Samstag, 29. Dezember 2018

Die geniale Serie "Handmaid's Tale": Wenn plötzlich christliche Spinner an der Macht wären

Phu. Das war mein erster Gedanke, als ich die zweite Staffel von "The Handmaid's Tale" geschafft hatte. Basierte die erste Staffel noch auf dem gleichnamigen Erfolgsbuch von Margret Atwood, ist Staffel 2 komplett neu, aber nicht minder bitter, beissend und oft genug weit über dem, was ich eigentlich ertrage. 
In den USA putschen sich fundamentalistische Christen an die Macht und gründen den Gottesfürchtigen Staat Gilead. Von den alten USA bleiben nur noch Reste wie zum Beispiel Alaska übrig, wohin sich die gestürzte US-Regierung flüchtet. In Gilead gelten neue Regeln und die sind insbesondere für Frauen schauderhaft. Lesen und schreiben ist verboten, wer es dennoch tut, verliert schnell einen Finger oder eine Hand. Doch das ist noch längst nicht das heftigste Schicksal. Hat eine Frau ganz grosses Pech, landet sie als Magd (Handmaid) in einem Herrenhaus. Das sind düstere Orte, wo die Sonne kaum und Güte oder Liebe keinen Zugang haben. Der Patriarch herrscht und züchtigt zuweilen selbst die eigene Gattin mit dem Ledergürtel. 

Rituelle Vergewaltigung 

Die Fanatiker sind an der Macht, weil die Fruchtbarkeit aus Umweltschutzgründen weltweit massiv zurückgegangen ist. In Mexiko kam das letzte Baby vor sechs Jahren zur Welt. Die drangsalierten Mägde wären in einer idealen Welt die Retterinnen der untergehenden Menschheit. In "The Handmaid's Tale" haben sie nur noch eine Funktion: Gebärmaschinen oder weniger nett, sie sind Sexsklavinnen. Es sind Frauen im besten Alter und im Gegensatz zu den meisten anderen weiblichen Wesen noch fruchtbar. Also muss jede Magd einmal monatlich ihrem Commander hinhalten und wird im Beisein der Ehefrau rituell vergewaltigt. Was die christlichen Spinner "Zeremonie" nennen und dabei - wie auch in vielen anderen Situationen - die übelsten Stellen aus der Bibel rezitieren und in ihren ganz eigenen Kontext stellen. Und ich habe immer gedacht, "Der Name der Rose" sei der schlimmste filmische Höllentrip im Namen Gottes. 
Serienmacher Bruce Miller ist clever genug und macht aus diesem schaurigen Stoff keine blutrünstige Rächerstory, sondern einen zwar schwer verdaulichen Horrortrip, den es so als Serie noch nie gegeben hat. Aber an Relevanz ist "The Handmaid's Tale" nicht zu überbieten, gerade in Zeiten von Spinnern wie Trump, Assad, Erdogan oder der AfD. 
Der Horror lauert überall. Die Mägde machen Pause.
Daneben werden Verräter gehängt.
Im Fokus steht June, die als Magd sogar das Recht auf ihren Namen verliert und nach ihrem Commander Fred Waterford benannt wird und neu Off-Fred heisst. 
In dieser Magd-Rolle brilliert Elisabeth Moss ("Mad Men"), die eine wahre Parforce-Leistung abliefert. 
Da jedes Wort falsch ausgelegt werden kann, spiegelt sich die Verzweiflung oft genug in Mimik oder Gestik. Kein Wunder, wurde Moss für diese Rolle bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit einem Golden Globe und einem Emmy. 

Das Buch von 1985 ist aktueller denn je

June's... pardon Off-Fred's Gegenspieler sind eigentlich fast alle anderen, es gibt nur wenige Figuren, die aus diesem Wahnsinn ausbrechen und somit auch mir als Zuschauer etwas Halt geben. Nick, der Bodyguard des Hauses ist zu Beginn noch etwas zwielichtig, gewinnt aber an Format und an innerer Stärke. Nick-Darsteller Max Minghella (Sohn von Oscar-Regisseur Anthony Minghella) spielt seinen Part angenehm zurückhaltend, dennoch nuanciert und sorgt mit dieser Ruhe für einige wenige Anker-Momente. Wenn ich zudem jemand aus dem Ensemble hervorheben will, dann den Commander-Darsteller Joseph Fiennes und insbesondere seine Ehefrau Serena Waterford, famos-bös bis in die Fingerspitzen dargestellt von Yvonne Strahovski. 
Es wundert nicht, hat sich Autorin Margret Atwood diesen Stoff 1985 im damals noch geteilten Berlin ausgedacht. Das Wunder ist eher, dass es so lange gedauert hat, bis daraus Serienstoff geworden ist. Es herrscht ein Stasi- oder Nazi-Klima, permanent wird gedroht, gerügt, bespitzelt, hintergangen, oft genug auch geplagt oder gefoltert, wobei die psychologischen Scherze, die die Peiniger treiben, fast noch widerlicher sind, als die körperlichen Bösartigkeiten. Und abgehackte Hände gehören da noch zu den harmloseren Folterungen...

Gott steh mir bei

Serien haben ja was Tröstliches. Irgendwann geht jede Staffel zu Ende, man sinkt satt und traurig ins Sofa zurück und winkt seinen Helden ein letztes Mal zu. Nicht so bei dieser Serie. Noch nie war ich so erleichtert, wie der letzte Abspann lief. Und Staffel 3 ist übrigens angekündigt. Gott steh mir bei. 

Freitag, 28. Dezember 2018

"The Guilty" oder Dänen lügen doch

Das ist mal ein kleiner, feiner Überraschungsfilm, wobei der besondere Clou darin besteht, dass es ein 1-Personen-Stück ist - aber eines mit vielen Figuren. Wie das geht, beweist Regisseur Gustav Moeller in diesem 85 minütigen Thriller, der unter die Haut geht. 
Gewissenhaft, aber angepisst. Der Telefonpolizist Asger Holm. 
In "The Guilty" schiebt der gelangweilte Polizist Asger Holm Dienst in der Notrufzentrale. Er tut dies zwar gewissenhaft, aber sichtlich angepisst und drückt einen Anrufer schon mal weg, wenn er den Grund für belanglos hält. Dass macht er auch fast, als er plötzlich eine Frau in der Leitung hat, die verstört und unzusammenhängend flüstert. "Geben Sie die Linie frei, die ist für Notfälle", blafft der mürrische Bulle. Doch die Frau bleibt hartnäckig und dem Polizisten wird klar, dass er ein Entführungsopfer in der Leitung hat. 
Mit dieser Ausgangslage würde Hollywood nun ordentlich Kawumm auffahren. "Nicht auflegen" aus dem Jahr 2003 mit Colin Farell war ein knalliges Kammerspiel in der Telefonkabine. Der dänische Film nun schrumpft alle bunten Ecken weg, dampft die Geschichte runter auf das absolute Minimum und holt dank dem brillanten Drehbuch und vor allem dem exzellenten Praktisch-Einzig-Darsteller Jakob Cedergren das Optimum raus. Spannender geht nicht. 
Dabei ist der Polizist nicht mal besonders sympathisch, plagen ihn doch seine eigenen Geister. Dennoch verbeisst er sich in den Fall, setzt sich intern über Kollegen hinweg und erlebt dann, genau wie wir Zuschauer, eine spektakuläre Wende. Diesen kräftigen Twist hat dieses Filmchen dann auch noch auf Lager. Mit "The Guilty" beweist das kleine Dänemark ein weiteres Mal seine enorme Film-Kraft. 

Donnerstag, 27. Dezember 2018

Spieglein Spieglein an der Wand - wer ist 2018 die coolste Action-Socke im Kinoland?

Tom Cruise hat trotz einer unmöglichen Mission wieder mal die Welt gerettet. Der sechste Teil der Mission Impossible-Franchise mit dem Titel «Fallout» gilt schon jetzt als bester Teil. Endlich hat Cruise auch mal wieder einen würdigen Gegenspieler. Mit Henry Cavill ist es der stahlgehärtete Supermann-Darsteller. Da wackelt das Kino ordentlich, wenn die Fäuste sprechen. Die Frauen sind schön oder geheimnisvoll, die Locations Bond-mässig exotisch oder weltberühmt und die Buddys Simon Pegg und Ving Rhames hauen so manch knackigen One-Liner hinaus. Zudem ist die Story nicht nur plumpes Durch-Paris-Gehetze, sondern schlau, knifflig und voller Wendungen.
Oder holt sich Dwayne Johnson die Action-Krone? In «Skyscraper» rettet er zwar nicht die Welt, aber den mit einer Höhe von 1'000 Metern grössten Wolkenkrater der Welt, der auch noch in Flammen steht. Die Story-Ähnlichkeit zum Bruce Willis-Durchbruch «Stirb langsam 1» ist zwar da und am Schluss keucht auch Dwayne im stylish zerrissenen Unterhemd durch die Feuerhölle.

