Dienstag, 21. Mai 2019

Köbi Kuhn, der Mann, der nicht Nein sagen kann

Längst hat sich die Schweiz auf der internationalen Fussballkarte etabliert und das hat sie einem auch optisch eher unscheinbaren Mann zu verdanken. Als Köbi Kuhn 2001 die Nationalmannschaft als Trainer übernahm, zuckte ich zusammen und war mir sicher, die fetten Jahre sind vorbei. Doch sie standen erst bevor. Kuhn war der erste Natitrainer, der drei Turniere in Serie erreichte, der mit seinem Anspruch "Wir sind eine Familie" zuerst belächelt, dann verehrt wurde, dessen berühmter Nachfolger Ottmar Hitzfeld die von Kuhn gemachte Einheit nicht besser machen konnte. 
Aber Köbi Kuhn ist viel mehr als nur ein erfolgreicher Fussballtrainer. Er war selber Fussballer beim FC Zürich, scheiterte als Versicherungsagent und ging Konkurs, verlor seine Tochter an die Drogen und seine langjährige Frau an eine Krankheit.
Ein reiches Leben also. Das jetzt in Buchform als Autobiografie erscheint. Und leider krachend scheitert. Fussball ist ein emotionaler Sport und genauso sollte ein Fussballer-Buch auch sein. Warum eine People-Journalistin (die Autorin Sherin Kneifl besteht sogar auf ihrem Dr.-Titel) Verfasserin ist, kann ich mir nur mit einer Schwäche Köbi Kuhn's erklären, die er auf den knapp 200 Seiten mehr als einmal erklärt, und zwar, dass er nicht gut Nein sagen kann.
Ist die Fussball-Nati zwar auf Weltformat und in der aktuellen Weltrangliste auf Platz 8 - vor Spanien oder Deutschland - das Land aber scheint keinen Fussball-Journalisten zu haben, der auch nur einigermassen Regional-Format hat. So ist dieses inhaltlich feine Büchlein schludrig runter geschrieben, es folgen Phrasen auf Floskeln, Emotionen kommen kaum vor, als ob ein Mathematik-Professor aus seinem Leben schreibt. 
Wäre dieses Buch ein Fussballspiel, so würde ich sagen: Lange darauf gefreut, nur um dann ein dröges 0:0 zu sehen. Es gab kaum Strafraumszenen und viel langweiliges Geplänkel. Oder im Jargon: "Hier haben sich zwei Mannschaften neutralisiert". 

Dienstag, 14. Mai 2019

Comeback von Stan&Ollie: Sind das nicht die Echten?

Jede Zeit hat ihre Superstars. In den 1930er und 40er Jahren waren das in Hollywood Stan Laurel und Oliver Hardy. Aber wie das so ist, Ruhm verblasst. Das optisch ungleiche Duo tingelt bereits in den 1950er Jahren durch mauskleine Theater in England und versucht verweifelt, an die grosse Ära anzuknüpfen. 
Wir kennen Stan und Ollie als "Dick & Doof", was meine öde TV-Kindheit in den 1970er Jahren, zwischen "Western von gestern" oder "Väter der Klamotten", massiv aufgewertet hat. Wie gut erinnere ich mich, wie sich Oliver eine grad frisch ins Gesicht geklatschte Portion Spagetti wegzieht. Der Burner meiner Kindheit. 
Links die echten, rechts die beiden aus dem aktuellen Kinofilm.

Der Kinofilm "Stan & Ollie" ist eine bittersüsse Hommage, brillant ist der Look der beiden Hauptdarsteller John C. Reilly als Ollie und Steve Coogan als Stan, sehr fein gezeichnet ist deren Niedergang - aber der Film ist eindeutig für ein Publikum jenseits der 50 gemacht. Natürlich fehlen in einem solchen Werk Action, Schärfe oder schnelle Schnitte. Aber es ist nicht das, was mich irritiert, sondern die behäbige Dramaturgie oder die fehlende Opulenz. Der 1992 erschienen "Chaplin" (mit einem damals noch jungen und jenseits des Iron Man-Image agierenden Robert Downey jr) hatte Tiefe und Härte, und war vorallem grosses Kino. Das ist "Stan & Ollie" leider nicht, obwohl sich der Film schon lohnt. Immer wieder stellt man sich die Frage; sind das nicht etwa die echten Stan Laurel und Oliver Hardy? Das kann doch nicht sein. Die Ähnlichkeit ist verblüffend. Der arme John C. Reilly musste ein schweres Schwabbelgewand unter seinem Kostüm tragen, er soll sich in den Drehpausen, dampfend wie ein Rhinozeros ins Kältebad gelegt haben. Dafür wurde er immerhin mit einer Golden Globe-Nomination geehrt. 
Fantastisch übrigens der Filmeinstieg. Ungeschnitten wandern Stan & Ollie übers Filmgelände aufs Set ihres nächsten Filmes. Für diesen kurzen Moment blitzt das ganz grosse Kino dann doch durch. 


