Warum mich als Schweizer Borussia Dortmund dermassen fasziniert
Als Schweizer Fussballfan habe ich wenig Grund
zum Jubel. Während sich der Brasilianer, Deutsche oder Italiener alle paar
Jahre einen neuen WM-Stern aufs Trikot klatscht, huschen wir kickenden
Eidgenossen hinterher und freuen uns, wenn unser Nationalteam wenigstens in den
Top 10 der Weltrangliste auftaucht oder an einer Endrunde mitmischt.
Umso grösser natürlich die Freude, wenn es
einer von uns in die renommierte Bundesliga und da sogar zum Topspieler
schafft. Mein Westschweizer Namensvetter Stephane Chapuisat wechselte 1991 zum schlafenden Riesen Borussia Dortmund. Der
BVB hatte die abgelaufene Saison gerade mal auf Rang 10 beendet. Doch dann kam
Chappi und rockte die Liga. Er schoss 20 Tore und Dortmund wurde Vizemeister.
Das war die beste Platzierung seit 15 Jahren. Es folgten noch viele, viele
Chappi-Treffer, gekrönt von zwei Meistertiteln und sogar einem Champions
League-Triumph. Bis heute ist mein berühmter Namensvetter mit 106
Toren der drittbeste ausländische Torschütze der Bundesliga-Geschichte.
Und ich wurde auf den BVB aufmerksam. Dortmund?
Wer wie wo was? Zwar hatte zuvor mit Andy Egli bereits ein Schweizer beim BVB
gespielt. Aber mit bescheidenem Erfolg. Doch die Rakete Chapuisat zündete.
Später schoss mit Alex Frei ein weiterer Schweizer Stürmer immerhin 34 Tore für
die Borussia.
Da musste ich hin. Bereits am Hbf Dortmund
war ich fasziniert. Als ich am Samstagmittag aus dem Zug stieg, war der ganze
Vorplatz gefüllt mit gelb-schwarz gekleideten Menschen. Inmitten dieses
Riesenknäuels bewegte ich mich mit zum Stadion, wo sich diese gigantische Biene
Maya mit den blau-weissen Gästefans von Hertha Berlin friedlich zu vermischen
begann. Ich staunte.
Mein Platz befand sich hoch auf der
Gegentribüne, für Leute mit Höhenangst ungeeignet, rechts erhob sich die
legendäre Südkurve mit ihren 25‘000 Stehplätzen.
Die Schweizer wie Chapuisat oder Frei gingen
– der Mythos und meine Faszination blieben. Als dann Jürgen Klopp das
Trainerzepter übernahm, schaute ich mir in Nürnberg ein weiteres BVB-Spiel an.
Mindestens ein Fünftel des Stadions war gelb-schwarz, die verrückten
Dortmund-Fans reisen selbst zu Freundschaftsspielen zu tausenden in die
hinterste Provinz.
Die kuriose Parallele übrigens zu meinen
beiden BVB-Spielen; sowohl das Heimspiel gegen die Hertha wie auch das
Auswärtsspiel beim 1. FC Nürnberg endeten 1:1. Fussballerisch blieben mir beide
Spiele nicht in besonderer Erinnerung. Aber der Mythos war zum Greifen nah.
So habe ich mir natürlich auch das Buch
„Echte Liebe“ besorgt, welches die letzten zehn BVB-Jahre aufrollt. Der Verein
schaffte es in dieser Dekade, vom hochverschuldeten Koma-Patienten zum finanzstarken
Champions League-Finalisten aufzusteigen. Lesenswert ist es allemal. Mehr HIER.
Mit Roman Bürki hat übrigens wieder ein
Schweizer eine zentrale Rolle. Der Torwart hat Meister-Keeper Roman
Weidenfeller abgelöst und steht seit bald zwei Jahren als Nummer 1 im
BVB-Kasten.
Dort mundet
das Bier besonders gut
Und das Borussia-Stadion hat für uns
Schweizer nicht nur dank Chappi, Alex Frei und jetzt Roman Bürki eine
historische Bedeutung. Während der Fussball-WM 2006 bestritt die Schweizer Nationalmannschaft
ihr Gruppenspiel gegen Togo in der Dortmunder Arena und siegte 2:0, was die Qualifikation
für die nächste Runde bedeutete. Im Stadion waren mehr als 50‘000 Schweizer
Fans. Der gelb-schwarze Kessel für einmal in rot-weisser Hand. Es gibt keine
Arena in der Schweiz, die so viel Platz bietet, also wird es in der
Fussball-Historie nie wieder ein Spiel der Nati geben, das ein solch grosses
Publikum anzieht.
Unvergessen: Als der Tagesschau-Moderator des
Schweizer Fernsehens an die Siegstätte schaltete, sagte er den genialen Satz. „Wir
wechseln jetzt zur Fussball-WM. Dort mundet das Schweizer Bier heute besonders
gut.“
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen