Freitag, 27. November 2020

Wenn die Tatort-Expertin den Tatort-Kult-Kommissar nicht kennt

Wann zappt der Zuschauer beim TV-Krimi weg? Wenn es ihm nicht mehr gefällt. Gründe gibt es viele. Bei mir ist es so, dass ich ausschalte, wenn es doof wird. Definiere doof! Bei mir ist das dann erfüllt, wenn es unlogisch wird. Egal, auf welcher Ebene. 

Ich weiss, dass ich nichts weiss. 

In der Sendung "Club" im Schweizer Fernsehen unterhielten sie sich dieser Tage über den "Tatort" im allgemeinen und die Schweizer Ausgaben im Besonderen. Die Runde war geil zusammengestellt, sassen immerhin zwei Schweizer Tatort-Kommissar (Stefan Gubser und Anna Pieri Zuercher) in der Runde, ein ehemaliger Kripochef, ein Drehbuchautor, ein Tatort-Regisseur wurde aus Berlin zugeschaltet und eine "Tatort"-Expertin. Die Journalistin Simone Meier schaut sich Sonntags den "Tatort" und schreibt dann darüber. 

Persönlich machte diese Simone Meier einen sehr angenehmen Eindruck. Vermutlich könnte ich mit ihr auch ein Bier trinken gehen und mich ausführlich über Politik, Gesellschaft oder den Klimawandel unterhalten. Beim Thema "Tatort" aber - ihrem Steckenpferd - wäre das Gespräch schnell beendet. Die "Tatort"-Expertin gab in der Talkrunde nämlich zu, dass sie noch nie einen Schimanski-Tatort gesehen hätte.

Blieb da nur mir die Spucke weg?

Eine selbsternannte "Tatort"-Expertin - aber sie kennt den Kult-Kommissar nicht? Wie will sie denn die anderen Ermittler in Kontext stellen? 

Google ich die Frau, stosse ich schnell auf den Satz "Sie hat diverse Preise und Stipendien gewonnen". Das hat sie mir voraus. Und dass sie für Watson schreibt. Dass sie Bücher publiziert. 

Aber als sie zugab, Schimi nicht zu kennen, war für mich der Fall erledigt. Der Täter ist immer der unwissende Depp in der Runde. Ich zappte aus und weg. 


Samstag, 21. November 2020

"Vergeltung" von Robert Harris

Es gibt Filme, die werden mit grossem Trara angekündigt: Bestseller-Verfilmung, Oscar-Preisträger und ein berühmter Regisseur. Die Marketingmaschine läuft auf Hochtouren und das Publikum stürmt die Kinos. 

Dann aber die Enttäuschung; Look und Ambiente wie in einem normalen Fernsehfilm, kaum grosse Kino-Momente, keine Wow-Bilder und der Sound dudelt auch nur vor sich hin.

So ergeht es mir mit "Vergeltung" von Robert Harris. Schreiben kann der Mann. Das hat er bewiesen mit "Vaterland", "Ghost" oder "Konklave" und zuletzt "Der zweite Schlaf". 

Mit "Vergeltung" macht Harris das, was er besonders gerne tut: er baut um eine wahre Begebenheit eine Story und entführt uns an Orte und in Zeiten, die wir höchstens aus der Geschichtsstunde kennen. Das ist gut und es ist packend. Akkurat werden Kleidung oder Mobiliar beschrieben - wir sind mittendrin in London und Belgien im Weltkriegsjahr 1944. Die Nazis haben eine Rakete entwickelt und bombardieren die britische Hauptstadt. Die Briten ihrerseits entsenden eine Truppe Mathematikerinnen, um die Flugbahnen zu berechnen und so eruieren zu können, wo die Raketen abgeschossen werden. 

Diese Ausgangslage - so wahr sie ist - ist natürlich etwas zu technisch, etwas zu rational. Also gibt es auf beiden Seiten eine Hauptfigur. Praktischerweise ein Mann und eine Frau und der Klappentext kündigt sogar an: "Das Schicksal wird die beiden aufeinandertreffen lassen." Genau darauf baut der Spannungsbogen. Wann treffen sich der zweifelnde Nazi-Ingenieur und die zweifelnde britische Offizierin? 

Kommt es zum grossen Happy End mit Pauken und Trompeten? "Vergeltung" ist zähe 359 Seiten lang. Auf Seite 355 kommt es endlich, endlich zur Begegnung!! Dass nun nicht mehr viel passiert, ist klar. "Er nahm ihre Hand, lächelte, sah sie an, in sie hinein, durch sie hindurch und sagte: Man hat uns beide getäuscht". 

Was leider auch die Essenz dieses Buches ist. Wir werden alle fürchterlich getäuscht. 


Freitag, 20. November 2020

Der Homöopath im Weissen Haus

Die Medien überschlagen sich in der Beschreibung von Donald Trump und seinem Verhalten gegenüber dem Wahlergebnis: bizarr, absurd, durchgedreht, realitätsfremd, abgehoben. 

Kukst Du? Oder was liegt da auf dem Desk?

Das mag sogar alles stimmen. Hält man aber einen Moment inne und betrachtet Trumps Verhalten mit einer Portion Ironie und Abstand, dann fällt - zumindest mir - etwas Neues auf. Er verhält sich homöopathisch. "Ähnliches möge durch ähnliches geheilt werden" ist bekanntlich der Ansatz dieses alternativen Medizinmodells.

Genau das macht Trump. Er produziert Lüge um Lüge um gegen die angebliche Wahllüge vorzugehen. Er schmettert "Alles illegal" - und tut selber nichts anderes, als zur Illegalität aufzurufen. "Gehen Sie doppelt wählen" forderte er vor der Wahl seine Anhänger auf. Was illegal ist. Nun beklagt er sich über die "Illegalität der Wahl" - und ruft zu illegalem Handeln auf. Er fordert Wahlleute in den republikanischen Bundesstaaten auf, das Resultat zu seinen Gunsten zu interpretieren.

Das alles mag in der Tat bizarr und absurd sein. Aber es ist - leider - auch in einem hohen Mass homöopathisch. 

Eine Strategie wird es wohl nicht sein. Ein Mann, der sich knapp fünf einfache Begriffe für einen Test merken kann, wird kaum wissen, was Homöopathie ist. 

Mich erstaunt jedoch, dass ihn niemand auf seine illegale Aufrufe hinweist. Wenn ich aufrufen würde, "Banken zu überfallen" um den Leuten "ihr Geld zurückzugeben", hätte ich schnell die Justiz am Hals. 



Donnerstag, 12. November 2020

Comey Rule - oder als die Mafia ins Weisse Haus zog

Widerwillig hört FBI-Chef Comey (Jeff Daniels) den
blödsinnigen Ausführungen von Donald Trump
(Breendan Gleeson) beim Dinner zu.


Bis heute wird John F. Kennedy verehrt. Bis heute ist nicht ganz klar, ob und wie JFK mit der Mafia verbunden war. Und wäre das Attentat 1963 nicht gewesen, hätten wir vielleicht einen anderen Blick auf die Präsidentschaft Kennedys.

Das Weisse Haus in Washington hat etwas magisches. Wer schon mal in der amerikanischen Hauptstadt war, kann sich dem Phänomen kaum entziehen. Das Kanzleramt in Berlin mag pompöser sein, der Elyssé Palast in Paris geschichtsträchtiger. Aber an den Mythos des Weissen Hauses kommt nichts heran. 

Bis jetzt. Bis die Mafia endgültig eingezogen ist. Denn nichts anderes ist die Präsidentschaft von Donald Trump. Der führt sich wie ein Besetzer auf, anerkennt seine Wahlniederlage nicht und überzieht alle mit seiner widerlichen Häme, die in Spucknähe kommen. 

Die Miniserie "The Comey Rule" ist brandaktuell und für jemanden mit offenem politischen Herzen nur schwer zu ertragen. Im Mittelpunkt des Vierteilers steht der von Trump 2017 geschasste FBI-Direktor James Comey, der letztlich an seiner eigenen Loyalität scheitert. Jeff Daniels spielt seine etwas arg pathetisch ausgestattete Rolle mit defensiver Würde. Brendan Gleeson hingegen, der den Noch-Präsidenten darstellt, schrammt haarscharf an der Karikatur vorbei. Oft genug ertappt man sich aber dabei, wie man diese Gesten, diese Mimik vom echten Donald Trump nur zu gut kennt.

"The Comey Rule" ist knackige 4 Folgen kurz - und bringt es trotzdem messerscharf und pointiert auf den bitteren Punkt. Verlieren? Das ist für andere! Aber nun Mister Trump ist auch für Sie Game Over. 

Mittwoch, 11. November 2020

Von der ganz, ganz grossen Sehnsucht

"Hope Street" heisst das Buch von Tote Hosen-Sänger Campino und es pendelt zwischen Biografie, Liebeserklärung ans Leben, die Musik, den Fussball im Allgemeinen und dem Liverpool FC im Besonderen. Dieser Spagat ist Stärke und Schwäche gleichzeitig. Einerseits liest sich "Hope Street" leicht und gut, langweilig wird es sowieso nie, aber der richtig rote Faden.

Als ich ein Kind war, war ich Fan vom FC Everton. Ohne genau zu wissen, was das für ein Verein ist oder woher er kommt. Heute weiss ich, dass ist der zweite grosse Verein aus Liverpool und Rivale der "Reds". Dennoch greife ich begeistert zum Campino-Buch. Der Untertitel macht schliesslich Laune: "Wie ich einmal englischer Meister wurde". Wer will das schon nicht?