Freitag, 10. Mai 2019

"Abgeschnitten"; endlich eine vernünftige Fitzek-Verfilmung

Sebastian Fitzek ist sowas wie die deutsche Antwort auf Stephen King - wenngleich ohne Hokuspokus und anderen paranormalen Firlefanz. Aber in Sachen Spannung, blutigem Trash und verkauften Büchern ist Fitzek auf Augenhöhe. Umso erstaunlicher, dass mit "Abgeschnitten" erst zum dritten Mal ein Fitzek-Buch verfilmt wurde. Dafür ist dieses gleich ein zweistündiger Höllenritt, welcher das Attribut "Kinofilm" voll verdient. Die Bilder sind gross und opulent, die Spannung hält und das Ensemble ist in vergnüglicher Spiellaune. Hier spult keiner seine Rolle runter, hier wird geschrien und gelitten, was das Zeug hält.
Moritz Bleibtreu ist abgeschnitten. 

Der Titel ist an Doppeldeutigkeit nicht zu überbieten. Der Rechtsmediziner Paul Herzfeld (Moritz Bleibtreu) säbelt mit gruseligem Vergnügen an seinen Leichen rum, nur um bald in ein Komplott hineinzuschlittern, aus dem es keinen Ausweg, respektive einen Eingang gibt. Denn der Filmtitel bezieht sich viel eher auf die Insel Helgoland, die durch einen Schneesturm vom Festland abgeschnitten ist. Aber genau auf der Insel ereignet sich schauerliches, der Rechtsmediziner aber steckt in Berlin und kann nur via Telefon zu Hilfe eilen. 
Das Gerüst steht, das blutige Grauen beginnt. Natürlich stockt die Geschichte immer wieder, es tut sich so manches Logikloch auf, durchaus wichtige Nebenfiguren werden kaum richtig eingeführt und eine der Figuren ist derart dubios, nur um sich doch als komplett harmlos herauszustellen. Das alles macht jedoch gruseligen Superspass. Was zum einen am Regisseur Christian Alvart ("Antikörper") liegt, der die dramaturgischen Schrauben exakt im richtigen Moment in die exakt richtige Dehnung dreht. Und es liegt am Cast, allen voran Moritz Bleibtreu, der gewohnt flucht und schimpft, sich aber in seiner Heldenrolle angenehm zurücknimmt und seiner Partnerin Linda (Riesentalent; Jasna Fritzi Bauer) genügend Raum gibt. Wobei das gar nicht so schwer ist, die beiden sind die meiste Zeit nur übers Telefon verbunden, und wie sie sich endlich gegenüber stehen, ist der Fall abgeschlossen. Tja, zumindest scheint es so.. Leider geht Fahri Yardim etwas unter und "Bösewicht" Lars Eidinger bleibt total blass. 
Fazit: "Abgeschnitten" ist eiskalte Finsternis, blutig-feines deutsches Trash-Kino auf gehobenem Niveau und ohne den ihn ähnlichen Hollywood-Produktionen üblichen Moralfinger. Lohnt.

Sonntag, 5. Mai 2019

Trotzdem lustig

Wenn ein Buch nicht nur die Erwartung, sondern seinen selber formulierten Ansatz nicht erfüllt, dann finde ich, dass das eine Mogelpackung ist. Wenn das Buch vom deutschen Komiker Kaya Yanar («Guckst Du») ist, ist es trotzdem lustig.
«Das ist hier aber nicht so wie ein Deutschland» lautet der Buchtitel und verkündet nichts weniger, als eine Sammlung von Kayas Erlebnissen ausserhalb Deutschlands oder in seiner neuen Heimat Schweiz. Flugs greife ich als Schweizer mit deutschen Vorfahren und affin zu Komikern zum Buch, lache mich manchmal schlapp, wundere mich dann aber immer wieder über Ausflüge in die Biographie des Komikers, die dann so gar nichts mehr mit dem Titel zu tun haben. Eine Ferienreise nach Australien? Seine Katzengeschichten? Auseinandersetzungen mit Politessen oder seinen Eltern? Lustig, wirklich… Aber eben doch deutlich am Grundthema vorbei.

