Donnerstag, 22. November 2018

Barbara Bleisch; die eloquenteste Schweizer TV-Talkerin

Stets auf Augenhöhe; Barbara Bleisch im TV-Studio

Was macht einen guten TV-Talker aus? Ich finde Neugierde, Hartnäckigkeit, Empathie und ein enormes Interesse am Gegenüber.
Dass all diese Eigenschaften in einem Fernseh-Menschen zusammenkommen, ist selten genug, zumal in der überschaubaren Schweiz. In der Person von Barbara Bleisch hat das nationale Fernsehen ein Talkerin inhouse, die im deutschsprachigen Raum ihresgleichen sucht und gäbe es eine Talk-Champions League, Barbara Bleisch wäre dabei. Notabene als einzige aus der Schweiz.
Und was tut ihr Haussender um diese blühende Kompetenz auch einem breiten Publikum näher zu bringen? Dass, was das Schweizer Fernsehen in solchen Situationen immer tut; sie versteckt ihr bestes Pferd. Oft genug versauern die Talente im Spätprogramm, Bleisch wird woanders geparkt, nämlich am Sonntagmorgen. 
Barbara Bleisch ist inhaltlich sattelfest, rhetorisch geschickt, optisch unaufgeregt, stets souverän und hat sowieso immer ein Lächeln auf den Lippen. Die TV-Frau ist für mich - obwohl Jahrgang 1973 - die talentierteste unbekannte Talkerin im Land. 
Bereits ein Blick auf ihre Biographie zeigt, woran das liegen könnte. Die Frau hat, nicht wie viele ihrer überkandidelten BerufskollegInnen, Publizistik, Politik oder sonst ein cooles Studium absolviert, sondern Religionswissenschaften studiert. Aber sie kommt alles andere als theologisch-verkopft oder wissenschaftlich-verstaubt rüber. 

Niemand - ausser C-Promis - wird gerne auf sein Äusseres reduziert. Ein Wort über Barbara Bleisch's Aussehen darf nicht fehlen. Es hat schon was, wenn sie ihre wachen Augen empathisch auf ihr Gegenüber richtet und ohne ständig mit den Händen zu wedeln, ihren Gesprächspartnern zuhört. Sie ist sattelfest und muss sich auch nicht ständig krampfhaft an Moderationskärtchen festhalten. 
Wenn Bleisch talkt, ist das Gespräch im Fluss. Ihre Fragen sind nuanciert und beginnen nicht wie bei anderen mit einem ständigen "Aber...", sie weiss, wann zuzuhören und wann nachzuhaken, sie kann hartnäckig oder sanftmütig. Dennoch schafft es Barbara Bleisch, selbst die quälendste Diskussion am Leben zu halten. Geht es um Sexualität nimmt die Moderatorin ohne rot zu werden Wörter wie Blow job (am Sonntagmorgen, notabene!) in den Mund, geht es um Ängste, sitzt sie mit Furchteinflössenden Menschen auf Augenhöhe auf dem Talk-Sofa. 
Während ihre ModerationskollegInnen in der Arena schwafeln, im Club fuchteln und in den anderen Formaten den sanftmütigen, aber dann doch empathielosen Moderator geben, bleibt Bleisch fokussiert, stellt das Thema und nicht sich in den Vordergrund.
Angenehm. 



Umtauschen? Selbstverständlich NICHT!

Der neue Mantel sass perfekt. Ich bin da echt heikel. So ein Mantel muss ein paar Dinge erfüllen. Dieser hatte erfüllt. Ich war happy. Nach ein paar Tagen merkte ich, der Mantel zwickt. Perfekt ist anders. Oder bin ich zu dick? Egal. Dann tausche ich ihn um. Gedacht, getan und zurück ins Kleidergeschäft, einer Filiale von Peek und Cloppenburg. Dort die Ernüchterung. "Umtauschen? Das machen wir nicht", erklärte mir eine Verkäuferin mit einem Ausdruck, als ob sie in eine Zitrone gebissen hatte. "Ich habe den Einkaufszettel bei mir und es ist doch erst ein paar Tage her. Ich möchte den Mantel bloss eine Nummer grösser. Könnten Sie nicht....?" Doch die Zitrone lächelte sauer. "Wie gesagt. Leider nein."
Also habe ich Kontakt aufgenommen mit der Firma. Deren Mail-Adresse lautet immerhin dialog@..... Und ich habe Antwort erhalten: «Unser Anliegen ist unseren Kunden nicht nur ein tolles Einkaufserlebnis, sondern auch einen tollen Kundenservice bieten zu können. Daher bieten wir bei P&C eine Umtauschmöglichkeit von bis zu zwei Monaten ab Kaufdatum an. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Artikel zum regulären oder reduzierten Preis erworben wurden. Ein Sachverhalt muss beim Umtausch jedoch erfüllt sein: Die Ware muss unversehrt und ungetragen sein.

Wie ich direkt nach Ihrem Besuch von der von Ihnen erwähnten Mitarbeiterin erfahren habe, trugen Sie den Mantel im Moment des Umtauschwunsches jedoch. Somit konnte die Mitarbeiterin nicht anders, als von Ihrem Gesuch Abstand nehmen. Ich hoffe, Sie haben hierfür Verständnis, denn sicher ist getragene Ware, online wie stationär nicht dem nächsten Kunden zu überlassen.»
Verständnis? Für einen einmal getragenen Mantel? Nö. Da frage ich mich doch glatt; woran darbt eigentlich der Detailhandel? Das Zauberwort heisst "Unflexibilität". Was Online schon lange ganz normal ist, nämlich Umtausch, scheint in der analogen Welt nicht zu funktionieren. Und dann wundern sie sich, wenn sie ihre Shops schliessen müssen. Sie - also die Ladenbesitzer - suchen dann Ausflüchte. Der starke Schweizer Franken, neue Gesetze, die Baustelle vor der Tür. Aber nie suchen sie den Grund bei sich. 
Gerade eben musste in Zürich eine Gruppe von elf Fotogeschäften schliessen. Insolvenz. Erst vor ein paar Monaten war ich in einem dieser Läden und wollte mir eine Kamera zurücklegen lassen. "Damit ich noch eine Nacht drüber schlafen kann". Die Antwort? "Leider nein." Und jetzt geht der Rollo bei dieser Foto-Gruppe runter. Mein Bedauern hält sich in sehr argen Grenzen. Denn ich habe als Kunde ja die Wahl. Digitale Welt sei Dank. Da kann ich umtauschen. Oder zurücklegen. 




Mittwoch, 7. November 2018

Warum machen die Skandis eigentlich soviel bessere TV-Serien als wir?

Sofia Helin als Saga Noren, Kim Bodnia als Martin Rohde
in der schwedischen-dänischen Serie "Die Brücke". 
Wer "Borgen" kennt jubelt. "Die Brücke" ist Weltklasse und so gut, dass sie schon mehrmals adaptiert worden ist. "Follow the money" ist genial. "Midnight Sun" ist sensationell. "Occupied" ist erschreckend realistisch. Was haben diese Titel gemeinsam? Es sind alles Serien aus Norwegen und/oder Schweden und/oder Dänemark. Ebenfalls gemeinsam; alle diese TV-Serien sind brillant. Da macht sogar Binge-Watching Spass. Was man von unseren Serien kaum behaupten kann. Mit "uns" meine ich den deutschsprachigen Raum. Da döddelt die "Lobbyistin" uninspiriert vor sich hin. Da verzichtet "Die Protokollantin", obwohl ambitioniert, auf alle Genre-Vorgaben wie Cliffhanger oder Sympathieträger und kommt mit einem knappen "genügend" ins Ziel. 
Spurensuche. Warum sind die Skandis im TV-Erzähl-Business so gut? Und wir nicht. 
Dänemark, Schweden und Norwegen kommen zusammen gerade mal auf knapp 20 Millionen Einwohner. Die deutschsprachigen haben fünfmal so viel - aber höchstens eine halb so gute TV-Kost.
Sind die Skandis einfach klüger als wir? Cleverer? Sozial weiter? Vielleicht liegts an der Literatur. Die haben Henning MankellArne Dahl, Jo Nesbø, Karin Fossum oder Jussi Adler-Olsen, wir haben Bernhard Aichner aus Österreich, Martin Suter aus der Schweiz oder Sebastian Fitzek die spannend und manchmal sogar böse sind. 
Ist es die geografische Lage? Wer in der Nähe des Polarkreises wohnt, neigt eher zu Morbidität als wir gemütlichen Alpenbewohner. Nein, das ist psychologischer Unfug. Ist es die ungeheure Weite der dünn besiedelten Länder? Gedeihen da besonders intensive Geschichten, während wir es in unserem Dichtestress gerade noch schaffen, Klitzekleinigkeiten zu produzieren.
Gute Stoffe, gute Regisseure, faszinierende Landschaften alleine würden aber nicht ausreichen, gäbe es da im Norden nicht auch noch fantastisches Personal. Was in diesen Serien alles für Schauspieler auftreten, die wir kaum kennen ist sensationell. Bei uns latschen immer wieder die gleichen Gesichter durch die Kulissen. Bei den Skandis muss es irgendwo eine geheime, ultragute Schauspielschule geben. Und eine für Regisseure. Filmmusiker. Autoren.
Alpen-Kreative, auf in den Norden. Lasst Euch inspirieren. Ich will das auch bei uns.