Grimmig und sehr grimmig

Cruise also? Oder Johnson? Es wäre eine Fifty-Fifty-Angelegenheit, wäre da nicht auch noch David Statham, der in «Meg» mit seinen zwei üblichen Gesichtsausdrücken durchkommt: grimmig und sehr grimmig. 
Meg? Hat nun aber gar nichts mit der süssen Meg Ryan zu tun. Ganz im Gegenteil. Aus den Tiefen des Meeres ist ein Megalodon ausgebüxt. Ein längst ausgestorben geglaubter Riesenhai, niedlich auf Meg abgekürzt. Der Gröhaz (grösste Hai aller Zeiten) macht keine Gefangenen und auch wenn der Film wie ein etwas billiger Abklatsch und Mix aus «Deep Blue Sea», «Moby Dick» und dem Mutter aller Haifische «Jaws» daherkommt, ist er dennoch ein diebisches Vergnügen. Nicht wegen dem Superhai. Der ist sogar enttäuschend schlecht gemacht. Nein, Meg macht Megaspass wegen The Stath – der für mich damit Actionstar 2018 wird. Spieglein Spieglein an der Wand.....

Dienstag, 18. Dezember 2018

Wolkenbruch erleidet Schiffbruch

Die Kritiken überschlagen sich schier. "Lustigste Schweizer Filmkomödie seit Jahren" oder "Regisseur Michael Steiners bester Film".
Da denk ich mir im wahrsten Sinn des Wortes, ich sitze im falschen Film. "Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse" ist nicht nur eine inhaltliche Mogelpackung, sondern auch eine völlig vergebene Chance, Kritik an den insgesamt heuchlerischen religiösen Moralvorstellungen zu üben, egal ob Jüdisch, Christlich, Muslimisch oder was auch immer.

Die "Reise" endet nach 20 Minuten

Als Buch mag das Ganze funktioniert haben. Über 120'000 LeserInnen werden sich wohl nicht irren. Aber als Film ist der Wolkenbruch ein veritabler Schiffbruch.
Der Titel suggeriert eine Reise - aber schon nach 20 Filmminuten hat der Protagonist seine Schickse gefunden. Was das nun mit einer "Reise" zu tun haben soll ist mir schleierhaft. Und dieser Rest dauert immerhin noch kaugummi-zähe 70 Minuten.
Erzählt wird die Geschichte vom jungen Juden Mordechai "Motti" Wolkenbruch, der - wie offenbar üblich bei orthodoxen Juden - mit einer Frau verheiratet werden soll und daher von den Eltern immer wieder jungen Frauen vorgestellt wird. Natürlich funkt es nie. Dafür dann umso gewaltiger, als Motti an der Uni Laura trifft. Dooferweise ist die keine Jüdin, also eine Schickse und nun nimmt das Komödiantische, das mehr läppisch den heiter ist, seinen Lauf.

"Es liegt nicht an Dir" 

Die hysterische Mutter kreischt ein ums andere Mal auf, der brummige Vater furzt vor sich hin und die dröge Liebesgeschichte zwischen dem tapsigen Motti und der bildschönen Laura nimmt den üblichen Lauf, bis sie im Satz endet: "Das geht mir zu schnell. Es liegt nicht an Dir."
Die Motivation vieler Figuren bleibt unklar, insbesondere die der Laura. Warum verguckt sich ein hübsches, toughes Mädel in einen schüchternen, total uncoolen Typen, der von nix eine Ahnung zu haben scheint?
"Hast Du mir auf den Arsch geguckt?"
"Ah ja...."
"Darfst Du das überhaupt?"
Fazit: Als positiv zu nennen sind Setting und Ausstattung. Da wurde viel Liebe investiert, die Details stimmen, die - für uns Nichtjuden - kuriosen Bräuche werden bestimmt korrekt dargestellt. Aber ein Spielfilm besteht nicht nur aus einer netten Kulisse. Denn beim Rest hapert's leider gewaltig. Dialoge wie aus einem Rosamunde Pilcher-Film, Komik wie aus einem Louis de Funes-Film - aber die Leute entern die Kinos. Ich muss das ja nicht verstehen.

Donnerstag, 13. Dezember 2018

Wo Fussball schauen noch Spass macht

Tief im Osten von Berlin.
Bei der Auswechslung erscheinen
die Ampelmännchen. 
Ich übertreibe wohl nicht, wenn ich schreibe, dass ich 1000 Fussballspiele live gesehen habe. Da war alles dabei. WM oder EM, Europapokal, Länderspiele und Pokal-Endspiele genauso wie Cup-32tel-Final irgendwo auf dem Land und natürlich immer wieder das gemeine Meisterschaftsspiel irgendwo im Mittelfeld einer Liga. Ich war genauso bei den Bayern wie auch beim KSC, ebenso beim FC Basel wie auch bei DC United, ich habe gelitten, gefroren, geschwitzt, gejubelt, bin optimistisch an- und niedergeschlagen wieder abgereist oder umgekehrt. Fussball zu schauen ist ein Spass. Respektive WAR ein Spass. Unterdessen ist der mir nämlich vergangen. Die grossen Verbände pressen die Zitrone immer mehr aus. Nations League, Europa League 2, eine WM in Katar (das gerade mal so gross ist, wie die beiden Schweizer Kantone Graubünden und Bern), die Spitzenfunktionäre werden immer dubioser, die Werbung immer wichtiger.
Was bleibt? Nicht mehr hingehen? Sicher nicht. Es gibt ja noch die unteren Ligen. Also habe ich mir in Berlin ein Spiel des 2.-Liga-Spitzenteams Union Berlin angeschaut. Oder in Winterthur den Spitzenkampf zwischen dem heimischen FCW und dem ruhmreichen Servette FC. Es gab viele Tore, viele Zuschauer (22'000 in Berlin und immerhin 4500 in Winterthur), gute Sicht aufs Spielfeld, es hat nach Zigarren und Bratwurst gerochen, das Publikum war fachkundig und keine asisatischen Event-Fans.
So macht es mir wieder Spass. Die Frage ist nur; wie lange noch? Die dubiosen Funktionäre, die Fussball-Geld-Presser werden irgendwann auch die tieferen Ligen entdecken. Aber dann ziehe ich wieder weiter, in die nächst-tiefere Liga. So lasse ich mich zwar nach unten verdrängen, mein Spass-Faktor aber geht nach oben.

Dienstag, 4. Dezember 2018

"Saga Norén Kripo Malmö"

Die coole Blonde mit Asperger-Syndrom ermittelt nicht mehr. Nach der 4. Staffel ist definitiv Schluss mit "Der Brücke" und damit auch mit "Saga Norén, Kripo Malmö". So begrüsst sie jeden. Egal ob persönlich oder am Telefon. Ihr Handicap macht es der Frau unmöglich, Gefühle zu zeigen. Aber sie zeigt sie halt doch. Auf ihre ganz eigene, subtile Art. Und das macht aus einer normalen Thriller-Serie ein wuchtiges Ereignis.
Längst sind wir es gewohnt, dass nordische Polizisten einen Knacks haben. Doch was uns die Brücke-Macher und insbesondere Darstellerin Sofia Helin da vorlegen, ist ganz, ganz grosses Fernsehen. Als schwedische Polizistin knackt sie jede Nuss - aber auf der persönlichen Ebene hat sie schwer zu tragen. Als sie wieder einmal wegen ihrer unterkühlten Art angegriffen wird, sagt sie nur: "Das haben schon viele gemacht und geglaubt, ich sei unverletzbar."
Diese Figur der Saga Norén ist das riesige Plus der Serie "Die Brücke", die nach vier Staffeln jetzt im deutsch-sprachigen Raum zu Ende geht. Die aufgetischten Kriminalfälle sind zwar hübsch angerichtet und dramaturgisch geschickt aufgebaut. Aber das kann nicht der Grund für den phänomenalen Erfolg der Serie sein. Es ist Saga Norén.
Saga Norén (Sofia Helin) ermittelt in den Staffeln 1-2 mit Martin Rohde (links),
für die Staffeln 3-4 bekommt sie mit Henrik Sabroe einen neuen Partner. 
In den ersten beiden Staffeln ermittelt sie mit Martin Rohde (bereits famos; Kim Bodnia), in den zweiten beiden Staffeln steht als Kollege Henrik Sabroe (tatsächlich noch besser; Thure Lindhardt) zur Seite. Beide Polizistenkollegen gehen behutsam mit der Krankheit von Saga um. Damit stehen sie fast alleine. Ansonsten eckt die Polizistin praktisch überall an.
Saga-Darstellerin Sofia Helin macht uns Fans übrigens Hoffnung. Jetzt ist zwar Schluss mit der Rolle der Kult-Kommissarin. Aber vielleicht kommt sie wieder. Wenn Saga kurz vor der Rente steht, könne sie sich vorstellen, nochmals in den schmuddligen Militärmantel zu schlüpfen, sagte die Schauspielerin in einem Interview. Gute Nachricht? Hmm. Sofia Helin ist Jahrgang 1972. Ginge Saga ungefähr mit 60 in Rente, kommt sie also etwa im Jahre 2032 zurück......Aha!

