Die Gastro-Huhn und Internet-Ei-Frage
Psychologie ist interessant, gerade in der Schuldfrage. So hat jeder
seine Sichtweise und jeder hat dadurch Recht. Sonst hätte er/sie ja einen
anderen Blickwinkel. In der Welt der Restaurants und Gastrobetriebe stelle ich mir mal wieder
die Huhn-Ei-Frage.
Ist der Ruf vieler Restaurants derart mies, weil die Gäste doof sind?
Oder sind die Besucher derart überkandidelt, sodass Gastrobetriebe gar nicht
mehr anders können, als herablassend zu sein? In der Boulevardzeitung Blick lese ich
dazu eine aussagekräftige Story: Immer mehr Kunden drohen mit einer schlechten
Bewertung im Netz und versuchen so Wirte und Kleinfirmen zu erpressen.
"Auch Gastronomen wird mit miesen
Bewertungen gedroht. So etwa der Geschäftsführerin des Restaurants Schlüssel in
Luzern. Eine 30-köpfige Gruppe ass Fondue. Als es ums Zahlen ging, hiess es
erst: «Wir sind noch hungrig!», dann: «Euer Essen hat nicht geschmeckt!».
Schliesslich forderten die Gäste einen fetten Rabatt, sonst würden sie in den
sozialen Medien schlechte Kritiken platzieren."
Also frage ich mich umgekehrt, womit wir
wieder bei der eingangs erwähnten Psychologie sind: könnte es nicht sein, dass
die Kritik stimmt? Aber Wirte mit dem Erpressungs-Hinweis ablenken wollen?
Unlängst habe ich folgende Situation erlebt:
Es ist einer dieser lauschigen Sommersonntag-Abende, knapp nach 21 Uhr.
Wir steuern einen netten Biergarten (Gartenrestaurant wie wir in der Schweiz
sagen) an und wollen uns setzen. "Wollt Ihr Essen?" blafft uns ein
junges Ding mit Babyspeck an. "Nein, wir möchten den Vollmond anschauen
und dazu heulen" möchte ich erwidern. Aber es ist mir schon jetzt zu doof,
denn ich ahne, was kommt. Babyspeck schaut auf ihre Uhr. "Die Küche ist
seit neun zu."
Leer. Warum wohl? |
Küche geschlossen? Um 9? Am Sonntag? Hmm. Nur ein paar Dutzend Meter
weiter die nächste Gartenbeiz, der Kellner ist Kurde, sein Deutsch nicht immer
gleich gut verständlich. Aber Herzlichkeit und Gastfreundschaft sind
international. "Küche zu? Jetzt?" Der Mann lacht laut - und kurz
darauf sitzen wir vor einem leckeren Essen. Geht doch.
Würde mich nicht erstaunen, wenn bei Babyspeck bald der
Restaurant-Tester auftauchen müsste. Dann können sie dann wieder sinnieren und
philosophieren, die schlechte Lage si schuld, die ungeduldigen Gäste, die hohen
Preise. Oder das böse Internet mit seinen gemeinen Kommentaren.
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen