Samstag, 25. Februar 2017

Jetzt machen Sie endlich den Service-Check der Spülmaschine!

So ein schöner Anfang und so ein doofer Schluss. Es war Liebe auf den ersten Blick. Als ich das erste Mal aus dieser Wohnung in den Garten blickte, wähnte ich mich in der Provence oder der Toskana. Was für eine Freude, als ich den Zuschlag erhielt. Zwei Jahre fühlte ich mich - nicht nur dank dieses Blickes ins kleine Paradies - herrlich wohl und angekommen. Doch dann kündigte ich die Wohnung, verabschiedete mich von der toskanischen Provence - und es entwickelte sich eine merkwürdige Geschichte.
Meine Verwaltung „bedauerte meine Kündigung sehr“, eine solch nette Reaktion hatte ich zuvor noch nie erhalten. Mit dem Verwalter hatte ich mich auch immer gut verstanden, die wenige Male die wir uns sahen, unterhielten wir uns über Konzerte und Rocklegenden wie Jimi Hendrix oder die Rolling Stones. Also rechnete ich beim Auszug auch nicht mit Schwierigkeiten. Zunächst nahm alles seinen üblichen Gang. Ich war längstens weg, hatte die Wohnung gereinigt und übergeben, ein Nachfolger war eingezogen, als mich der Vermieter per Mail aufforderte: „Der Service-Check des Geschirrspülers ist noch nicht gemacht worden. Wir bitten Sie, dies noch in Auftrag zu geben.
Was war denn das für ein Unsinn? Warum sollte ich sowas tun müssen? Ich erkundigte mich und fand heraus, dass dies eine anscheinend oft angewandte Methode von Verwaltungen ist/war, Kosten auf die Mieter abzuwälzen, so nach dem Motto, Sie haben in der Wohnung gewohnt, Sie haben die Spülmaschine nicht nur ge- sondern auch abgenutzt, also lassen Sie das Gerät jetzt gefälligst warten.
Aber von meinem Rock’n’Roll-Vermieter hätte ich das nicht erwartet. Also tat ich das, was ich in solchen Situationen gerne tue, ich reagierte mit Sarkasmus und antwortete per Brief: „Wir haben die Maschine perfekt gereinigt, auch das Sieb haben wir entnommen, gesondert geputzt sowie die notwendigen Salze nachgefüllt. Der von Ihnen verlangte Service-Check ist nicht Sache des Mieters. Wir haben uns beim MieterInnenverband erkundigt. Als ich vor zwei Jahren in die Wohnung eingezogen bin, enthielten mein Unterlagen keinerlei Hinweise darauf, dass die Spülmaschine vom externen Fachmann überprüft worden ist.“
Das sollte wohl reichen?
Denkste.
Eine Woche später verschärfte mein Ex-Vermieter den Ton.
Wie Sie aus den allgemeinen Bestimmungen Ihres Mietvertrages Paragraph Sowieso entnehmen können, gehört der Check des Geschirrspülers zu Ihren Aufgaben. Wir räumen Ihnen eine Frist bis am Soundsovielten ein. Andernfalls werden wir den Auftrag erteilen.“
Aha. Jetzt hatte ich endlich einen Hinweis, worauf die abstruse Forderung beruhte. Ich fand in meinem Mietvertrag, den genannten Paragraph und las: „Ebenso sind dem Vermieter Belege über Funktionstüchtigkeit der zum Mietobjekt gehörenden Apparate und Einrichtungen vorzuweisen“.
Apparate und Einrichtungen! Und wo stand, ich sei für den Service Check der Spülmaschine verantwortlich? Also drehte auch ich eine Oktave höher und reagierte mit Zynismus: „Jetzt müssen Sie mir aber echt auf die Sprünge helfen. Wo genau steht, dass ich als Mieter einen Check der Spülmaschine veranlassen soll? Sie beziehen sich auf Paragraph Sowieso im Mietvertrag. Mir scheint Ihre Interpretation des genannten Punktes extrem grosszügig. Dort steht nämlich vage formuliert <Apparate und Einrichtungen>. Die Spülmaschine wird nicht genannt.  Würde man die von Ihnen gemachte Interpretation des Paragraphen Sowieso konsequent auslegen, würde das nichts anderes bedeuten, als dass der Mieter auch den Backofen, die Türglocke, den Kühlschrank, die Waschmaschine, den Wasseranschluss, die WC-Spülung, das Türschloss, die Fensteröffnungen, die Steckdosen, TV-, Telefon und Internet-Anschlüsse sowie weitere Installationen von einem Fachmann begutachten lassen müsste.