Wandern in Berlin


Hallo, auch unterwegs im herrlichen Berlin?
Herrlich diese Stille, phantastisch diese Wege, wunderbar diese Leere. Neulich bin ich gewandert. Mitten in Berlin. Und habe all das angetroffen, was eine Wanderung so einmalig macht. Mal ging es hoch, dann wieder runter und die wenigen anderen Wanderer, die mir begegnet sind, waren freundlich und genauso ratlos wie ich.
Mein Wander-Ort war das Hotel Plus in Berlin. Eine tooootal originelle Location. Es hätte mir schon beim Einchecken dämmern können, dass da was auf mich zukommt. "Nehmen Sie den Fahrstuhl in die 3. Etage, dann die Treppe in die 4."
Soweit, so ulkig. Als ich aber aus dem Lift gestiegen bin, konnte ich die Beschriftung nicht entziffern. Wohin gehts zu meinem Zimmer? Also bin ich Korridore entlang gelaufen, Treppen hoch, wieder runter und als mir endlich jemand entgegen gekommen ist, war das ein anderer Wanderer ...äh ... Hotelgast, ebenfalls auf der Suche nach seinem Raum.
Mein, ich gebe es zu, wenig schmeichelhafter
Eintrag auf Tripadvisor. 
Das Hotel Plus ist in einem alten Industriegebäude untergebracht, einer ehemaligen Weberei und strahlt den entsprechenden Charme aus. Schlimm wäre das nicht. Aber wenn man vom Flughafen kommt, müde und eventuell etwas genervt, will man auf sein Zimmer. Nicht auf Zimmersuche.
Fazit; das Plus ist ein Minus, wer Wandern will, steige dort ab. Wer eine Unterkunft will, wähle eines der 799 anderen Berliner Hotels.
Lesen Sie meine Bewertung auf Tripadvisor https://www.tripadvisor.ch/Hotel_Review-g187323-d1556633-Reviews-PLUS_Berlin-Berlin.html

Donnerstag, 22. November 2018

Barbara Bleisch; die eloquenteste Schweizer TV-Talkerin

Stets auf Augenhöhe; Barbara Bleisch im TV-Studio

Was macht einen guten TV-Talker aus? Ich finde Neugierde, Hartnäckigkeit, Empathie und ein enormes Interesse am Gegenüber.
Dass all diese Eigenschaften in einem Fernseh-Menschen zusammenkommen, ist selten genug, zumal in der überschaubaren Schweiz. In der Person von Barbara Bleisch hat das nationale Fernsehen ein Talkerin inhouse, die im deutschsprachigen Raum ihresgleichen sucht und gäbe es eine Talk-Champions League, Barbara Bleisch wäre dabei. Notabene als einzige aus der Schweiz.
Und was tut ihr Haussender um diese blühende Kompetenz auch einem breiten Publikum näher zu bringen? Dass, was das Schweizer Fernsehen in solchen Situationen immer tut; sie versteckt ihr bestes Pferd. Oft genug versauern die Talente im Spätprogramm, Bleisch wird woanders geparkt, nämlich am Sonntagmorgen. 
Barbara Bleisch ist inhaltlich sattelfest, rhetorisch geschickt, optisch unaufgeregt, stets souverän und hat sowieso immer ein Lächeln auf den Lippen. Die TV-Frau ist für mich - obwohl Jahrgang 1973 - die talentierteste unbekannte Talkerin im Land. 
Bereits ein Blick auf ihre Biographie zeigt, woran das liegen könnte. Die Frau hat, nicht wie viele ihrer überkandidelten BerufskollegInnen, Publizistik, Politik oder sonst ein cooles Studium absolviert, sondern Religionswissenschaften studiert. Aber sie kommt alles andere als theologisch-verkopft oder wissenschaftlich-verstaubt rüber. 

Niemand - ausser C-Promis - wird gerne auf sein Äusseres reduziert. Ein Wort über Barbara Bleisch's Aussehen darf nicht fehlen. Es hat schon was, wenn sie ihre wachen Augen empathisch auf ihr Gegenüber richtet und ohne ständig mit den Händen zu wedeln, ihren Gesprächspartnern zuhört. Sie ist sattelfest und muss sich auch nicht ständig krampfhaft an Moderationskärtchen festhalten. 
Wenn Bleisch talkt, ist das Gespräch im Fluss. Ihre Fragen sind nuanciert und beginnen nicht wie bei anderen mit einem ständigen "Aber...", sie weiss, wann zuzuhören und wann nachzuhaken, sie kann hartnäckig oder sanftmütig. Dennoch schafft es Barbara Bleisch, selbst die quälendste Diskussion am Leben zu halten. Geht es um Sexualität nimmt die Moderatorin ohne rot zu werden Wörter wie Blow job (am Sonntagmorgen, notabene!) in den Mund, geht es um Ängste, sitzt sie mit Furchteinflössenden Menschen auf Augenhöhe auf dem Talk-Sofa. 
Während ihre ModerationskollegInnen in der Arena schwafeln, im Club fuchteln und in den anderen Formaten den sanftmütigen, aber dann doch empathielosen Moderator geben, bleibt Bleisch fokussiert, stellt das Thema und nicht sich in den Vordergrund.
Angenehm. 



Umtauschen? Selbstverständlich NICHT!

Der neue Mantel sass perfekt. Ich bin da echt heikel. So ein Mantel muss ein paar Dinge erfüllen. Dieser hatte erfüllt. Ich war happy. Nach ein paar Tagen merkte ich, der Mantel zwickt. Perfekt ist anders. Oder bin ich zu dick? Egal. Dann tausche ich ihn um. Gedacht, getan und zurück ins Kleidergeschäft, einer Filiale von Peek und Cloppenburg. Dort die Ernüchterung. "Umtauschen? Das machen wir nicht", erklärte mir eine Verkäuferin mit einem Ausdruck, als ob sie in eine Zitrone gebissen hatte. "Ich habe den Einkaufszettel bei mir und es ist doch erst ein paar Tage her. Ich möchte den Mantel bloss eine Nummer grösser. Könnten Sie nicht....?" Doch die Zitrone lächelte sauer. "Wie gesagt. Leider nein."
Also habe ich Kontakt aufgenommen mit der Firma. Deren Mail-Adresse lautet immerhin dialog@..... Und ich habe Antwort erhalten: «Unser Anliegen ist unseren Kunden nicht nur ein tolles Einkaufserlebnis, sondern auch einen tollen Kundenservice bieten zu können. Daher bieten wir bei P&C eine Umtauschmöglichkeit von bis zu zwei Monaten ab Kaufdatum an. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Artikel zum regulären oder reduzierten Preis erworben wurden. Ein Sachverhalt muss beim Umtausch jedoch erfüllt sein: Die Ware muss unversehrt und ungetragen sein.

Wie ich direkt nach Ihrem Besuch von der von Ihnen erwähnten Mitarbeiterin erfahren habe, trugen Sie den Mantel im Moment des Umtauschwunsches jedoch. Somit konnte die Mitarbeiterin nicht anders, als von Ihrem Gesuch Abstand nehmen. Ich hoffe, Sie haben hierfür Verständnis, denn sicher ist getragene Ware, online wie stationär nicht dem nächsten Kunden zu überlassen.»
Verständnis? Für einen einmal getragenen Mantel? Nö. Da frage ich mich doch glatt; woran darbt eigentlich der Detailhandel? Das Zauberwort heisst "Unflexibilität". Was Online schon lange ganz normal ist, nämlich Umtausch, scheint in der analogen Welt nicht zu funktionieren. Und dann wundern sie sich, wenn sie ihre Shops schliessen müssen. Sie - also die Ladenbesitzer - suchen dann Ausflüchte. Der starke Schweizer Franken, neue Gesetze, die Baustelle vor der Tür. Aber nie suchen sie den Grund bei sich. 
Gerade eben musste in Zürich eine Gruppe von elf Fotogeschäften schliessen. Insolvenz. Erst vor ein paar Monaten war ich in einem dieser Läden und wollte mir eine Kamera zurücklegen lassen. "Damit ich noch eine Nacht drüber schlafen kann". Die Antwort? "Leider nein." Und jetzt geht der Rollo bei dieser Foto-Gruppe runter. Mein Bedauern hält sich in sehr argen Grenzen. Denn ich habe als Kunde ja die Wahl. Digitale Welt sei Dank. Da kann ich umtauschen. Oder zurücklegen. 




Mittwoch, 7. November 2018

Warum machen die Skandis eigentlich soviel bessere TV-Serien als wir?

Sofia Helin als Saga Noren, Kim Bodnia als Martin Rohde
in der schwedischen-dänischen Serie "Die Brücke". 
Wer "Borgen" kennt jubelt. "Die Brücke" ist Weltklasse und so gut, dass sie schon mehrmals adaptiert worden ist. "Follow the money" ist genial. "Midnight Sun" ist sensationell. "Occupied" ist erschreckend realistisch. Was haben diese Titel gemeinsam? Es sind alles Serien aus Norwegen und/oder Schweden und/oder Dänemark. Ebenfalls gemeinsam; alle diese TV-Serien sind brillant. Da macht sogar Binge-Watching Spass. Was man von unseren Serien kaum behaupten kann. Mit "uns" meine ich den deutschsprachigen Raum. Da döddelt die "Lobbyistin" uninspiriert vor sich hin. Da verzichtet "Die Protokollantin", obwohl ambitioniert, auf alle Genre-Vorgaben wie Cliffhanger oder Sympathieträger und kommt mit einem knappen "genügend" ins Ziel. 
Spurensuche. Warum sind die Skandis im TV-Erzähl-Business so gut? Und wir nicht. 
Dänemark, Schweden und Norwegen kommen zusammen gerade mal auf knapp 20 Millionen Einwohner. Die deutschsprachigen haben fünfmal so viel - aber höchstens eine halb so gute TV-Kost.
Sind die Skandis einfach klüger als wir? Cleverer? Sozial weiter? Vielleicht liegts an der Literatur. Die haben Henning MankellArne Dahl, Jo Nesbø, Karin Fossum oder Jussi Adler-Olsen, wir haben Bernhard Aichner aus Österreich, Martin Suter aus der Schweiz oder Sebastian Fitzek die spannend und manchmal sogar böse sind. 
Ist es die geografische Lage? Wer in der Nähe des Polarkreises wohnt, neigt eher zu Morbidität als wir gemütlichen Alpenbewohner. Nein, das ist psychologischer Unfug. Ist es die ungeheure Weite der dünn besiedelten Länder? Gedeihen da besonders intensive Geschichten, während wir es in unserem Dichtestress gerade noch schaffen, Klitzekleinigkeiten zu produzieren.
Gute Stoffe, gute Regisseure, faszinierende Landschaften alleine würden aber nicht ausreichen, gäbe es da im Norden nicht auch noch fantastisches Personal. Was in diesen Serien alles für Schauspieler auftreten, die wir kaum kennen ist sensationell. Bei uns latschen immer wieder die gleichen Gesichter durch die Kulissen. Bei den Skandis muss es irgendwo eine geheime, ultragute Schauspielschule geben. Und eine für Regisseure. Filmmusiker. Autoren.
Alpen-Kreative, auf in den Norden. Lasst Euch inspirieren. Ich will das auch bei uns.

Die aufregendste Schweizer TV-Reporterin im Knast

Selbstversuch. Fabienne Bamert lässt sich in eine Zelle einschliessen.
Die neugierigste und damit aufregendste Schweizer TV-Reporterin macht's immer und immer wieder. Nämlich pfiffiges Fernsehen mit wenig Budget, aber viel Freude.
Diesmal war die Tele 1-Perle Fabienne Bamert im Gefängnis. Ein einziges Wort würde die ganze 20minütige Sendung beschreiben: Sehenswert.
In der Reihe "Unterwegs" macht sich Bamert regelmässig auf und liefert ein Format, dass zwar Reportage heisst, aber viel mehr ist. Die Journalistin schafft quasi ein neues Genre in dem sie ihre freundliche Hartnäckigkeit mit echter Begeisterung kombiniert. Somit ist sie nicht nur weit weg von der aufgesetzten Grinserei a la Schweizer Fernsehen, sondern bannt den Zuschauer, indem sie dahin geht, wo's auch mal weh tut. Sie begleitet Spital-Clowns, redet mit Prostituierten oder wie im aktuellen Fall; sie geht in den Knast.

Sie fragt, was uns alle interessiert

Im Zuger Gefängnis Bostadel, wo die wirklich harten Jungs sitzen - Verwahrte und Lebenslängliche - geht Fabienne Bamert auf Spurensuche. Wenn sie im Interview-Modus ist, schrammt sie zwar oft hart an der Grenze zum Flirt, es fehlt dann vielleicht diese Distanz, die wir vom faden Staatssender kennen. Aber das ist auch eine Stärke der Reporterin. Sie kann eine heikle Frage auch mal lächelnd stellen ohne anzubiedern um dann aber genau und konzentriert zuzuhören. Sie fragt das, was uns interessiert: Hat der Direktor Mitleid mit den Insassen? Kann sich der Vollzugs-Beamte in den Gefangenen einfühlen?

Warum? Weil sie's kann!

Gerade in dieser Gefängnis-Reportage (eine Doppelfolge übrigens) wird die smarte TV-Frau von den toughen Mitarbeitern oft genug distanzlos betrachtet. Aber Bamert vergeht die Freundlichkeit nicht - selbst wenn es nichts mehr zu lachen gibt. Ihr verzeiht man das. Warum? Weil sie's kann.
Die Bostadel-Folgen in der Reihe "Unterwegs" vom Lokal-TV "Tele1" sollte man sich nicht entgehen lassen. Das ist keckes Fernsehen auf Topniveau. Auch wegen der aufregendsten TV-Reporterin.
Zum nochmals nachschauen auf Link klicken. Und dann ab hinter schwedische Gardinen.

Sonntag, 4. November 2018

Bösland von Bernhard Aichner

Was haben "Justiz" von Friedrich Dürrenmatt und "Bösland" von Bernhard Aichner gemeinsam? Das sind die einzigen beiden Bücher, die ich innerhalb weniger Stunden verschlungen habe. Ansonsten bin ich der typische Sofa- oder Vor-dem-Schlafen-Lesen; ein paar Seiten, dann Augen zu oder Blumen giessen.
Nicht so bei "Bösland". Da mussten Blumen, Schlafen oder Katze warten.
Nach seiner Trilogie um die mordende Bestatterin Blum (Totenfrau, Totenhaus, Totenrausch) legt der Tiroler Autor nun nach. In der Intensität nicht ganz so rauschhaft, nicht ganz so brutal, aber in der akkurat gewobenen Sprache weiter klar und deutlich, vielleicht sogar noch eine Spur präziser bis zynischer. "Bösland" ist ein Page-Turner, wie wir es eigentlich nur von den Amis kennen. Da wundert es nicht mehr, ist Aichner einer der wenigen deutschsprachigen Autoren, dessen Bücher regelmässig ins Englische übersetzt und auf den Weltmarkt USA geschmissen werden.
Die Ich-Person Ben (eine derartige Story in der Ich-Form zu erzählen ist schon ein kraftvolles Stück) legt sich mit seinem alten Jugendfreund Felix Kux (zumeist nur Kux genannt) an. Da ist nichts von langsamem Spannungsaufbau, das Unheil nimmt seinen Lauf und die Wendungen sind heftig oder spektakulär oder beides. Eine grauenhafte Kindergeschichte verbindet die alten Freunde, die sich 30 Jahre später wieder begegnen, wo sich das Grauen dann erneut seinen Weg sucht und - Aichner bleibt Aichner - natürlich findet.
Wie ein Tsunami rollt Welle um Welle auf mich zu um dann...na, na, wer das Ende verrät ist ein armer Wicht. Darum; auf ins Bösland. Und jetzt habe ich auch wieder Zeit für Katze, Blumen und Schönheitsschlaf. 


Donnerstag, 1. November 2018

Die Adolf-Frage

Darf man sein Kind Adolf nennen? Um diese simple Frage dreht sich "Der Vorname" von Alt-Regie-Star Sönke Wortmann ("Der bewegte Mann" oder "Das Wunder von Bern"). Verlernt hat Wortmann sein Können nicht. Aber gleich vorweg; "Der Vorname" ist weder grosses Kino noch überhaupt Kino. Das ist ein Fernsehfilm.
Fünf Freunde treffen sich zum Abendessen, da eröffnet einer, er und seine Frau wollen ihr bald zur Welt kommendes Kind Adolf nennen.
Was nun folgt ist zwar einerseits urkomisch und bitterböse, viele Gags zünden und die Dialoge sind geil bis brillant. Aber das Grundthema mag sich nicht 91 Minuten halten. Es müssen weitere Konflikte her und schon bald haben die Diskussionen unter den Freunden wenig bis nichts mehr mit der Ausgangslage zu tun.
Hübsch genug ist die Idee. Der geneigte Deutsche nennt sein Kind heute schnell mal Antigone oder Kopernikus. Aber Adolf? Geht gar nicht. Oder doch? Darum herum hätte sich ein bissiger, rhetorischer Steigerungslauf bauen lassen, zumal in der heutigen Zeit von AfD, Trump oder Erdogan. Aber die politischen Witze lassen schnell nach. Es geht dann alsbald um Beziehungsfragen, ist der schwul oder nicht oder wann ist Geiz geil oder doof.
Sehr, sehr läppisch ist schliesslich die Pointe - die a) eigentlich gar keine ist und b) total auf der Hand liegt.
Fazit: "Der Vorname" ist ganz ordentliches, nein, nicht Kino, sondern Fernsehen. Aber mehr nicht.

