"Vergeltung" von Robert Harris
Es gibt Filme, die werden mit grossem Trara angekündigt: Bestseller-Verfilmung, Oscar-Preisträger und ein berühmter Regisseur. Die Marketingmaschine läuft auf Hochtouren und das Publikum stürmt die Kinos.
Dann aber die Enttäuschung; Look und Ambiente wie in einem normalen Fernsehfilm, kaum grosse Kino-Momente, keine Wow-Bilder und der Sound dudelt auch nur vor sich hin.
So ergeht es mir mit "Vergeltung" von Robert Harris. Schreiben kann der Mann. Das hat er bewiesen mit "Vaterland", "Ghost" oder "Konklave" und zuletzt "Der zweite Schlaf".
Mit "Vergeltung" macht Harris das, was er besonders gerne tut: er baut um eine wahre Begebenheit eine Story und entführt uns an Orte und in Zeiten, die wir höchstens aus der Geschichtsstunde kennen. Das ist gut und es ist packend. Akkurat werden Kleidung oder Mobiliar beschrieben - wir sind mittendrin in London und Belgien im Weltkriegsjahr 1944. Die Nazis haben eine Rakete entwickelt und bombardieren die britische Hauptstadt. Die Briten ihrerseits entsenden eine Truppe Mathematikerinnen, um die Flugbahnen zu berechnen und so eruieren zu können, wo die Raketen abgeschossen werden.
Diese Ausgangslage - so wahr sie ist - ist natürlich etwas zu technisch, etwas zu rational. Also gibt es auf beiden Seiten eine Hauptfigur. Praktischerweise ein Mann und eine Frau und der Klappentext kündigt sogar an: "Das Schicksal wird die beiden aufeinandertreffen lassen." Genau darauf baut der Spannungsbogen. Wann treffen sich der zweifelnde Nazi-Ingenieur und die zweifelnde britische Offizierin?
Kommt es zum grossen Happy End mit Pauken und Trompeten? "Vergeltung" ist zähe 359 Seiten lang. Auf Seite 355 kommt es endlich, endlich zur Begegnung!! Dass nun nicht mehr viel passiert, ist klar. "Er nahm ihre Hand, lächelte, sah sie an, in sie hinein, durch sie hindurch und sagte: Man hat uns beide getäuscht".
Was leider auch die Essenz dieses Buches ist. Wir werden alle fürchterlich getäuscht.
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen