hannover, Heidelberg, Kaiserslautern, Karlsruhe, Koblenz, Köln, Konstanz, Lindau, Lörrach, Mainz, Mannheim, Mönchengladbach, München, Neuwied aR, Nürnberg, Prien, Ravensburg, Regensburg, Rosenheim, Saarbrücken, Singen, Starnberg, Stuttgart, Ulm, Unterhaching, Wanfried, Weimar, Wiesbaden.
Das Thema heute: So reden wir miteinander. Manchmal

Dienstag, 14. März 2017

Älter werden ist doch überhaupt nicht Scheisse

Let's rock'n'roll Oldies
Fand hier der Jahreskongress der rüstigen Rentner und lustigen Senioren statt? Nö, das Publikum für ein Rock-Konzert strömte zusammen. Sie ratterten und tatterten an ihren Rollatoren in die Halle. Es stand nicht etwa ein peinlicher Elvis-Imitator oder eine billige Schlager-Combo auf der Bühne, sondern Bryan Adams himself. Als er loslegte, gerieten die Grauen Panther in Ekstase. Im "Summer of 69" waren die meisten (ganz im Gegensatz zu mir) bereits im besten Alter, als der Sänger "18 til I die" anstimmte, war die Begeisterung grenzenlos. Plötzlich fühlte sich jeder wieder wie ein Teenager. Fehlte nur noch, dass Gebisse und Krücken in die Luft flogen: "Kids wanna rock". Da wurde mir klar; älter werden macht Spass. Der ehrenwerte Joachim Fuchsberger soll ja gesagt haben "Alt werden ist Scheisse"
Ich bin zwar noch ein paar Takte jünger als Blacky damals war. Aber ich bin nicht einverstanden. Ist doch okay, wenn die jungen, schönen Leute hinter den Tresen der Kneipen nicht mehr ein saloppes "Was willste?" nuscheln sondern ein höfliches "Was möchten Sie?" formulieren. Was dann vor mir steht ist das Gleiche. Noch trinke ich keinen Corega Tabs-Saft. 
Ich bin nicht alt geworden. Sondern knackig. 
Ist doch super, gibt es endlich mehr als drei TV-Sender - und das alles nicht nur in Farbe, sondern Ultra-Mega-HD-3D. Ist doch toll, kann ich meine 15'000 Lieblingssongs stets bei mir haben. Plus meine 15'000 Lieblingsfotos. Plus meine 15'000 Lieblingskontakte. Ich chatte mit Freunden rund um den Globus und muss nicht mehr warten, bis endlich eine zerknitterte Postkarte ein Lebenszeichen gibt. An jeder Ecke gibt es libanesische Take Aways, kanadischen Ahornsirup, bulgarische Köfte. Meine körperlichen Beschwerden haben im gleichen Ausmass zugenommen wie das kulinarische, kulturelle und kuriose Angebot. Wie will das ein heutiger Youthie - wenn er mal mein Alter hat - noch steigern können? 
Ich werde in 50 Jahren Harfe zupfend runter schauen und denken; die Armen haben nicht mal Bryan Adams. Oder glaubt jemand ernsthaft, Justin Bieber wäre 2067 noch im Geschäft? 

Wenn plötzlich der Arzt jünger ist - oder der Chef

Natürlich sind ein paar Falten hinzugekommen und aus dem einstigen hellbraun auf meinen Kopf ist ein halbgrau geworden. Aber zwischen den Ohren hat sich ordentlich Weisheit angesammelt, dafür hätte ich als junger Mann viel Geld hingelegt. Ist doch schön, wenn man Zusammenhänge versteht und nicht aus einem Buch auswendig lernen muss, obwohl ich - im wahrsten Sinne des Wortes - zu einer aussterbenden Gruppe gehöre. 
Fast die Hälfte der in der Schweiz lebenden Menschen sind 39 Jahre alt oder jünger. Meine Altersgruppe macht gerade noch einen Drittel aus und ich frage mich; wie ist es denn für die vielen jungen Leute, wenn sie uns alte Knacker sehen? Wie überhaupt ist das Leben für die Jungen? 
Zu meiner Jugendzeit machten wir uns vielleicht Sorgen um das Waldsterben und vom Kalten Krieg hatten wir schon mal gehört. Aber die 80er - da war ich Teenager - waren für uns sorgenfrei. Die heutigen Kiddies wachsen mit Klimawandel auf, Terrorismus, politischen Dramen überall, Fettleibigkeit, steigenden Kosten, sinkenden Löhnen. 
Was mich auf diesem ganzen Galopp in den Sonnenuntergang allerdings manchmal irritiert ist die Tatsache, dass jetzt sogar Ärzte jünger sind als ich. Oder Lehrer, Polizisten, sogar der Chef. 
Junge Leute sagen sich ja gern "Alter". In dem Sinn "Junger", es ist voll cool, voll fett, älter zu werden. Doch. Schon. Krass. Yo Mann! Oder wird's jetzt langsam peinlich?


