Sonntag, 25. Februar 2018

Klaus Maria Brandauer liest "Moby Dick" - was für eine Wucht

Was für eine Wucht. Was für ein Auftritt. 75 Minuten spricht der Mann ohne Pause, nur kurz unterbrochen vom Piano. Dann aber wieder eine verbale Höchstleistung. Und das von einem Mann der im Sommer 75 Jahre jung wird. Tja, soll noch einer sagen, die Alten hättens nicht drauf. Siehe nur Bruce Springsteen oder Meryl Streep (beide bald 69) oder Martin Suter (bald 70). 
Auf der Bühne des Schauspielhauses Zürich sitzt Klaus Maria Brandauer und er liest aus Herman Melvilles "Moby Dick". Brandauers Liste von Auszeichungen ist fast so lang wie die seiner Rollen. Natürlich ist sein Gesicht einem Weltpublikum bekannt seit er in den 80er Jahren James Bond Gegenspieler (Never Say Never Again, 1983) oder Meryl Streeps Liebhaber (Out of Africa, 1985) gespielt hat. Nun sitzt er also im kargen Ambiente auf der Bühne und liest, zetert, grollt, nuschelt, schreit, flüstert aus dem legendären Buch, das von Kapitän Ahabs Jagd nach dem weissen Pottwal Moby Dick erzählt, stets aus der Sicht des Matrosen Ismael geschildert, der als Einziger den Höllentrip überleben wird. 
Ein Stoff, der oft verfilmt wurde, am bekanntesten wohl der Film von 1956 mit Gregory Peck in der Hauptrolle, ein Stoff, kaum geschaffen für die Bühne. Aber für die Lesung mit einem wie Klaus Maria Brandauer prädestiniert. 
Ein akustischer Genuss, Brandauer entführt mit sanfter Zunge in den Hafen von Nantucket und dann auf den Walfänger, Pianist Arno Waschk begleitet musikalisch. Wäre da nur nicht die allzu saloppe Kleidung des Musikers. Warum trägt der Mann ein zerknittertes Sakko und abgelatschte Strassenschuhe? Was für eine Wohltat fürs Auge war da zum Beispiel Ryan Goslings Look in LaLaLand. Ginge das nicht auch für einen Pianospieler auf der Schauspielhausbühne? Etwas mehr zeitlose Eleganz und etwas weniger "Ist mir scheissegal-wie-ich-aussehe"-Attitüde? 
Selbst in Sack und Asche allerdings hätte mir der Piano-Mann den Abend nicht verderben können. Die Wucht Brandauer hatte mich längst mitgerissen und als er dem Publikum noch ein "träumen Sie süss" wünschte, waren die kürzesten 75 Minuten meines Lebens um. 

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