Die aufregendste Schweizer TV-Reporterin im Knast

Selbstversuch. Fabienne Bamert lässt sich in eine Zelle einschliessen.
Die neugierigste und damit aufregendste Schweizer TV-Reporterin macht's immer und immer wieder. Nämlich pfiffiges Fernsehen mit wenig Budget, aber viel Freude.
Diesmal war die Tele 1-Perle Fabienne Bamert im Gefängnis. Ein einziges Wort würde die ganze 20minütige Sendung beschreiben: Sehenswert.
In der Reihe "Unterwegs" macht sich Bamert regelmässig auf und liefert ein Format, dass zwar Reportage heisst, aber viel mehr ist. Die Journalistin schafft quasi ein neues Genre in dem sie ihre freundliche Hartnäckigkeit mit echter Begeisterung kombiniert. Somit ist sie nicht nur weit weg von der aufgesetzten Grinserei a la Schweizer Fernsehen, sondern bannt den Zuschauer, indem sie dahin geht, wo's auch mal weh tut. Sie begleitet Spital-Clowns, redet mit Prostituierten oder wie im aktuellen Fall; sie geht in den Knast.

Sie fragt, was uns alle interessiert

Im Zuger Gefängnis Bostadel, wo die wirklich harten Jungs sitzen - Verwahrte und Lebenslängliche - geht Fabienne Bamert auf Spurensuche. Wenn sie im Interview-Modus ist, schrammt sie zwar oft hart an der Grenze zum Flirt, es fehlt dann vielleicht diese Distanz, die wir vom faden Staatssender kennen. Aber das ist auch eine Stärke der Reporterin. Sie kann eine heikle Frage auch mal lächelnd stellen ohne anzubiedern um dann aber genau und konzentriert zuzuhören. Sie fragt das, was uns interessiert: Hat der Direktor Mitleid mit den Insassen? Kann sich der Vollzugs-Beamte in den Gefangenen einfühlen?

Warum? Weil sie's kann!

Gerade in dieser Gefängnis-Reportage (eine Doppelfolge übrigens) wird die smarte TV-Frau von den toughen Mitarbeitern oft genug distanzlos betrachtet. Aber Bamert vergeht die Freundlichkeit nicht - selbst wenn es nichts mehr zu lachen gibt. Ihr verzeiht man das. Warum? Weil sie's kann.
Die Bostadel-Folgen in der Reihe "Unterwegs" vom Lokal-TV "Tele1" sollte man sich nicht entgehen lassen. Das ist keckes Fernsehen auf Topniveau. Auch wegen der aufregendsten TV-Reporterin.
Zum nochmals nachschauen auf Link klicken. Und dann ab hinter schwedische Gardinen.

Sonntag, 4. November 2018

Bösland von Bernhard Aichner

Was haben "Justiz" von Friedrich Dürrenmatt und "Bösland" von Bernhard Aichner gemeinsam? Das sind die einzigen beiden Bücher, die ich innerhalb weniger Stunden verschlungen habe. Ansonsten bin ich der typische Sofa- oder Vor-dem-Schlafen-Lesen; ein paar Seiten, dann Augen zu oder Blumen giessen.
Nicht so bei "Bösland". Da mussten Blumen, Schlafen oder Katze warten.
Nach seiner Trilogie um die mordende Bestatterin Blum (Totenfrau, Totenhaus, Totenrausch) legt der Tiroler Autor nun nach. In der Intensität nicht ganz so rauschhaft, nicht ganz so brutal, aber in der akkurat gewobenen Sprache weiter klar und deutlich, vielleicht sogar noch eine Spur präziser bis zynischer. "Bösland" ist ein Page-Turner, wie wir es eigentlich nur von den Amis kennen. Da wundert es nicht mehr, ist Aichner einer der wenigen deutschsprachigen Autoren, dessen Bücher regelmässig ins Englische übersetzt und auf den Weltmarkt USA geschmissen werden.
Die Ich-Person Ben (eine derartige Story in der Ich-Form zu erzählen ist schon ein kraftvolles Stück) legt sich mit seinem alten Jugendfreund Felix Kux (zumeist nur Kux genannt) an. Da ist nichts von langsamem Spannungsaufbau, das Unheil nimmt seinen Lauf und die Wendungen sind heftig oder spektakulär oder beides. Eine grauenhafte Kindergeschichte verbindet die alten Freunde, die sich 30 Jahre später wieder begegnen, wo sich das Grauen dann erneut seinen Weg sucht und - Aichner bleibt Aichner - natürlich findet.
Wie ein Tsunami rollt Welle um Welle auf mich zu um dann...na, na, wer das Ende verrät ist ein armer Wicht. Darum; auf ins Bösland. Und jetzt habe ich auch wieder Zeit für Katze, Blumen und Schönheitsschlaf. 


