Ich schalte mich als Mann dann mal in die MeToo-Debatte ein – nur eine halbgute Idee
Ganz gemütlich sitzt die Runde zusammen. Drei Frauen, ein Mann. Es ist der erste Tag im neuen Jahr. Kuchen, Tee und leise rieseln die Konfetti. Man plaudert über dies, freut sich über das, dann plötzlich der Schwenk zur Aktualität. Sexismus-Debatte, MeToo, was darf man noch, was erlauben Mann? Noch schmeckt die Aprikosenschnitte.
Der Mann: «Ich bin unsicher. Ab wann wird aus einem Kompliment ein verbaler Übergriff? Wo ist die neue Grenze?» Eine der Frauen fasst es nicht. «Darum geht es doch gar nicht. Solche kleinen Befindlichkeiten sind doch lächerlich.» Die Konfetti freezen in der Luft. Lächerlich? Ich? Der Mann ist empört, die Befindliche ebenso. Die Worte fliegen, die Kuchenstückchen ebenso. Die Eskalation kann nicht mehr abgewendet werden. Noch einmal poltert das 10-Buchstaben-Wörtchen Lächerlich durch den Raum. «Ich habe über mich gesprochen», jault der Mann «und ich über die seit Jahrhunderten unterdrückten Frauen» jammert die Befindliche.
Hat Jaul recht? Oder Jammer? In dieser Debatte kann es gar keine Sieger mehr geben. Die Befindliche greift zum üblichen Weibchen-Mittel, verlässt die Runde, weint, das lasse sie sich nicht bieten. Er ebenso nicht, wettert der Mann und greift zum üblichen Männchen-Mittel, laut, polternd.
Als die Konfetti wieder rieseln, die Teelöffelchen wieder klirren, schimmert die Erkenntnis durch; die MeToo-Debatte war dringend nötig, aber sie treibt willkürliche Stilblüten und wenn die Frauen nun zu den gleichen Mitteln greifen, die sie den Männern vorwerfen, dann wird die ganze Liebesmüh umsonst sein. Much ado about nothing. Wie schon Shakespeare wusste. Aber der Rest ist nicht Schweigen, sondern eine Gegen-Empörung. Einem Mann, der von seiner eigenen Unsicherheit spricht, Lächerlichkeit entgegen zu schleudern, ist nämlich auch ein Übergriff.
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