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Es werden Posts vom Februar, 2018 angezeigt.

Wie aus dem Mann im Schlabberpulli ein Präsident wird

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Wenn es um amerikanische Präsidenten-TV-Serien geht, reden alle von "House of Cards" oder "West Wing". Etwas unter dem Radar - zumindest aus europäischer Sicht - läuft da "Designated Survivor", eine Serie, deren 3. Staffel nun in Produktion ist.  Da sitzt ein Mann in einem schlabbrigen Sweater in einem Büro und guckt sich am TV die Rede des Präsidenten zur Lage der Nation an. Plötzlich flimmert der Monitor, das Bild ist weg. Die Tür knallt auf, Männer in schwarzen Anzügen stürmen hinein und zerren den Mann in seinem Pulli aus dem Raum, schubsen in eine Karre und rasen durch die Strassen Washingtons. Bis sich der Beifahrer zum Mann im Pulli umdreht: "Nun sind Sie Präsident der Vereinigten Staaten." Was wie kurios ausgedachte Science Fiction tönt, hat einen wahren Kern. Halten sich der Präsident, sein Kabinett, der Senat und das Abgeordnetenhaus am gleichen Ort auf, wird stets jemand bestimmt, der den Titel "Designated Survivor" bekom...

Klaus Maria Brandauer liest "Moby Dick" - was für eine Wucht

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Was für eine Wucht. Was für ein Auftritt. 75 Minuten spricht der Mann ohne Pause, nur kurz unterbrochen vom Piano. Dann aber wieder eine verbale Höchstleistung. Und das von einem Mann der im Sommer 75 Jahre jung wird. Tja, soll noch einer sagen, die Alten hättens nicht drauf. Siehe nur Bruce Springsteen oder Meryl Streep (beide bald 69) oder Martin Suter (bald 70).  Auf der Bühne des Schauspielhauses Zürich sitzt Klaus Maria Brandauer und er liest aus Herman Melvilles "Moby Dick". Brandauers Liste von Auszeichungen ist fast so lang wie die seiner Rollen. Natürlich ist sein Gesicht einem Weltpublikum bekannt seit er in den 80er Jahren James Bond Gegenspieler (Never Say Never Again, 1983) oder Meryl Streeps Liebhaber (Out of Africa, 1985) gespielt hat. Nun sitzt er also im kargen Ambiente auf der Bühne und liest, zetert, grollt, nuschelt, schreit, flüstert aus dem legendären Buch, das von Kapitän Ahabs Jagd nach dem weissen Pottwal Moby Dick erzählt, stets aus der Sicht des Ma...

"Fever" von Deon Meyer; die andere Apocalypse

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Was wäre, wenn.... ist in der Literatur oder im Kino ein beliebtes und oft gewähltes Thema. Der Südafrikaner Deon Meyer hat vier Jahre an seinem neuen Roman "Fever" gearbeitet. Herausgekommen ist ein sozial- und gesellschaftskritisches Meisterwerk, dass genau dieser Prämisse nachgeht. Was wäre, wenn die Apocalypse über uns bricht? Wie verhält sich der moderne Mensch? Bleibt er modern? Oder verfällt er in alte Muster?  Meyer's Story ist, wie all seine Bücher, in Südafrika angesiedelt. Ein besonderer Reiz. Ein Land, dass sowohl literarisch wie filmisch selten genug auf der Kultur-Weltkarte auftaucht. Deon Meyer hat sich bislang einen Namen als Krimi-Autor gemacht. In "Fever" betritt er erzählerisches Neuland und man merkt dem Roman die lange und sorgfältige Entstehungsgeschichte an.  Ein geheimnisvolles Fieber hat die Menschheit nahezu ausgerottet. Die wenigen Überlebenden kämpfen um die letzten Brocken sowohl Menschlichkeit wie auch Ressourcen. Das kleidet d...

Jacke hinlegen verboten - Wo bin ich den hier gelandet?

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Die guten, alten 80er-Sounds; das waren Nena und Kim Wilde, das waren die Spider Murphy Gang und Modern Talking, das waren Rick Astley und Eddie Huntington. Wahlweise war man Fan des legendären englischen Produzenten-Trios Stock Aitken Waterman und huldigte damit Nick Kershaw, die Cutting Crew oder Samantha Fox. Man stand auf Italo Disco und Righeira, Ryan Paris oder Ken Laszlo oder die NDW mit Markus, Hubert Kah, Kiz oder Sandra, Falco, Michael Cretu. Musikalisch war was los.  Wo ist denn die gute alte Discokugel hin gekommen? Ohne geht ja gar nicht.  Logisch, boomen heute 80er Partys. Aber ist auch 80er drin, wo 80er drauf steht? Komischerweise heissen die Lokale heute schon mal gar nicht wie damals. Heute heisst es "La Boum - die Party" oder "80s Forever". Hiessen "unsere" Clubs damals so? Nö, oder? Die hiessen Disco Hurricaine oder Popcorn oder Club91. Es wurde geraucht und geschlottet. Heute sagt mit der Türsteher mit - sorry - Balkaneinschlag, ...

"Sleeping Beauties" - nur noch einen Schritt vom Neandertal entfernt

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Zweifellos ist der Mann für einige der gruseligsten Kinoerfahrung verantwortlich. "Shining", "Mysery", "Carrie" oder "Es" stammen aus seiner Schreibe. Aber der Erfolgsautor Stephen King kann das Stigma des Horror-Autors nicht abschütteln, dabei kann er auch anders. "Joyland" war eine feinfühlige Teenie-Romanze und mit "22.11.63" spielte er gekonnt die Klaviatur des Polit-Thrillers.  Sein Meistergenre bleibt jedoch die des fantasievollen Horrors. Mitten in die aktuelle MeToo-Debatte platzt nun sein neuer 900-Seiten-Wälzer "Sleeping Beauties". Wer weiblich ist und einschläft, wacht nicht mehr auf. Aber wer es wagt, eine schlafende Frau zu wecken, erlebt sein blutiges Wunder. Je mehr Frauen wegschlafen, umso mehr wird es eine Männerwelt und die meisten von ihnen sind so ganz ohne Weibchen ganz schön aufgeschmissen. Ein paar wenige Frauen halten sich mit Aufputschmitteln oder schierem Willen wach, aber die letzten Ama...