Donnerstag, 1. November 2018

Die Adolf-Frage

Darf man sein Kind Adolf nennen? Um diese simple Frage dreht sich "Der Vorname" von Alt-Regie-Star Sönke Wortmann ("Der bewegte Mann" oder "Das Wunder von Bern"). Verlernt hat Wortmann sein Können nicht. Aber gleich vorweg; "Der Vorname" ist weder grosses Kino noch überhaupt Kino. Das ist ein Fernsehfilm.
Fünf Freunde treffen sich zum Abendessen, da eröffnet einer, er und seine Frau wollen ihr bald zur Welt kommendes Kind Adolf nennen.
Was nun folgt ist zwar einerseits urkomisch und bitterböse, viele Gags zünden und die Dialoge sind geil bis brillant. Aber das Grundthema mag sich nicht 91 Minuten halten. Es müssen weitere Konflikte her und schon bald haben die Diskussionen unter den Freunden wenig bis nichts mehr mit der Ausgangslage zu tun.
Hübsch genug ist die Idee. Der geneigte Deutsche nennt sein Kind heute schnell mal Antigone oder Kopernikus. Aber Adolf? Geht gar nicht. Oder doch? Darum herum hätte sich ein bissiger, rhetorischer Steigerungslauf bauen lassen, zumal in der heutigen Zeit von AfD, Trump oder Erdogan. Aber die politischen Witze lassen schnell nach. Es geht dann alsbald um Beziehungsfragen, ist der schwul oder nicht oder wann ist Geiz geil oder doof.
Sehr, sehr läppisch ist schliesslich die Pointe - die a) eigentlich gar keine ist und b) total auf der Hand liegt.
Fazit: "Der Vorname" ist ganz ordentliches, nein, nicht Kino, sondern Fernsehen. Aber mehr nicht.

Warum soll "Der Outsider" von Stephen King eine Trump-Kritik sein?

Dieses Buch erinnert mich an den alten Blödelsong "Kreuzberger Nächte". Da gibt es diese Textzeile: "Kreuzberger Nächte sind lang. Erst fangen sie ganz langsam an. Aber dann..." Genauso ist es mit Stephen Kings "Der Outsider". Zwar startet auch dieses Buch mit einem in der modernen Dramaturgie üblichen Spektakel; ein grausam zugerichteter Teenager, eine spektakuläre Verhaftung - aber dann dümpelt das dünne Geschichtchen 300 Seiten wie ein Papierschiffchen auf einem namenlosen Bach elend und dröge vor sich hin. Figuren tauchen auf - Polizisten, Anwälte, Verwandte des Opfers, Verwandte des vermeintlichen Täters - um dann wieder im Wort-Nirwana zu verschwinden. Das Schiffchen schaukelt vor sich hin. Selbst das sonst für Stephen King so übliche Stakkato bleibt aus.
Das erste Drittel kann man getrost diagonal lesen, verpassen tut man nix. Aber dann.... Da wird aus dem öden Krimi eine Sci-Fi-Story mit einem Stephen King-typischen Unhold, den keiner ausser ihm erfinden kann.

Sogar für Trump-Fans - ob sie's verstehen?

Viele Outsider-Rezensionen erkennen in diesem Buch übrigens harsche Donald Trump-Kritik. Ich nicht. Bloss, weil mal ein Hillary-Kleber auf einem Auto auftaucht oder eine "America Great Again"-Kappe? Aus seiner Abneigung zu Trump macht Stephen King in vielen privaten Statements keinen Hehl. Aber worin im "Outsider" eine Kritik am Präsidenten abzuleiten ist, verstehe ich nicht. Dieses Buch können also sogar Donald Trump-Fans lesen. Ob sie's verstehen, ist dann die andere Frage.

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Ich liebe die Comedy-Show „Willkommen Österreich“, den kanadischen Sänger Bryan Adams, den besten Eishockeyclub der Welt ZSC, den genialen Schreiber James Lee Burke, die TV-Serie „The Newsroom“, die wunderbaren Städte München, New York und Zürich, Grapefruitsaft, Buddha, Bill Clinton, Enten und saftige Wiesen. Das bin ich. Stefan Del Fabro

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Er ist wieder da . Im schwarz-roten Blingbling-Anzug tritt Thomas Gottschalk auf und erhält sofort eine Standing Ovation. «Ich bin’s doch nu...

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