Samstag, 22. April 2017

Die verstörende Welt des Bernhard Aichinger

Eine Anti-Heldin aus einer Mini-Stadt. Stakkato-Sätze. Verstörende Momente. An die Wand knallende Kaninchen. Abgesägte Köpfe. Eingesperrte Menschen.
Nein, die Welt des österreichischen Autors Bernhard Aichinger ist nicht jedermanns Sache. Wohl genau deshalb, bringt es der Mann mit dem sperrigen Namen wohl zu Weltruhm. Hunderte Bücher werden jedes Jahr von Englisch ins Deutsche übersetzt. Den umgekehrten Weg schaffen nur zehn Bücher. 10! Und die von Aichinger gehören dazu. Damit ist er im Krimi-Olymp angekommen. Brünhilde Blum - oder wie sie sich selber nennt, Blum - wird nun auch zwischen New York und Los Angeles zur Kenntnis genommen. Innsbruck als Tatort brennt sich auch in amerikanische Hirne. 
Ich wähle Bücher nach vielen Kriterien aus - oder nicht. Umschlag, Titel müssen mir gefallen. Dann schlage ich das Buch an einer beliebigen Stelle auf und lasse den Sog auf mich wirken. Manchmal zieht es mich rein. Manchmal nicht. Nach diesem Prinzip verschmähe ich auch manch grossen. Jussi Adler-Olsen zum Beispiel fasziniert mich nicht, David Baldacci ebenso wenig, auch Charlotte Link oder Elizabeth George packen mich nicht. 

Faszination und Ekel in einem

Und so ist es mir lange mit Bernhard Aichinger gegangen. Sein Markenzeichen, diese Mini-Sätze, Stakkato-Beschreibungen, haben mich abgetörnt. Ich fands doof. Dann sah ich den Autor in einer Talk-Sendung. Ein ganz normaler Mann sass da und beschrieb seine Anti-Heldin schon fast mit Zärtlichkeit. Also klappte ich noch ein Buch auf. Wiederum stockte mein Hirn, aber diesmal tauchte ich ein. Und war gleichermassen fasziniert wie angeekelt. Natürlich mögen die Motive der "Heldin" Blum nachvollziehbar sein. Sie mordet nur Leute, die es verdienen. Die Mörder ihres Mannes bringt sie zur Strecke, die Mörder ihrer Schwester jagt sie durch Süddeutschland. 

Der Horror da draussen ist viel arger

Ich glaub, ich mag die Blum nicht. Aber ich lese mich doch in ihre fürchterlichen Bluträusche hinein. Sie ist der Weib-gewordene Hannibal Lecter, Motive nachvollziehbar, liebevolle Mutter, wildgewordene Raserin, wenn jemand ihren emotionalen Panzer durchbricht. 
Braucht die Welt solche Bücher? Vielleicht sind sie gerade ein Spiegel der heutigen Zeit. Wo die Zärtlichkeit auf Horror trifft. Dort die frierenden, entsetzten Flüchtlinge, hier die Wohlstands-Gesellschaft, die sich über Fahrpläne ärgert und rote Ampeln. Vermutlich BRAUCHT die Welt solche Bücher. Der Horror da draussen ist viel arger. 

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Popular Posts

Recent Posts

Blogverzeichnis - Bloggerei.de

Text Widget

Powered by Blogger.

Über mich

Mein Bild
Ich liebe die Comedy-Show „Willkommen Österreich“, den kanadischen Sänger Bryan Adams, den besten Eishockeyclub der Welt ZSC, den genialen Schreiber James Lee Burke, die TV-Serie „The Newsroom“, die wunderbaren Städte München, New York und Zürich, Grapefruitsaft, Buddha, Bill Clinton, Enten und saftige Wiesen. Das bin ich. Stefan Del Fabro

Wetten dass und die unglaubliche WOW!!!!-Michelle

Er ist wieder da . Im schwarz-roten Blingbling-Anzug tritt Thomas Gottschalk auf und erhält sofort eine Standing Ovation. «Ich bin’s doch nu...

Dieses Blog durchsuchen

Stefan Del Fabro

Stefan Del Fabro
Autor und Journalist

Recent Posts

Blogverzeichnis - Blog Verzeichnis bloggerei.de

Follow Us

Blogverzeichnis - Bloggerei.de Blogger United

Flickr Feed