Papierbündeli? Kartonbündeli!

Der Blick von Aussen auf die eigene Heimat ist zumeist erhellend und die Anekdote mit den Papierbündeli ist scharf genug mit Allem um dem Anspruch zu genügen. 
"Ich bot an, den Müll rauszubringen. Als ich jedoch meinen Abfall aus dem Arbeitszimmer mit dem Restmüll in eine Tüte schmiss, brachte ich offenbar grosse Schande über mich.
Kaya! Hööör uuf.
Was hatte ich denn jetzt wieder gemacht?"
Zwischen Kaya und Freundin entspinnt sich ein herrlich komischer Dialog über Abfalltrennung, Papierbündeli und dass in der Schweiz Karton und Papier in der Abfallbehandlung nicht das Gleiche ist. Ebenfalls grossartig die Anekdoten rund um das Schweizer A- und B-Post-System. "Hast Du den Vertrag mit B-Post geschickt?", fragt die Frau und lässt die Fragezeichen mal wieder um den Kopf des Komikers aka Neuschweizers tanzen. "Hä, was! Ihr habt eine langsame Post? Wer geht in eine Filiale und sagt Grüezi, ich möchte diesen Brief verschicken, aber nicht zu schnell."
In diesen Momenten ist Yanars 200-Seiten-Büchlein mehr als nur WC-Lektüre, es ist der Spiegel zur Schweizer Seele, tut gut und lässt mich denken, ich bin nicht der einzige, der Schweizer Eigenarten komisch findet. 
Der Lesegenuss ist hoch, aber die Erwartungen kann mit dem Titel nicht erfüllt werden. Das Schlusskapitel wartet dann noch mit einer kleinen Überraschung auf. Kaya's Frau schreibt über ihren berühmten Mann. Ein Schmankerl zum Schluss. 

Donnerstag, 2. Mai 2019

My Baby just cares for me

Theatersaal Rigiblick hört sich so herrlich profan an. Dabei ist die höchst gelegene Kulturstätte Zürichs viel mehr als nur ein "Theatersaal", mehr als nur ein Ort, wo gespielt, gesungen, geklatscht wird. Nomen ist hier aber nicht Omen, den die Rigi, die Königin der Schweizer Berge, ersieht man aus dem Theatersaal nicht, denn der ist abgedunkelt und wenn man die Rigi tatsächlich erblicken sollte, dann von der Terrasse des Theaterhauses, und auch nur bei guter Sicht.
Nina Simone, verstorben 2003, wurde im Theatersaal
Rigiblick mit einer Tribute unzureichend gewürdigt. 

Ist der Name nun Propanz? Natürlich nicht. Das Theater ist fein, der Ruf gut, die Produktionen tadellos und ziehen das zahlungskräftige Publikum vom noblen Zürichberg an. 
Die ganz, ganz Grossen locken ins Rigiblick, von Sinatra über Springsteen, Amadeus, Queen, Edgar Allan Poe. Sinatra? Springsteen? Naja, die Theaterleute machen das schlau, es sind "Tribute's to..." Ich habe mir eines angeschaut, das über die Sängerin Nina Simone, die mit "My Baby just cares for me" einen dieser Welthits hatte, der Jahrzehnte überdauert und zum ewigen Ohrwurm wird. So war einiges über die schwarze Sängerin zu erfahren, die ein glühender Fan Johann Sebastian Bachs war, sich über Rassengrenzen hinweg setzen musste, ein bewegtes Leben hatte - und im Rigiblick leider nicht ganz auf der Zeit der Theaterhöhe gewürdigt werden konnte. 
Hier ins Detail zu gehen würde den Rahmen sprengen. Was bleibt ist eine eindrucksvolle, geglückte Darbietung des grossen Hits. Das hat mich entschädigt für den Rest des Abends, der mich eher mürrisch zurückgelassen hat. theater-rigiblick.ch



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Ich liebe die Comedy-Show „Willkommen Österreich“, den kanadischen Sänger Bryan Adams, den besten Eishockeyclub der Welt ZSC, den genialen Schreiber James Lee Burke, die TV-Serie „The Newsroom“, die wunderbaren Städte München, New York und Zürich, Grapefruitsaft, Buddha, Bill Clinton, Enten und saftige Wiesen. Das bin ich. Stefan Del Fabro

Wetten dass und die unglaubliche WOW!!!!-Michelle

Er ist wieder da . Im schwarz-roten Blingbling-Anzug tritt Thomas Gottschalk auf und erhält sofort eine Standing Ovation. «Ich bin’s doch nu...

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