Warum soll "Der Outsider" von Stephen King eine Trump-Kritik sein?

Dieses Buch erinnert mich an den alten Blödelsong "Kreuzberger Nächte". Da gibt es diese Textzeile: "Kreuzberger Nächte sind lang. Erst fangen sie ganz langsam an. Aber dann..." Genauso ist es mit Stephen Kings "Der Outsider". Zwar startet auch dieses Buch mit einem in der modernen Dramaturgie üblichen Spektakel; ein grausam zugerichteter Teenager, eine spektakuläre Verhaftung - aber dann dümpelt das dünne Geschichtchen 300 Seiten wie ein Papierschiffchen auf einem namenlosen Bach elend und dröge vor sich hin. Figuren tauchen auf - Polizisten, Anwälte, Verwandte des Opfers, Verwandte des vermeintlichen Täters - um dann wieder im Wort-Nirwana zu verschwinden. Das Schiffchen schaukelt vor sich hin. Selbst das sonst für Stephen King so übliche Stakkato bleibt aus.
Das erste Drittel kann man getrost diagonal lesen, verpassen tut man nix. Aber dann.... Da wird aus dem öden Krimi eine Sci-Fi-Story mit einem Stephen King-typischen Unhold, den keiner ausser ihm erfinden kann.

Sogar für Trump-Fans - ob sie's verstehen?

Viele Outsider-Rezensionen erkennen in diesem Buch übrigens harsche Donald Trump-Kritik. Ich nicht. Bloss, weil mal ein Hillary-Kleber auf einem Auto auftaucht oder eine "America Great Again"-Kappe? Aus seiner Abneigung zu Trump macht Stephen King in vielen privaten Statements keinen Hehl. Aber worin im "Outsider" eine Kritik am Präsidenten abzuleiten ist, verstehe ich nicht. Dieses Buch können also sogar Donald Trump-Fans lesen. Ob sie's verstehen, ist dann die andere Frage.

Sonntag, 21. Oktober 2018

Iris Berben als Rache-Engel in "Die Protokollantin"

Ambitioniert, aber nicht anspruchsvoll. Das ist leider mein niederschmetterndes Kurzfazit des ZDF-5-Teilers "Die Protokollantin". Iris Berben spielt eine unauffällige Frau, die bei der Berliner Polizei die Verhör-Protokolle schreibt. Sie lauscht, sie tippt, sie ist die Schattenlady der Kripo. Niemand nimmt sie wahr und das ist ihr grad recht. Denn im Stillen führt sie einen Rachefeld-Zug, nimmt Kerle ins Visier, die Mädchen getötet haben. Die Informationen dazu hat die Frau ja aus erster Hand. Dass sie derart unscheinbar bleibt, liegt an ihrer Vergangenheit. Ihre eigene Tochter ist vor elf Jahren verschwunden und so wundert sich nie einer ihrer Polizistenkollegen über ihre Zurückhaltung. Die Frau mit Namen Freya treibt einzig an, dass der Mann, der mit dem Verschwinden ihrer Tochter in Zusammenhang gebracht wird, aus dem Gefängnis kommen soll. Den noch will sie zur Strecke bringen. 
Dieses Gelage gäbe eigentlich einen hübschen 90-Minütigen-Krimi. Warum das ZDF dieses simple Geschichtchen auf fünf Folgen und fünf Stunden Länge ausdehnt? Unklar. Aber wenn schon diese Überlänge, müsste Raum sein für clevere Parallelgeschichten, Platz für andere Personen, als nur für die zwei, drei Hauptfiguren. Aber nix da. Fünf quälende Stunden um dann doch - sorry Spoiler - nicht mal eine hübsche Schlusspointe zu erfahren. 
Wenigstens die Hauptdarsteller Iris Berben und
Moritz Bleibtreu überzeugen. 

Der Kaugummi-Effekt wird verstärkt durch die ewig gleichen Zwischenbilder. Der Kommissar fährt gefühlte 50mal auf seinen Parkplatz vor dem Präsidium, von oben gefilmt, von hinten, seitlich. Huu Abwechslung. Aber doch immer das Gleiche. Dass sich der Kommissar dann ausgerechnet in die Protokollantin verliebt, also in die Hauptverdächtige, ist auch nix Neues. Hatten wir das nicht schon mal? Stimmt. Vor 20 Jahren haben Götz George und Corinna Harfouch in einer ähnlichen Konstellation in "Solo für Klarinette" nur 95 Minuten gebraucht. Spannender wars allemal.
Das Beste an der "Protokollantin" sind die Darsteller. Iris Berben glänzt in dieser Rolle, Moritz Bleibtreu oder Peter Kurth ergänzen ideal. Aber sich deswegen fünf Kaugummi-Krimi-Stunden antun?

Montag, 15. Oktober 2018

Es gibt keine richtige Art, Bio zu essen. Es gibt hunderte!

Ich bin durchaus empfänglich für Briefkasten-Flyer, auch wenn sie mich optisch nicht überzeugen. Stimmt aber der Inhalt, werde ich neugierig. So passiert, als ich den sperrigen, übergrossen Zettel von der Firma Biopac vorfand. Hauslieferung von Bio-Gemüse und -Obst? Warum nicht mal ausprobieren. Gesagt, getan. 
Ich füllte also den Flyer aus, schickte ihn ein und wartete gespannt auf die erste Lieferung. Immerhin verspricht die Firma auf Ihrer Website nicht weniger als "Wir stellen Ihren Gemüsekorb frisch mit saisonalen Gemüsen, Salaten und Früchten zusammen. Bei unserem Angebot wird es abwechslungsreich und farbenfroh."
Und was kam? Genau das! An einem Dienstagmorgen als ich die Wohnung verliess, stand vor der Haustür diese unscheinbare Tüte, darin lagen die Bioprodukte - abwechlunsgreich und farbenfroh. Seither kann ich beim Einkaufen im Supermarkt den Bogen um Gemüse und Früchte machen. Kann schon sein, dass sich an der Kasse mal jemand wundert (bei uns in der Schweiz wird ja traditionell gerne geguckt, was andere einkaufen), warum ich nix Gesundes kaufe. Muss ich nicht. Es wartet schon zuhause. Und - ätsch - Bio, direkt vom Hof. Da kannst Du mit Deinen eingeschweissten Peperoni noch so stirnrunzelnd in meinen Einkaufskorb glotzen. 
Das Biopac-Konzept ist einfach, die Lieferungen zuverlässig. Natürlich braucht es auch die Portion Offenheit und Neugier, denn es kommt vielleicht nicht immer das, worauf man gerade Lust hat. Als Kunde kann ich zwar Online ankreuzen oder Produkte auch mal ausschliessen. Klappen tut das zwar nicht immer hundertprozentig. Aber das tut meiner Freude keinen Abbruch. 
Nur einmal habe ich mich sehr geärgert. Da stand eines Dienstagsmorgens keine Tüte vor dem Haus. Eine Rückfrage ergab aber, dass die Lieferung erfolgt war. Was nur einen Schluss zulassen konnte; da hat ein neugieriger Nachbar Lunte gerochen und sich die Lieferung geschnappt. Ist irgendwie auch ein Kompliment an die Firma Biopac. Wenn auch ein etwas Merkwürdiges. Aber zum Glück gibt es die Bio-Polizei. Der Dieb hat keine Chance mehr. Soll er sich sein eigenes Abo bestellen. 


Donnerstag, 4. Oktober 2018

"Trautmann"; die wahre Story über den legendären Fussball-Torwart von Manchester City

Genau dafür sind Filme erfunden worden; um uns eine gute und wahre Story zu erzählen, die es erst noch schafft, tief in uns etwas anzurühren. "Trautmann" ist so ein gelungenes Beispiel. Ein deutscher Unterhaltungsfilm jenseits von Schweiger oder Fuck ju Goethe. Geht doch! 
David Kross als Bert Trautmann,
Freya Mavor als seine Frau Margret. 
Der junge Wehrmachtssoldat Bernd Trautmann gerät in ein britisches Kriegsgefangenen-Lager. Bernd (er wird erst von den Briten zu Bert) entpuppt sich als Torwart-Talent, was sich bereits in einem Plausch-Spiel andeutet. Durch Zufälle landet Trautmann im Tor des lokalen Vereins St. Helens. Aber die Volksseele kocht. Ein Nazi! In unserem Team? Geht gar nicht. 

Hassen ist einfacher als vergeben

Die Parallelen zu heute sind vielleicht etwas gar augenfällig. Damals waren es die bösen, bösen Arier, heute die nicht minder bösen, bösen Islamisten. Die ablehnende Grundhaltung gegen den Fremden, der überstilisiert und dämonisiert wird, ist das Verbindende. "Weil hassen einfacher ist, als vergeben", sagt Berts Ehefrau Margret im emotionalen Zentrum des Filmes, wo sie eine flammende Rede hält. Sie erreicht - Achtung Kitsch-Alarm - sogar das Herz des örtlichen Rabbi.
Beim entscheidenden Spiel von St. Helens sitzt ausgerechnet der Trainer von Manchester City im Stadion. Er holt Trautmann zu seinem Club - und der Rest ist so wahr wie unglaublich. 1956 gewinnt der Verein erstmals nach über 20 Jahren wieder den in England so begehrten FA-Pokal. Mit dem deutschen Trautmann im Tor. Dieser spielte die Partie übrigens mit einer lebensgefährlichen Verletzung zu Ende. Wie erst ein paar Tage nach dem Match herauskam, brach sich Trautmann das Genick bei einer Parade, konnte aber fertig spielen. Von 1949 bis 1964 machte der Keeper 545 Spiele für ManCity. 2007 wurde "Traut the Kraut" von den ManCity-Fans zu ihrem besten Spieler aller Zeiten gewählt. 

Trommelwirbel; Unheil is coming

"Trautmann" ist mehr als ein Fussballer-Biopic, es ist ein Versöhnungs-, Liebes- und Mutmacherfilm. Stringent erzählt, toll besetzt (David Kross ist als Trautmann sehr überzeugend), nur die Dramaturgie ist etwas gar holzschnittartig, weil vorhersehbar. Besonders das Unheil (und davon hatte es im Leben des Bernd Trautmann nicht zu wenig) kündigt sich stets musikalisch an, was schade ist. Den Genuss aber nicht schmälert. 
Regisseur Marcus H. Rosenmüller (Wer früher stirbt, ist länger tot) hat erstmals einen Film nicht in seiner Muttersprache bayrisch gedreht. Wie am Zurich Film Festival gesagt wurde, habe sich der Regisseur mit seinem Englisch zwar etwas schwer getan. Aber am Set hätten ihn alle verstanden. 
Fazit: Höchste Zeit, dass Trautman, diese wahre Story, endlich für das Kino adaptiert worden ist. Gerade jetzt in Zeiten, wo das Hassen einfacher ist als das Vergeben. 

Mittwoch, 3. Oktober 2018

BlacKkKlansman; gut gemeint, schleppend umgesetzt. Schade.

Beruht eine absurde Idee auf wahren Begebenheiten, ist Hollywood schnell im Spiel. So auch hier. Der erste schwarze Polizist der amerikanischen Stadt Colorado Springs unterwandert in den 70er Jahren den örtlichen Ableger der Rassisten-Organisation Klu Klux Klan. Das ist die Kurz-Fassung des neuen Spike Lee Filmes "BlacKkKlansman". Wäre ein prima Film. Wäre er in den 70er oder 80er Jahren gemacht worden. So aktuell das Thema, so schleppend die Umsetzung. Regisseur Spike Lee galt lange als die schwarze Antwort auf Woody Allen; kluge Filme, clevere Umsetzung, kritisch, nah am Schmerz. Doch so sperrig der Titel, so ätzend der Film. Es geht und geht nicht voran. Was moderne Filme - auch kritische wie z.B. "Spotlight" in drei Minuten einführen, dafür braucht Lee eine gefühlte halbe Stunde. Entweder geht alles quälend langsam oder wie in einer Johnny Englisch-Parodie merkwürdig schnell. Wie der erste schwarze Polizist in den Dienst eintritt und sich immer und immer wieder die gleichen rassistischen Witze anhören muss, gehört zum ätzend langsamen Teil. Wie der gleiche Polizist aber aus einer Eingebung einfach so mal schnell zum Hörer greift und sich telefonisch beim Klu Klux Klan anbiedert, hat dann schon fast was Kindlich-komisches. So pendelt der Film stets zwischen Quark und Qualität, findet keine Mitte und verschenkt ein Thema, das brennender nicht sein könnte. Immerhin regiert in den USA unterdessen ein irrer Rassist im Weissen Haus, immerhin kommt es ständig zu Übergriffen auf Schwarze, immerhin scheint diese Thema nicht an Brisanz einzubüssen.
Umso ärgerlicher dieses läppische Filmchen. 

Gekringelte Füsse - auch Männer treibens bunt

Bunt ist meine Lieblingsfarbe.
Die Bügelfalte; akkurat.
Der Schuh; italienisch.
Der Mann; perfekt.
Die Socken; gekringelt und bunt.
Es gehört sich auch als Businessmann wieder, bunte Knöchel zu zeigen. Was viele Jahre Circusclowns und Hippies vorbehalten war, erobert schick gekleidete Männerbeine und erfreut somit unser Auge. Männer mit hübsch gekringelten, bunten Socken. Es gibt sie unterdessen auch überall zu kaufen. Schon fast auf jedem Wühltisch. Es gibt definitiv keine Ausreden mehr für weisse Socken. 
So schnell gehts. Schon in Finnland. 
Ich war noch nie in Finnland und ich weiss auch nicht, ob ich's je da rauf schaffen werde. Aber wie ich so durchs Schweizer Mittellandstädtchen Baden stolpere, stehe ich plötzlich vor einem einladenden Schaufenster. Die hellen, aber nicht grellen Farben ziehen mich hinein. Und plötzlich bin ich doch in Finnland. Finnis.ch heisst das Magnet und wie ich da so durchstöbere, stehe ich plötzlich vor einem weiss-blauen gefüllten Regal. Ich betaste, fühle, staune und ein blau-weiss gekringeltes Sockenpaar später mache ich mich stolz auf zur Kasse. Seither trage auch ich getupft und gefleckt an den Füssen - und immer wieder finnisch. Vielen Dank an diesen kleinen, feinen Laden in einer Badener Seitengasse. Geben Sie den Namen finnis.ch einfach in Ihre Suchmaske ein und schon sind auch Sie in Finnland. 

Montag, 10. September 2018

Die Schweiz ist die Fussball-Nummer 1

Inbrunst. Was für ein seltsames Wort. Aber genau damit, nämlich mit viel Inbrunst - und vermutlich auch etwas Häme - haben deutsche Fussball-Fans während vier Jahren singen können: "Die Nummer 1 der Welt sind wir. Lalaaa...."
Tja, liebe Freunde im Norden. Unterdessen seid Ihr nicht mal mehr die Nummer 1 im deutsch-sprachigen Raum. Diese Position hat nämlich die Schweiz eingenommen. Die es sogar geschafft hat, den ewigen Fussball-Rivalen Deutschland in der Weltrangliste zu überholen. Und das nach dieser verkorksten Weltmeisterschaft.
Was wurde lamentiert in Deutschland nach dem frühen und peinlichen Vorrunden-Aus. Aber auch in der Schweiz war das Gejammere gross. Raus gegen Schweden? Also bitte.
Die Länderspiel-Bilanz 2018 ist für uns Schweizer ein richtiges Schmankerl. 9 Spiele und nur 1 Niederlage. Die ist dafür umso bitter - eben dieses unnötige 0:1 im WM-8tel-Final gegen Schweden und tschüss.
Aber was soll den Deutschland sagen? Der Ex-Weltmeister hat dieses Jahr gegen Südkorea verloren, gegen Mexiko oder sogar gegen Österreich. Womit wir bei der heimlichen Nummer 1 im deutsch-sprachigen Raum sind. Diese verflixten Össis. Machen sich auf, die stolze Fussball-Schweiz vom Thron zu stossen. Das kennen wir schon vom Skifahren. Da haben uns die östlichen Nachbarn längst überholt und abgehängt. Allerdings hatten die Fussball-Österreicher im 2018 noch keinen Pflichttermin, bloss Freundschaftsspiele.
Wir Schweizer sind ja bescheiden. Aber etwas Inbrunst wäre durchaus angebracht. In dem Sinn; "die Nummer 1 der deutsch-sprachigen Fussball-Welt sind wi--iiii---rrr. Lalaaaa....."

Dienstag, 4. September 2018

Baby Baby balla balla

Diese Geschichte ist zu gut (leider auch etwas abartig) um nicht nach-erzählt zu werden. Dort, wo sich gerne vier Tiere aufeinanderstellen und etwas musizieren, dort hat sich eine eigenartige Situation ergeben.
Im deutschen Bremen ist ein Baby zur Welt gekommen. Dieser neue, kleine Erdenmensch muss derart süss gewesen sein. Oder knuffig. Oder vielleicht verfügt das Baby über ungeahnte Talente und hat sich bereits ans Klavier gesetzt oder die Relativitätstheorie an eine Tafel gekritzelt. Also, dieses Super-Besondere-Baby hat nämlich einen Familienstreit ausgelöst. Zehn (in Zahlen: 10) Verwandte haben sich auf der Entbindungsstation darum gestritten, wer das Baby halten darf. Kuck mal, wer da streitet? Die rabiaten Erwachsenen haben sich derart auffällig verhalten, dass sogar die Polizei geholt werden musste und einer der Ich-will-das-Baby-auch-Deppen hat sich bei der schwachsinnigen Aktion verletzt. Apropos; passiert ist das Ganze tatsächlich im Bremer Stadtteil namens Schwachhausen. Oh Baby Baby, balla balla.

Donnerstag, 30. August 2018

Swimming with men: putzige und harmlose Filmkomödie


Irgendwann trifft sie jeden. Vorallem Männer kennen das. Die Midlife Crisis. Einige kaufen einen Goldfisch, andere beginnen zu golfen oder zu wandern, dritte pendeln zwischen Ehefrau und Sekretärin - und dann gibt es noch diejenigen, die Synchronschwimmer werden. Daraus bezieht die englische Komödie "Swimming with men" ihren Reiz. Eine Gruppe Männer trifft sich einmal die Woche zum ulkigen Beinchen-Bewegen und Ho-Ho-Hopp-Schwimmen im Hallenbad. 

300 Jahre Buchhalter

Im Mittelpunkt steht Eric, ein Buchhalter, der seinen öden Job schon "300 Jahre" macht und auf der Flucht aus sich selbst auf die Hallenbad-Truppe trifft. Grossartig ist der Cast, allen voran Eric-Darsteller Rob Brydon, der seine lakonische Lustlosigkeit gekonnt spielt um dann im Verlauf des Filmes wie eine Blume aufzublühen. Was auch etwas das Motto ist. Denn die verrückten Synchronschwimmer erhalten die Gelegenheit, an die (inoffizielle) Weltmeisterschaft nach Mailand zu fahren und üben dafür die blühende Orchidee ein.
Der Plot ist absehbar, die Dramaturgie nicht aufregend - und trotzdem erwärmt dieses Filmchen das Herz. Wer über 40 ist, kennt dieses Gefühl des "War das schon alles?". Regisseur Oliver Parker (immerhin auch Macher von "Johnny Englisch) würzt seinen Film zwar mit den üblichen Zutaten und lässt kein Klischee aus.
Das alles ist herzig, putzig, aber letztlich auch harmlos und ohne weiteren Tiefgang. Aber wozu auch? Wenn ich mich in der Welt umschaue, dann tun diese 94 Filmminuten einfach nur gut.

Montag, 20. August 2018

Hurra - endlich gelesen; das schlechteste Buch 2018

Bill Clinton war, ich gebe es zu, mein Lieblingspräsident der USA. Liegt vielleicht auch da dran, dass ich ihm mal begegnet bin. Als er noch im Amt war. Ich will ja nicht angeben, aber es hatte schon was Erhabenes, einem amtierenden US-Präsidenten gegenüber zu stehen. 
Seine 1000 Seiten dicke Biografie "Mein Leben" von 2004 habe ich nahezu verschlungen, auch wenn ich nicht jedes Landwirtschafts-Gesetz aus Arkansas (wo Clinton vor seiner Präsidentschaft Gouverneur war) verstanden habe. 
Nun probiert sich mein Lieblingspräsident als Romanautor und legt - zusammen mit dem Bestseller-Schreiber James Patterson - den Polit-Thriller ""The President is missing" vor. Wie der deutsche Untertitel suggeriert, eine Story, die nur ein Präsident schreiben kann. Die optischen Beschreibungen des Innern des Weissen Hauses werden wohl stimmen, sicher auch die oft pingelig genau erklärten politischen Abläufe. Aber der Rest ist Quatsch. Schlimmer; das Buch ist der grösste literarische Marketing-Quark 2018. 
Ausschnitt gefällig? "Wenig später bin ich verpflastert und kann gehen. Ich begebe mich schnurstracks in mein Schlafzimmer und von dort in das dazugehörige kleine Badezimmer. Ich greife zu einem Rasierapparat und bearbeite....." Genug, oder?
Da waren ja die Jerry Cotton-Geschichten aus meiner Teenager-Zeit anspruchsvoller. Über die Story von "The president is missing" (eigentlich sagt der Titel eh schon alles) mag ich nicht mal ein Wort verlieren, denn sie ist derart hanebüchen, krude, unlogisch und absurd, dass sich weitere Worte nicht lohnen.
Auf diesen Trash hat die Welt nicht gewartet. Schade eigentlich, jetzt wo ein Orang Utan im Weissen Haus wütet, wäre ein smarter Ex-Präsidenten-Thriller vielleicht genau die richtige Antwort gewesen.

Die Ausrufezeichen-Menschen!

Man trifft sie vorwiegend an Haltestellen des öffentlichen Verkehrs. Wo Busse ankommen, Strassen- und S-Bahnen, selten bei Schiffen, gar nie bei Flugzeugen, weil sinnlos. Die sogenannten Ausrufezeichen-Menschen!
Sie stehen wie ein wütendes Mahnmal da. Schauen beständig in die Richtung des hoffentlich bald ankommenden Fahrzeuges und drücken alleine durch ihre Körperhaltung die Abscheu gegenüber dem Fahrer des Busses oder des Zuges aus.

Warum? Muss? Ich? Immer? Warten?

Wenn Du Deinen Fokus drauf richtest, wirst Du die Ausrufezeichen-Menschen! bald überall entdecken. Beobachte sie. Aber dezent. Denn sie wollen bei ihrem stillen Protest bloss nicht erwischt werden. Selbst die fleissigsten Handy-Tipper vergessen derweil ihren Hosen-Computer und starren nur noch böse in die Anfahrtsrichtung.

Wie? Lange? Dauert? Das? Denn? Noch?

Ich bin längstens schon ein Fan der Ausrufezeichen-Menschen! Früh genug - ohne dass ich schauen muss - weiss ich, wann der Bus kommt. Das ist nämlich dann der Fall, wenn sich die Erstarrung des Ausrufezeichen-Menschen! löst.
Wahlweise wird dann anklagend auf die Uhr geguckt und Blickkontakt zum Fahrer gesucht. Was natürlich überhaupt nichts bringt. Aber man will seinen Protest schliesslich auch anbringen. Oder der Kopf wird geschüttelt. Lange genug, damit es alle wahrnehmen können, aber nicht zu lange, um dann doch nicht als pingelig zu gelten.
Denn eines sind die Ausrufezeichen-Menschen! natürlich überhaupt nicht. Spiessig.

Mittwoch, 15. August 2018

Unsane; minimal gedreht - maximale Wirkung

Spinnt Steven Soderbergh jetzt? Seine Film-Vita ist nicht nur lang, sondern auch eindrücklich. Da sind kluge Filme dabei wie "Erin Brockovich", grosse Kisten wie die "Oceans"-Serie, sein spektakulärer Durchbruch "Sex, Lies and Video" oder sein Oscar-Prämierter Anti-Drogen-Film "Traffic". 
Filmen mit dem iPhone. 

Nun aber legt Soderbergh einen Film vor, für den er weniger als 14 Drehtage gebraucht hat, wo er gleich auch noch die Kamera bedient und im Schnittstudio als Cutter gesessen hat. Der Clou; die Kamera war ein iPhone! Das sei einer der "befreiendsten Erfahrungen seiner Karriere" gewesen gab der Regisseur hinterher zu Protokoll. Um auf die Einstiegsfrage zurückzukommen; nein, Soderbergh spinnt mitnichten. Im Gegenteil. Was "Unsane" uns erzählt, entfaltet dank dem iPhone seine ganze Wucht. Die Bankangestellte Sawyer Valentini (ein Ereignis; Claire Foy) scheint ein furztrockenes Leben zu führen. Liebhaber werden kurzerhand wieder abserviert, als sie befördert werden soll, lehnt sie ab. Aber die Frau ist 450 Meilen entfernt von zu Hause. Ein Stalker scheint sie vertrieben zu haben. Also sucht sie Hilfe in einer Klinik. Durch einen Formfehler wird sie gleich da behalten und der Alptraum beginnt. Spätestens dann, wenn Sawyer verzweifelt am Zuschauer vorbeischaut, wird klar, warum sich der Regisseur auf derart minimale Technik einlässt. Hier stehen die Story und die Darsteller im Vordergrund.
Das wirkt in den ersten zwei Dritteln des Filmes mit einer enormen Kraft. Bis dann aus der ausgeklügelten Ausgangslage leider nichts anderes wird, als einer dieser vielen 08-15-Thrillerchen, wo das hübsche Mädchen sich oft genug derart dämlich anstellt, dass sie einfach nicht aus der Spirale heraus findet. Das ist zwar schade, schmälert aber dennoch nicht den fabelhaften Gesamtgenuss. Wenn gleich die Story zum Schluss ordentlich abkackt, die Schauspieler halten ihr Standing. Daher lohnt sich "Unsane", dieses 1.5-Millionen-Dollar-Filmchen allemal.
Wurde auch mal wieder Zeit, dass sich ein Grosser wie Soderbergh was traut. 
Ganz nebenbei ist "Unsane" eine heftige Kritik am amerikanischen Gesundheitssystem, dass - sorry für das läppische Wortspiel - krank ist und an seiner eigenen Scheisse zu ersticken droht. Ein Thema, dass den Filmer zu umtreiben scheint, hat er doch 2013 mit "Side Effects" sich bereits sehr ätzend zum Thema geäussert. 
In dem Sinn; bitte mehr solche Filme. 

Amerika und sein politischer Korrektheits-Wahn

Wie heisst es so schön? Dinge, die die Welt nicht braucht. Das kommt mir in den Sinn, als ich wieder mal ein paar Tage in den USA unterwegs bin. Das ehemalige Land der unbegrenzten Möglichkeiten entwickelt sich immer mehr zum Land der unmöglichen Begrenzungen. Mag ja gut und wichtig sein, dass alle Gender-Gruppen stets richtig angesprochen werden. Mag ja Sinn machen, wenn ein Veranstalter doppelt so viele Damen- wie Herrentoiletten hinstellt. Aber der US-Korrektheitswahn gebärt immer seltsamere Dinge. Mit der Mütze in die Bar? "Sir, nehmen Sie bitte die Kappe ab." Es ist nicht ein komischer Dress-Code, der den Doorman diesen Satz sagen lässt. Sondern Angst. "Wegen Gang-Zeichen." Aha, sehe ich aus wie ein Motherfucker Gangsta aus der Hood? Aber warum diskutieren. Also Kappe runter.
Aus einer anderen Bar will ich bloss schnell raus, Luft schnappen. Sofort greift der Türsteher nach meinem Glas. "Was ist da drin?" Schon steckt seine schnuppernde Nase in meinen Glas und als der Türmann bemerkt, dass KEIN Alkohol im Glas ist, lässt er mir meinen Drink. Vielen Dank auch.
Am Rockkonzert steht auf der Bühne eine Dame, die eindeutig NICHT zur Band gehört. Was macht die Frau da? Der Leadsänger klärt auf, stellt uns "the charming Amanda" vor, welche das ganze Konzert in Gebärdensprache übersetzen wird. Echt jetzt? Wie viele Taube es wohl im Publikum hat?
Ist ja irgendwie lustig, die Gebärdendolmetscherin und das Käppi-Verbot. Ich als Tourist kann das Land nach ein paar Tagen wieder verlassen. Aber wie kommen die Amis damit klar? Gewöhnt man sich an einen solchen Unsinn? 

Schweizer TV-Stars aus der 2. Reihe, heute Silvia Mathis: das VJ-Versprechen von TeleZüri

Bei den Lokalsendern wird zwar Schwiizerdütsch geredet, aber leider immer öfter durchsetzt mit fürchterlichen Germanismen. Ganz anders Silvia Mathis. Sie ist zwar kein strahlender Moderationsstar, aber eine kompetente Videojournalistin (kurz VJ) und wenn sie ein Thema anpackt, dann stets auch mit viel Liebe zur schweizerdeutschen Sprache.
Unscharf oder komisch. Und hochkompetent. 
Vermutlich hat sie in ihrem Leben ein- oder zweimal zu oft gehört, sie sei eine Herzige. So pflegt sie das optisch Uneitle. Bezeichnend, dass aussagekräftige Bilder von ihr auf den Social Media entweder unscharf oder komisch sind. 

VJ's müssen in allen Themen fit sein; egal ob Fussball-Weltmeisterschaft oder der Lokalpolitiker, ob Trockeneis oder Igel-Rettung. Silvia Mathis kann alles. 
Ihre Stimme ist angenehm, die Wortwahl passt, sie weiss, wovon sie spricht, verfällt nie in den bei den Lokalsendern häufig zu beobachtenden Sprach-Sprudel-Stress, bleibt ruhig, sachlich und fokussiert. Von diesem TV-Talent werden wir bestimmt noch viel sehen und hören. Hoffentlich wird sie dabei nicht von der G&G-Gugus-Presse als "Schätzeli" verwurstet. 

Freitag, 10. August 2018

Schweizer TV-Stars aus der 2. Reihe, heute Chris Strauch: der beste unbekannte Talker im Land


Übt der Mann manchmal seinen verdutzten Blick? Oder hat er den einfach drauf?
Das Verdutzte als grosse Stärke. 
Der Bündner Chris Strauch ist für mich der klügste, cleverste und damit - leider - beste unbekannte Fernsehtalker im Land. Strauch knackt jeden. Ob Arno Del Curto, Matthias Reim oder Mike Müller. Sie schmelzen alle unter seinen Fragen. So sind Strauchs Sendungen keine Selfman-Show des Moderators, sondern einfühlsam geführte Gespräche, die dennoch die Mainstream-Bedürfnisse befriedigen. 
Die Fragen sind klug und lustig, die grosse Stärke Strauchs sind seine Ohren, denn die setzt er gezielt ein. Er hört zu. Lässt ausreden. Oder grätscht dazwischen, wenns passt, aber nicht auf Kosten des Talkpartners, sondern um dem Gespräch die neue Wendung zu geben. Immer wieder bedanken sich seine Gäste für die "guten Fragen". Da lacht der Schalk-Talker - und wartet dann geduldig auf die Antwort der "guten Frage". So erreichen die Sendungen fast schon philosophische Tiefe, ohne intellektuell zu nerven. Und wenn Strauch dazwischen wieder seinen verdutzten Blick aufsetzt, ist der Drops sowieso gelutscht.  
Wie alle TV-Leute hat auch Chris Strauch noch einen grossen Talk-Traum, den er auf der Seite seines Haussenders TV Südostschweiz so benennt: MitBonowollte ich schon immer ein Interview machen, weilich ein grosser Fan von U2 bin. HIER der Link dazu. 
Wenn das einer in der Schweiz kann, ohne ständig peinlich zu grinsen, dann Strauch. So gilt für den besten unbekannten Talker im Land wohl die gute, alte U2-Parole "I still havent found what I am looking for". 

Dienstag, 31. Juli 2018

Schweizer TV-Stars aus der 2. Reihe, heute Fabienne Bamert: die Perle von Tele1

Es gibt so viele austauschbar-schöne Wetterfeen, so viele nett aussehende TV-Shop-Verkäuferinnen, so viele fröhlich grinsende Ex-Bachelorette's. Aber es gibt nur eine Fabienne Bamert. Fabienne Wer? mag sich manch einer fragen, der nicht in der Innerschweiz unterwegs ist.
Schön uneitel. 

Die Frau sieht natürlich klasse aus, keine Frage. Immerhin ist sie Ex-Miss-Schweiz-Anwärterin. Aber das spielt in ihren Sendungen keine Rolle. Völlig unprätentiös geht sie an ihre Arbeit und macht etwas, was es in der Schweizer Lokal-TV-Welt eigentlich fast nicht gibt; kurze Dokus mit Tiefe - und Humor. Ohne ein herzliches Lachen gehts nicht. Wenn Fabienne Bamert sich dem Rotlichtmilieu nähert, ist das nicht blosser Voyeurismus à la RTL2. Sondern eine ernsthafte Auseinandersetzung mit einem heiklen Thema. (Link zur Sendung HIER). 
Die Sendung mit Namen "Unterwegs" übrigens, die die Moderatorin regelmässig macht, wurde vom Lokalsender einst für Kurt Zurfluh erfunden. Ein TV-Schwergewicht, lange Jahre ein bekanntes Gesicht im Schweizer Fernsehen. Die Fussstapfen für Fabienne Bamert waren also gross genug. Aber sie hat den Sprung gewagt - und gewonnen. 
Also, auch wer TV-mässig nicht in die Innerschweiz guckt; modernes Fernsehen sei Dank empfangen wir heute ja nicht nur Sender aus aller Welt, sondern auch aus allen Regionen. Zappe also mal rein, dorthin wo das ansteckendste Schweizer TV-Lachen mit Tiefgang einen Namen hat: Fabienne Bamert, die Perle von Tele 1. 

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Ich liebe die Comedy-Show „Willkommen Österreich“, den kanadischen Sänger Bryan Adams, den besten Eishockeyclub der Welt ZSC, den genialen Schreiber James Lee Burke, die TV-Serie „The Newsroom“, die wunderbaren Städte München, New York und Zürich, Grapefruitsaft, Buddha, Bill Clinton, Enten und saftige Wiesen. Das bin ich. Stefan Del Fabro

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