You're luking fuckin' luvly

Dass der FC Liverpool seit 2015 von Jürgen Klopp trainiert wird, hilft, den Verein zu mögen. Dass Campino nun diese Liebeserklärung verfasst noch mehr. "Hope Street" quillt über von persönlichen Erlebnissen und ist launig geschrieben. Sehr schön ist eine Szene, die sich in der titelgebenden Hope Street abspielt: "Ich laufe die Hope Street runter. Genau hier hielt mal ein Laster neben mir. Ich habe für eine Arte-Dokumentation mein Liverpool gezeigt. Die Maskenbildnerin tupfte mir im Gesicht herum. Da rollte der Lastwagen heran, der Fahrer lehnte sich aus dem Fenster, formte seine Lippen zu einem Kussmund und rief im schönsten Scouse-Dialekt: "You're luking fuckin' luvly, luv!"

"Hope Street" von Campino ist zwar nicht das ganz grosse Kino. Aber es handelt doch von der ganz grossen Sehnsucht. Darauf ein eisgekühlter Bommerlunder. 




Freitag, 6. November 2020

Die nächste Bananenrepublik ist ganz nah

Es ist eines der schönsten Länder der Welt, es ist ein Sehnsuchtsland, es zieht jährlich massenweise Touristen an, die sich ehrfürchtig die gewaltigen Kuppeln von majestätischen Bauten anschauen. Das Land ist bekannt für schnittige Autos, kreatives Essen, geniale Köpfe, kluge Menschen, fantastischer Natur. 

Ein derart faszinierendes Land hat natürlich auch seine Schattenseiten. im Süden strömen Migranten hinein, im Norden schütteln sie die Köpfe. Die Hauptstadt ist für viele Regionen weit entfernt und entsprechend unbeliebt. 

Ein Land der Gegensätze also. Kein Wunder, werden kuriose Figuren auf wichtige Posten gewählt. Das Lügen und Tricksen gehört dazu und ist, ganz im Gegensatz zu unseren politischen Breitengraden, auch nichts anrüchiges. 

Der bizarrste Politiker war ein ältlicher Herr mit merkwürdiger Frisur, einem Hang zu jüngeren Frauen, einem peinlichen Dauergrinsen - und einer ungewöhnlichen Haltung zu Wahrheit, zur Schummelei und zu mafiösem Verhalten. 

Italien - das Land von Leonardo Da Vinci, Gianluigi Buffon, Michelle Hunziker - aber leider auch von Benito Mussolini oder dem zuvor genannten Politiker: Silvio Berlusconi. Dieser schaffte es, viermal zum Ministerpräsidenten gewählt zu werden. Berlusconi war Regierungschef von 1994-95, von 2001-05, von 2005-06 und von 2008-11. 

Darüber sollten wir Europäer nachdenken, wenn wir nun mit dem Finger auf die USA und deren korrupten und machtgeilen Präsidenten zeigen. Das ähnliche Grauen lauert auch bei uns. Es ist ganz nah.



Montag, 2. November 2020

Sind die USA verrückt geworden?


Noch spielt Steve Carell unter dem Radar. Aber er könnte ein nächster Oscar-Gewinner sein. Einer, der es Tom Hanks nachmacht. Dieser war lange auf Blödelrollen abonniert, wechselte dann ins ernsthafte Fach - und ist heute einer der gefragtesten Schauspieler. 

2014 bekam Carell seine erste Oscar-Nomination (für "Foxcatcher"). Seither spielt er immer öfter und immer besser anspruchsvolle Rollen wie in "Vice" oder "Big Short" und nun in "Irresistible". 

Sind die USA verrückt geworden? fragt man sich unweigerlich und ein Blick ins Weisse Haus bestätigt leider die schlimmste Befürchtung. Ja! Der neue Steve Carell-Film nimmt diese Prämisse auf und serviert uns vordergründig ein nettes Polit-Filmchen. Aber unter diesem fröhlichen Mantel lauert das böse, politische Gewissen der USA. Die politischen Parteien sind längst völlig entfesselt, ihr Personal sowieso und so landen die Film-Figuren in einem kleinen Nest in Wisconsin, wo sie mit ihrer Grossstadt-Philosophie punkten wollen.

Genüsslich seziert "Irresistible" den um sich greifenden politischen Grössenwahn und demaskiert ihn letztlich auf die humorvollste Art. 

Niemand rechnet bei einem solchen Film mit einer Pointe wie eine Handgranate. Alles nimmt seinen zynischen Gang, nett gefilmt (etwas zu sehr im TV-Look), die Klischees werden reihenweise bedient, nur um dann im Grande Finale wie ein Pfannkuchen in sich zusammenzufallen. 

Sind die USA verrückt geworden? Ja! Gibt es eine Chance auf Heilung? Ja! Das zumindest verspricht "Irresistible". 


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Ich liebe die Comedy-Show „Willkommen Österreich“, den kanadischen Sänger Bryan Adams, den besten Eishockeyclub der Welt ZSC, den genialen Schreiber James Lee Burke, die TV-Serie „The Newsroom“, die wunderbaren Städte München, New York und Zürich, Grapefruitsaft, Buddha, Bill Clinton, Enten und saftige Wiesen. Das bin ich. Stefan Del Fabro

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