Selbstverständlich dürfen Sie den Service-Check des Geschirrspülers in Auftrag geben. Dem steht absolut nichts im Wege. Aber die Rechnung geht aus vorher genannten Gründen ebenso selbstverständlich an Sie.“
Der Tabak in den Friedenspfeifen war aufgebraucht, nun kam die Kriegserklärung von meiner Ex-Verwaltung: „Da wir grundsätzlich nicht gleicher Meinung sind, werden wir jetzt den Auftrag erteilen. Das weitere wird sich ergeben.“
Nach zweieinhalb Monaten erhielt ich tatsächlich eine Rechnung für den Service-Check der Spülmaschine. Das war mir nun echt zu doof. Ich reagierte nicht.
Dafür aber meine Ex-Verwaltung, die mir vier Wochen später zu drohen begann. „Mit Bedauern müssen wir feststellen, dass Sie die fällige Rechnung noch nicht bezahlt haben. Wir gewähren Ihnen eine letzte Zahlungsfrist.“
Nun hatten die guten Leute von Seldwyla ihren Bogen überspannt. Ich machte zwei Dinge:
Zuerst nahm ich den beigelegten Einzahlungsschein, ging zur nächsten Poststelle und bezahlte den Betrag bar ein. Mit voller Absicht machte ich keine Online-Bezahlung, denn in der Schweiz ist es so, dass bei Barzahlung dem Empfänger eine Gebühr abgezogen wird.
Ha! 1:0 für mich.
Als zweites kopierte ich sämtliche Unterlagen und reichte den ganzen Krempel der zuständigen Schlichtungsbehörde* ein.
*“Die Schlichtungsbehörde hat den Auftrag, in einem kostenlosen Verfahren eine Einigung zwischen den Parteien herbeizuführen. Gelingt dies nicht, ist zur Durchsetzung des Anspruchs in den meisten Fällen das Gericht anzurufen.“
In der Schweiz gibt es viele solche Fälle. Die aktuellsten Zahlen stammen aus dem ersten Halbjahr 2016. Da wurden fast 14‘000 Verfahren eingeleitet.
Es dauerte nur wenige Tage, da wurde ich vom zuständigen Amt als Kläger vorgeladen mit dem Betreff „Forderung auf Zahlung“. Im Anhang erhielt ich auch Einblick in die Replik meines Ex-Vermieters, der stur auf den schwammig formulierten Paragraphen verwies und mich salopp abkanzelte in dem er schrieb „Zu den vom Mieter gemachten Eingaben gehen wir nicht ein.“
Die Verhandlung dauerte 12 Minuten. Die Mitglieder der Behörde entschieden zu meinen Gunsten. Eben wegen des vagen formulierten Paragraphen.
Der Vermieter explodierte, hieb die Faust auf den Tisch, schimpfte etwas von „realitätsfremd“ und jammerte „stets würde alles auf die Vermieter abgewälzt“. Er grummelte und brummelte und liess sich dann noch herab, das Papier, das meinen Sieg bestätigte, zu unterschreiben. Dann rauschte er ohne weiteres Grusswort aus dem Saal.
Da war jemand innert weniger Minuten von seinem hohen Ross gepurzelt. Schade um die vielen guten Rock’n’Roll-Minuten, die ich dem Mann gewidmet hatte und mir kam der gute alte Stones-Song in den Sinn: You can't always get what you want. Aber das kleine Paradies behalte ich in guter Erinnerung. Das lasse ich mir nicht vermiesen. 



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Ich liebe die Comedy-Show „Willkommen Österreich“, den kanadischen Sänger Bryan Adams, den besten Eishockeyclub der Welt ZSC, den genialen Schreiber James Lee Burke, die TV-Serie „The Newsroom“, die wunderbaren Städte München, New York und Zürich, Grapefruitsaft, Buddha, Bill Clinton, Enten und saftige Wiesen. Das bin ich. Stefan Del Fabro

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