Posts

Es werden Posts vom November, 2018 angezeigt.

Barbara Bleisch; die eloquenteste Schweizer TV-Talkerin

Bild
Stets auf Augenhöhe; Barbara Bleisch im TV-Studio Was macht einen guten TV-Talker aus? Ich finde Neugierde, Hartnäckigkeit, Empathie und ein enormes Interesse am Gegenüber. Dass all diese Eigenschaften in einem Fernseh-Menschen zusammenkommen, ist selten genug, zumal in der überschaubaren Schweiz. In der Person von Barbara Bleisch hat das nationale Fernsehen ein Talkerin inhouse, die im deutschsprachigen Raum ihresgleichen sucht und gäbe es eine Talk-Champions League, Barbara Bleisch wäre dabei. Notabene als einzige aus der Schweiz. Und was tut ihr Haussender um diese blühende Kompetenz auch einem breiten Publikum näher zu bringen? Dass, was das Schweizer Fernsehen in solchen Situationen immer tut; sie versteckt ihr bestes Pferd. Oft genug versauern die Talente im Spätprogramm, Bleisch wird woanders geparkt, nämlich am Sonntagmorgen.  Barbara Bleisch ist inhaltlich sattelfest, rhetorisch geschickt, optisch unaufgeregt, stets souverän und hat sowieso immer ein Lächeln au...

Umtauschen? Selbstverständlich NICHT!

Bild
Der neue Mantel sass perfekt. Ich bin da echt heikel. So ein Mantel muss ein paar Dinge erfüllen. Dieser hatte erfüllt. Ich war happy. Nach ein paar Tagen merkte ich, der Mantel zwickt. Perfekt ist anders. Oder bin ich zu dick? Egal. Dann tausche ich ihn um. Gedacht, getan und zurück ins Kleidergeschäft, einer Filiale von Peek und Cloppenburg. Dort die Ernüchterung. "Umtauschen? Das machen wir nicht", erklärte mir eine Verkäuferin mit einem Ausdruck, als ob sie in eine Zitrone gebissen hatte. "Ich habe den Einkaufszettel bei mir und es ist doch erst ein paar Tage her. Ich möchte den Mantel bloss eine Nummer grösser. Könnten Sie nicht....?" Doch die Zitrone lächelte sauer. "Wie gesagt. Leider nein." Also habe ich Kontakt aufgenommen mit der Firma. Deren Mail-Adresse lautet immerhin dialog@..... Und ich habe Antwort erhalten: « Unser Anliegen ist unseren Kunden nicht nur ein tolles Einkaufserlebnis, sondern auch einen tollen Kundenservice bieten zu kön...

Warum machen die Skandis eigentlich soviel bessere TV-Serien als wir?

Bild
Sofia Helin als Saga Noren, Kim Bodnia als Martin Rohde in der schwedischen-dänischen Serie "Die Brücke".  Wer "Borgen" kennt jubelt. "Die Brücke" ist Weltklasse und so gut, dass sie schon mehrmals adaptiert worden ist. "Follow the money" ist genial. "Midnight Sun" ist sensationell. "Occupied" ist erschreckend realistisch. Was haben diese Titel gemeinsam? Es sind alles Serien aus Norwegen und/oder Schweden und/oder Dänemark. Ebenfalls gemeinsam; alle diese TV-Serien sind brillant. Da macht sogar Binge-Watching Spass. Was man von unseren Serien kaum behaupten kann. Mit "uns" meine ich den deutschsprachigen Raum. Da döddelt die "Lobbyistin" uninspiriert vor sich hin. Da verzichtet "Die Protokollantin", obwohl ambitioniert, auf alle Genre-Vorgaben wie Cliffhanger oder Sympathieträger und kommt mit einem knappen "genügend" ins Ziel.  Spurensuche. Warum sind die Skandis im TV-Erzähl-Bu...

Die aufregendste Schweizer TV-Reporterin im Knast

Bild
Selbstversuch. Fabienne Bamert lässt sich in eine Zelle einschliessen. Die neugierigste und damit aufregendste Schweizer TV-Reporterin macht's immer und immer wieder. Nämlich pfiffiges Fernsehen mit wenig Budget, aber viel Freude. Diesmal war die Tele 1-Perle  Fabienne Bamert im Gefängnis. Ein einziges Wort würde die ganze 20minütige Sendung beschreiben: Sehenswert. In der Reihe "Unterwegs" macht sich Bamert regelmässig auf und liefert ein Format, dass zwar Reportage heisst, aber viel mehr ist. Die Journalistin schafft quasi ein neues Genre in dem sie ihre freundliche Hartnäckigkeit mit echter Begeisterung kombiniert. Somit ist sie nicht nur weit weg von der aufgesetzten Grinserei a la Schweizer Fernsehen, sondern bannt den Zuschauer, indem sie dahin geht, wo's auch mal weh tut. Sie begleitet Spital-Clowns, redet mit Prostituierten oder wie im aktuellen Fall; sie geht in den Knast. Sie fragt, was uns alle interessiert Im Zuger Gefängnis Bostadel, wo die wirkl...

Bösland von Bernhard Aichner

Bild
Was haben "Justiz" von Friedrich Dürrenmatt und "Bösland" von Bernhard Aichner gemeinsam? Das sind die einzigen beiden Bücher, die ich innerhalb weniger Stunden verschlungen habe. Ansonsten bin ich der typische Sofa- oder Vor-dem-Schlafen-Lesen; ein paar Seiten, dann Augen zu oder Blumen giessen. Nicht so bei "Bösland". Da mussten Blumen, Schlafen oder Katze warten. Nach seiner Trilogie um die mordende Bestatterin Blum ( Totenfrau, Totenhaus, Totenrausch ) legt der Tiroler Autor nun nach. In der Intensität nicht ganz so rauschhaft, nicht ganz so brutal, aber in der akkurat gewobenen Sprache weiter klar und deutlich, vielleicht sogar noch eine Spur präziser bis zynischer. "Bösland" ist ein Page-Turner, wie wir es eigentlich nur von den Amis kennen. Da wundert es nicht mehr, ist Aichner einer der wenigen deutschsprachigen Autoren, dessen Bücher regelmässig ins Englische übersetzt und auf den Weltmarkt USA geschmissen werden. Die Ich-Person B...

Die Adolf-Frage

Bild
Darf man sein Kind Adolf nennen? Um diese simple Frage dreht sich "Der Vorname" von Alt-Regie-Star Sönke Wortmann ("Der bewegte Mann" oder "Das Wunder von Bern"). Verlernt hat Wortmann sein Können nicht. Aber gleich vorweg; "Der Vorname" ist weder grosses Kino noch überhaupt Kino. Das ist ein Fernsehfilm. Fünf Freunde treffen sich zum Abendessen, da eröffnet einer, er und seine Frau wollen ihr bald zur Welt kommendes Kind Adolf nennen. Was nun folgt ist zwar einerseits urkomisch und bitterböse, viele Gags zünden und die Dialoge sind geil bis brillant. Aber das Grundthema mag sich nicht 91 Minuten halten. Es müssen weitere Konflikte her und schon bald haben die Diskussionen unter den Freunden wenig bis nichts mehr mit der Ausgangslage zu tun. Hübsch genug ist die Idee. Der geneigte Deutsche nennt sein Kind heute schnell mal Antigone oder Kopernikus. Aber Adolf? Geht gar nicht. Oder doch? Darum herum hätte sich ein bissiger, rhetorischer Steig...

Warum soll "Der Outsider" von Stephen King eine Trump-Kritik sein?

Bild
Dieses Buch erinnert mich an den alten Blödelsong "Kreuzberger Nächte". Da gibt es diese Textzeile: "Kreuzberger Nächte sind lang. Erst fangen sie ganz langsam an. Aber dann..." Genauso ist es mit Stephen Kings "Der Outsider". Zwar startet auch dieses Buch mit einem in der modernen Dramaturgie üblichen Spektakel; ein grausam zugerichteter Teenager, eine spektakuläre Verhaftung - aber dann dümpelt das dünne Geschichtchen 300 Seiten wie ein Papierschiffchen auf einem namenlosen Bach elend und dröge vor sich hin. Figuren tauchen auf - Polizisten, Anwälte, Verwandte des Opfers, Verwandte des vermeintlichen Täters - um dann wieder im Wort-Nirwana zu verschwinden. Das Schiffchen schaukelt vor sich hin. Selbst das sonst für Stephen King so übliche Stakkato bleibt aus. Das erste Drittel kann man getrost diagonal lesen, verpassen tut man nix. Aber dann.... Da wird aus dem öden Krimi eine Sci-Fi-Story mit einem Stephen King-typischen Unhold, den keiner ausser ih...