Montag, 28. Januar 2019

"Der Tunnel" - der erste Schweizer Weltuntergangs-Thriller

Das ist mal eine geile Idee. "Der Tunnel" ist das erste Schweizer Weltuntergangs-Buch, ich sehe schon Kawuuum-Regisseure wie Roland Emmerich (Independence Day) oder Michael Bay (Transformers) hinter der Kamera stehen, würde daraus ein Film.
Ein ICE-Zug ist unterwegs von Basel nach Lugano, als er im neuen, 57 Kilometer langen Gotthardbasistunnel plötzlich stehen bleibt. Der Strom ist weg und Kommunikation funktioniert auch nicht mehr. Niemand weiss, was los ist. Der beherzte Lokführer Steppach sucht nach einer Lösung und wird bald von einer Berliner Lehrerin, die mit ihrer Schulklasse ins Ferienlager im Tessin unterwegs ist, unterstützt. Eine kleine Militäreinheit steckt ebenfalls im Berg fest und so wird aus den Zugreisenden und den Soldaten bald eine Schicksalgemeinschaft, die sich auf die Suche nach der Ursache macht.

Technik stark - Personal schwach

Das ist spannend, temporeich und gut erzählt, insbesondere der bissige Schluss entschädigt dann für - leider - so manchen Holperer. Besonders stark ist "Der Tunnel" dann, wenn sich Autor Hans Leister in technische Details verbeissen kann. Noch nie war eine Zug-Abfahrt aus einem Bahnhof detaillierter und gleichzeitig spannender beschrieben. Da schöpft Leister aus seiner eigenen Erfahrung als Ingenieur. Diese technische Stärke wirkt sich allerdings NICHT auf die Figurenzeichnung und den sozialen Umgang aus. Da rumpelt es und es schleichen auch ein paar dramaturgische Unfeinheiten ein. Jemand ist verletzt und stolpert zwar an einer Krücke herum, wird aber so beschrieben, als ob er ganz normal laufen könnte. Ein andere Figur spürt eine Blase am Zeh - ohne dass diese kleine Wunde je nochmals erwähnt wird. Auch die ständige Siezerei ist seltsam, zumal in der Schweiz eine ausgeprägte Du-Kultur herrscht. Selbst in der Schweizer Armee - die ja grösstenteils eine Miliztruppe ist - wird in der Realität bis in hohe Ränge hinauf geduzt. Im "Tunnel" jedoch sagen die Soldaten sogar "Jawohl, Herr Hauptmann". Das habe ich in meiner Armeezeit nie gehört. Schade also, hat das Personal nicht mehr Zuneigung erhalten. 
Und auch das Switchen zwischen den Figuren gelingt dem Autor zuwenig elegant. Er spinnt den Faden aus mehreren Optiken, was zwar reizvoll ist, aber oft zu Verwirrung führt. 
Insgesamt aber überwiegt das Lesevergnügen, Hans Leister baut ein paar hübsche Pointen ein. Als es den Soldaten endlich gelingt, über Funk Kontakt aufzunehmen, haben sie am anderen Ende eine amerikanische Militäreinheit, die in einem U-Boot im Mittelmeer unterwegs ist. Sonst reagiert niemand. 
Die Schweiz als Katastrophenort? Shit happens. Happy end? Tja... Der Schluss (den ich selbstverständlich nicht verrate) ist dann nochmals ein toller Twist und sehr stark. 
Meine Empfehlung; Buch schnappen und in den nächsten Zug Richtung Süd. Der Gotthard-Basistunnel wäre doch der richtige Ort, um sich in den "Tunnel" zu vertiefen....
beneventobooks.com/produkt/der-tunnel-2

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