Queller HIER

Montag, 13. März 2017

"Konklave" von Robert Harris - hautnah bei einer Papstwahl

Wann endlich steigt der weisse Rauch auf? Die Welt wartet auf die Wahl des neuen Papstes. Innerhalb der dicken vatikanischen Mauern kommen 118 Kardinäle zum Konklave zusammen um aus ihren eigenen Reihen einen neuen Heiligen Vater zu wählen. 
Tönt theologisch verstaubt. Ist es aber dank Autor Robert Harris nicht. Zwar hat das Buch seine Längen. Es wird formvollendet gebetet und nieder gekniet, die Gewänder werden übergestreift, es wird gewandelt und verhandelt.
Seit den Dan Brown-Büchern sind Vatikan-Verschwörungs-Thriller im Trend. "Konklave" hebt sich da angenehm ab, auch wenn Autor Harris die Schreib-Finger nicht ganz von der Genre-üblichen Action lassen kann. Was aber das heilige Lese-Vergnügen kaum trübt. 
Fehlen tun einzig die Romantik und/oder die üblich hübsche Journalistin, wahlweise auch Ärztin oder Polizistin. Das wäre in dieser von Kirchenmännern geprägten Welt des Guten dann doch zuviel, auch wenn sich Harris mit der Figur der Nonne Agnes - die ein attraktives Gesicht haben muss - einen ganz kleinen Schlenker erlaubt. 
So ganz ohne wichtige Weiblichkeit kommt "Konklave" dann aber doch nicht aus. Aber hier mehr zu verraten, wäre ein wahres Sakrileg. Drum Leute; selber lesen. 

Das wäre doch ein Rolle für Robert Redford

Seit "Vaterland" bin ich ein Fan von Autor Robert Harris. Ich mag nicht alle seine Bücher gleich gern, vor allem mit den historischen Stoffen tue ich mich - allerdings auch bei anderen Schriftstellern - schwer. 
"Konklave" hat mich begeistert. So viele Figuren, so wenig Durcheinander. Das ist die grosse Kunst dieses Buches, das im besten Sinn ein herrlich altmodischer Thriller ist. Apropos; sollte der Roman verfilmt werden, sehe ich bereits Robert Redford in der Hauptrolle des Kardinal Lomeli durch den Vatikan huschen. Grazie Robert Harris, dem ein weiteres Meisterstück gelungen ist. Amen. 



Samstag, 11. März 2017

Was taugt eigentlich Xing? Nix!

Ex-Raucher sind die aggressivsten Nicht-Raucher. Aggressiv machen tut mich Xing zwar nicht, aber ich halte das Portal für unnötig und überflüssig oder - um zum Nikotin zurück zu kehren - man kann dieses Netzwerk in der Pfeife rauchen. 
Voller positiver Erwartung habe ich mich einst in der schönen Xing-Welt angemeldet, habe Freunde und Bekannte gesucht und gefunden. Dann ging ich an Treffen, hörte mir Vorträge von Mitgliedern an, sammelte Visitenkarten und neue Kontakte, ging an weitere Treffen ... und begann mich unendlich zu langweilen. Kaum zurück am PC war ich bereits PING PING PING von den ersten meiner neuen Xing-Bekanntschaften angestupst worden, ich bestätigte wahllos, Netzwerk ausbauen auch wenn ich mich kaum noch ans Gegenüber erinnern konnte. Nicht in jeder Kürze liegt Würze, denn die Kurz-Talks liefen meist nach dem Schema: "Ah, Du bist als Teppichhändler tätig. Hm, interessant. Ja, ich bin...." Schon flutschten die Kärtchen hin und her - und next please. 
Ich war in der Xing-Spirale angekommen und mir fiel auf; ich hatte manchmal nette, meistens aufdringliche Menschen getroffen, aber es waren selten echte Entscheidungsträger dabei. Mach den einfachen Test und gib in der Suchmaske einen Namen eines bekannten Managers ein. Fehlanzeige, oder? 

Erst der Verlust belehrt uns über den Wert der Dinge

Xingen als Aktivität mag für eine Weile ganz spassig sein, allerdings nur solange Du unterbeschäftigt bist. Genau das war ich in meiner selbständigen Schlaufe, immer auf der Jagd nach einem weiteren Auftrag. Als ich dann Chef einer Redaktion wurde, hatte ich keine Hundertstelsekunde mehr Zeit für Xing. Als Manager bist Du unterwegs, hast Meetings, musst Entscheidungen treffen. Da bleibt kein Raum "für das Social-Networking neuer und bestehender Business-Kontakte" wie es Xing kühl beschreibt. Im realen Business-Alltag kommen genug neue Kontakte hinzu. 
Als ich versuchte, mein Premium-Abo zu kündigen, demonstrierte mir die Plattform ihre Macht und hetzte mir ein Inkasso-Büro auf den Hals, weil ich mich zunächst geweigert hatte, einen weiteren Jahresbetrag zu bezahlen. Also überwies ich zähneknirschend, stieg ein Jahr später aus und bin jetzt als Basic-Mitglied etwa noch so geschätzt wie ein Neandertaler im 2-Sterne-Hotel an der türkischen Riviera. Aber - der aufmerksame Leser hat es bemerkt - noch bin ich dabei. Stimmt, konsequent wäre anders. 

Der Visitenkarten-Tanz geht schon wieder los

Da war ich bei BNI schon rigoroser. Ich halte diese Vernetzung für den noch grösseren Unfug. Bei Business Networking International hält man sich nicht in der virtuellen, sondern in der realen Welt auf, es geht - da ist BNI ehrlich - um Geschäftskontakte. 
Ich ging also an einige Treffen. Wieder voller positiver Erwartungen. Wieder mit dem gleichen, niederschmetternden Resultat. Denn auch da sassen Dilettanten wie ich, Pseudo-Manager aus der dritten Reihe die in ihren Firmen kaum was entscheiden dürfen oder durchaus ehrbare Männer (und ganz wenige Frauen) aus Kleinstfirmen, die sich aber sowieso schon aus anderen Vereinigungen kennen. Bei BNI trifft man sich in einem (Achtung Fremdwort) Chapter um sich in strengen Regeln vorzustellen. Als ob sich königliche Pudel in einem Schönheitscontest gegenseitig am Allerwertesten beschnuppern, tanzten wir Visitenkarten-tauschend den Chapter-Walzer um uns dann in einem klar getakteten Ablauf vorzustellen und höflich zuzuhören. 

Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe

Die Jahresmitgliedschaft kostet 1500 Franken. Dazu kommen aber (Pflicht-)Termine, wer die nicht wahrnimmt, fliegt bald raus und deren Teilnahme kostet ebenfalls weitere mehr als 1000 Franken. Seid's doch ehrlich Leute!
Ausscheren aus dem Prinzip ist nicht nur nicht erlaubt, sondern verboten und kann streng geahndet werden. Das BNI-FBI ist da gnadenlos. Als ich mir erlaubte, via Mail etwas Werbung für ein Benefiz-Projekt zu machen, wurde ich vom Chapter-Direktor zurück gepfiffen. Man dürfe die Mail-Adressen nicht "missbrauchen". Nein, nicht mal für den guten Zweck! Der gleiche Herr machte kurz darauf ebenfalls eine Rundmail um seinen neuen Staubsauger (oder so was Ähnliches) zu promoten. Das war dann natürlich was gaaaaanz anderes. Ich ging nicht mehr hin, das war mir dann doch zu doof. 

Twittern bereichert mich, dank YouTube lerne ich viel, auf Facebook verfolge ich, was Freunde machen. Aber ich halte mich ganz gerne in der echten Welt auf. Und zünde mir nun zusammen mit ein paar echten Menschen eine schöne Pfeife an.

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Ich liebe die Comedy-Show „Willkommen Österreich“, den kanadischen Sänger Bryan Adams, den besten Eishockeyclub der Welt ZSC, den genialen Schreiber James Lee Burke, die TV-Serie „The Newsroom“, die wunderbaren Städte München, New York und Zürich, Grapefruitsaft, Buddha, Bill Clinton, Enten und saftige Wiesen. Das bin ich. Stefan Del Fabro

Wetten dass und die unglaubliche WOW!!!!-Michelle

Er ist wieder da . Im schwarz-roten Blingbling-Anzug tritt Thomas Gottschalk auf und erhält sofort eine Standing Ovation. «Ich bin’s doch nu...

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